Persönlich kenne ich Julian Reichelt nur flüchtig. Ich weiß, dass er und sein Führungsstil umstritten waren in der „Bild“. Wie das oft so war in Zeiten, als Chefredakteure noch gestandene Persönlichkeiten waren und nicht bloß brave Befehlsempfänger der Verlagsleitung – was heute leider eher die Regel als die Ausnahme zu sein scheint. Zahme Führungsgestalten, die nie wirklich gegen den Zeitgeist anschreiben oder die Regierung da kritisieren würden, wo es ihr weh tut – etwa bei der Corona-Politik –, sind vielleicht auch die lieberen Chefs und haben wohl auch den netteren Führungsstil. Wenn man von Führung sprechen kann. Wer aneckt, eckt eben überall an. Ich kenne die Vorwürfe gegen Reichelt nicht im Detail und halte mich deshalb mit einer Beurteilung zurück. Ich wundere mich nur, dass offenbar die Unschuldsvermutung heutzutage als vergessener Ballast aus den Zeiten beerdigt ist, in denen der Rechtsstaat noch vorbehaltlos funktionierte.
Julian Reichelt ist einer, der Klartext spricht. Der erst kürzlich die Medien-Kollegen der Propaganda beschuldigte. Der laut und heftig mit Merkel und der Corona-Politik ins Gericht ging. Wie kein anderer Chefredakteur eines großen Mediums auch nur ansatzweise. Jetzt wird er ersetzt durch den Jung-Journalisten Johannes Boie, der sein Handwerk bei der Süddeutschen erlernte und dann auch für die Alpen-Prawda arbeitete, bevor er als Referent in das Büro des Vorstandsvorsitzenden von Springer wechselte und von dort aus Karriere machte. (Er spielte in meinen Augen eine ganz unschöne Rolle in einer Hetzkampagne gegen mich, der sich Reichelt immer verwehrte). Dazu vielleicht später mehr.
Besonders spannend auch ein Zitat von Springer-Chef Mathias Döpfner, das im Zuge der von der linken „New York Times“ losgetretenen Affäre an die Öffentlichkeit kam: Der Bericht der New York Times indes ist ein Stück voller Details, die bis zu Mathias Döpfners „beeindruckenden“ Tanzfähigkeiten reichen. Zugleich ist in der Times von Krieg und von „Bunkermentalität“ die Rede, aber auch – in einem Zitat aus einer privaten Nachricht von Mathias Döpfner an den Autor und einstigen Freund Benjamin von Stuckrad-Barre – vom letzten mutigen Rebellen gegen „den neuen autoritären DDR-Staat“. Der Rebell ist Reichelt. In einem Punkt muss ich Döpfner da widersprechen: Der „letzte“ Rebell ist der Ex-Bild-Chef in meinen Augen nicht.
Auch wenn Reichelt sicher andere Pläne hat – auf meiner Seite ist er immer willkommen. Zumal man zusammenstehen muss – gerade jetzt, wo es offenbar wieder Bemühungen gibt, mich aus der Bundespressekonferenz herauszubekommen. Dazu und zu dem oben Beschriebenen mehr in meinem aktuellen Video-Kommentar. Wegen der Zensur auf Youtube finden Sie diesen auf Rumble und auf Odysee (und hier etwas weiter unten noch meinen Post über die Doppelmoral deutscher Journalisten, was Beschneidung der Meinungsfreiheit angeht).
Verständnisfrage: Die gleichen Journalisten-Kollegen, die sich jetzt laut empören, weil Verleger #Ippen einen Bericht über die #Bild gestoppt hat, sind brav schweigsam (oder erfreut?), wenn YouTube kritische Berichte zensiert und Kanäle sperrt. Scheint das nur mir scheinheilig? pic.twitter.com/JnaKJHSDXz
— Boris Reitschuster (@reitschuster) October 18, 2021
Bild: Superbass / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons), 2018-11-07-Julian Reichelt-Maischberger-1141, CC BY-SA 4.0
Text: reitschuster.de
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