Für die meisten deutschen Journalisten ist der amerikanische Fernsehsender Fox News der Inbegriff des Bösen. Weil er nicht links ist. Ich habe das Experiment gewagt und schalte jetzt zu den US-Wahlen ständig den „Gottseibeiuns“ der deutschen Medien an (was Sie auch kennen – hier). Und siehe da: Im Vergleich zu ARD und ZDF wirkt die Wahlberichterstattung dort geradezu ausgewogen. Auch Demokraten kommen zu Wort, obwohl eine Grund-Sympathie für die Republikaner durchaus zu erkennen ist. Dennoch ist genügend Kritik an Donald Trump zu hören. Die Kritik von deutschen Journalisten an dem Sender erscheint mir – zumindest jetzt bei der Wahlberichterstattung, den Rest kann ich nicht beurteilen – als Gipfel des Zynismus. Auch der eher linke US-Sender CNN hält sich an journalistische Mindeststandards und lässt unterschiedliche Meinungen zu Wort kommen.
Gewichten können und dürfen Journalisten. Ja sie müssen es, weil anders keine Nachrichten zu machen sind. Dass aber ganz wesentliche Aspekte zu den US-Wahlen, die bei Fox ständig zu sehen und zu hören sind, in den meisten deutschen Medien gar nicht zu finden oder schamhaft versteckt werden, ist ein journalistischer Skandal. Würde ich mich nur aus heimischen Quellen informieren, wäre ich der Überzeugung, dass Donald Trump bzw. seine Anwälte einfach nur das Stoppen der Auszählung von Stimmen in mehreren Bundesstaaten fordern bzw. eingeklagt haben, weil ihnen nicht passt, dass dort mit der Auszählung der Briefwahlstimmen die Ergebnisse kippen.
Nicht oder kaum zu finden ist dagegen, wie Trumps Team diese Forderung wirklich begründet: Damit, dass Trumps Beobachter gehindert werden an einer normalen Wahlbeobachtung, die das Gesetz vorschreibt. Diesen Vorwurf erhob etwa Trumps Sohn Eric bei einer gemeinsamen, improvisierten Pressekonferenz in Philadelphia mit dem früheren Bürgermeister von New York Rudolph Giuliani. Sie beschrieben detailliert, wie Beobachter behindert und ihre Arbeit verhindert wird; es trat auch ein Augenzeuge auf, der von seinen Erfahrungen berichtete. Die Forderung: Stoppen der Auszählungen, bis eine angemessene Wahlbeobachtung möglich ist. Fox zitiert Trumps Team dahingehend, dass etwa in Nevada Stimmen für Tote und für Weggezogene gezählt wurden, dass Einzelpersonen bis zu 18 Wahlzettel bekommen haben sollen. Zudem seien Wähler zurückgewiesen worden an Wahllokalen mit dem Hinweis, sie hätten bereits abgestimmt. Belege dafür, so der Sender, habe man aber bislang noch nicht vorgelegt bekommen.
Eine faire journalistische Berichterstattung würde es zwingend machen, diese Vorwürfe und Forderungen wiederzugeben. Man muss sie sich ja damit nicht zu eigen machen. Das Verschweigen von Trumps Position kommt einer Manipulation gleich. Selbst das Verstecken ganz unten oder hinten in Berichten grenzt an Irreführung. Tatsächlich gibt es durchaus Merkwürdigkeiten bei den Auszählungen vor allem in Bundesstaaten, die von Trumps Rivalen, also Politikern der demokratischen Partei, regiert werden.
All diese Merkwürdigkeiten kommen in den meisten deutschen Medien gar nicht oder nur schamhaft versteckt vor. Wir haben es insofern mit einem journalistischen Systemversagen und bewusster Irreführung der Leser, Hörer und Zuschauer zu tun. Die ideologische Brille ist dabei bei vielen Journalisten wohl so dick, dass sie gar nicht mehr bemerken, wie weit sie sich von journalistischen Standards entfernt haben.
Text: br