„Wie mit Ungeimpften umgegangen wurde, ist erschreckend“ Corona-Experte Streeck will Lehren aus der Krise ziehen

Von Daniel Weinmann

Von einer Aufarbeitung der Coronakrise ist hierzulande nichts zu spüren. Eingeständnisse wie „Wir haben manchmal die Gesundheit über die Menschlichkeit gestellt“ des französischen Corona-Rat-Chefs Jean-Francois Delfraissy sind im „besten Deutschland, das es jemals gegeben hat“ undenkbar. Oder Initiativen wie diejenige des österreichischen Kanzlers Karl Nehammer, der die Lehren aus der Krise zur Chefsache machte und eine „gründliche Analyse“ inklusive Befragung der Bevölkerung bis Ende dieses Jahres ankündigte.

Im Gegenteil: Im April hat der Bundestag mit 577 von 736 Stimmen eine umfassende Untersuchung des Pandemiegeschehens abgelehnt. Zudem spricht nach Recherchen der „Welt am Sonntag“ hinsichtlich Institutionen, Behörden, Abgeordneten und sogar beim Bundespräsidenten einiges dafür, dass die die Aufarbeitung der „Pandemie“ im politischen Berlin als Thema betrachten, an dem man sich die Finger verbrennen könnte.

Mit Hendrik Streeck zeigt sich zumindest einer der Vertreter des Corona-Expertenrats der Bundesregierung selbstkritisch. Zwar hat sich der Virologe für seine öffentlich als Faktencheck verbrämten Anfeindungen gegen den Maßnahmenkritiker Sucharit Bhakdi bis heute nicht entschuldigt. Doch nennt er Themen beim Namen, die Deutschlands oberstem Corona-Erklärer Christian Drosten oder Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nicht einmal im Fegefeuer von den Lippen kämen.

»Dieses falsche Versprechen hat sehr viel Vertrauen in Impfstoffe generell gekostet«

„Ein Fehler, der in der Pandemie gemacht wurde, ist, dass bei dem Corona-Impfstoff etwas versprochen wurde, was er nicht halten kann und worauf er auch nicht getestet wurde“, so der Direktor des Institutes für Virologie am Universitätsklinikum Bonn gegenüber der „Fuldaer Zeitung“. Auch wenn die Impfstoffe in den ersten Monaten nach der Impfung geschützt hätten, hätten sie dies nicht im Langzeitverlauf gezeigt. „Dieses falsche Versprechen hat sehr viel Vertrauen in Impfstoffe generell gekostet“, bekennt der 46-Jährige.

Und weiter: „Wenn man sich vor Augen führt, was da gemacht wurde und wie mit Ungeimpften umgegangen wurde, die fast wie Aussätzige behandelt wurden, dann ist das erschreckend.“ Das fand Streeck nach eigenem Bekunden „damals“ schon, doch im Nachhinein müsse er sagen: „Man hätte noch viel vehementer sein müssen, dass wir so nicht mit anderen Bürgern unseres Landes umgehen können.“

Gleichwohl sieht er bei älteren Menschen einen klaren Vorteil der Impfung. Darüber müsse man „gar nicht diskutieren“. Auch bei den angepassten Impfstoffen, die zwischenzeitlich auf dem Markt sind, könne man davon ausgehen, dass sie wirken.

»Dass wir bestimmte Prozesse nicht wissenschaftlich begleitet haben, war ein Kardinalfehler«

In punkto Vergangenheitsbewältigung bedauert er „wirklich sehr, dass wir in Deutschland keinen ‚Lessons Learned‘-Prozess haben, keine wirkliche Aufarbeitung“. Dies liegt für ihn nicht zuletzt daran, dass eine Angst da sei, dass es jetzt zu einer „Abrechnung“ komme, dass jemand hier oder dort falsch gelegen hätte. „Es geht hier überhaupt nicht um Anklage, sondern wir müssen definieren, was wir das nächste Mal besser machen sollten. Aus Fehlern lernt man. Aber in der Politik hat man eben diese Fehlerkultur verlernt.“

Auch hier wünschte man sich mehr Meinungsstärke. Denn vor dem Hintergrund dessen, was geschehen ist, sind eine Abrechnung und eine Anklage gleichermaßen unabdingbar, zumindest in einem funktionierenden Rechtsstaat.

Immerhin hält er für einen „Kardinalfehler“, dass bestimmte Prozesse nicht wissenschaftlich begleitet worden seien – etwa bei der Frage nach der Wirksamkeit von Masken: „Da wären die Ergebnisse aus der Praxis, aus dem täglichen Leben, viel wertvoller als die Ergebnisse aus dem Labor.“

Viele Fragen ohne gute Antwort

Im Interview mit der „Fuldaer Zeitung“ erinnert sich Streeck daran, dass er in der Sendung „Maischberger“ vorgeschlagen habe, in einem Ort die Schulen offen zu lassen und sie in einem anderen Ort zu schließen – um dann zu vergleichen. „Das wurde als ein Experimentieren am Menschen abgetan“, blickt der Mediziner zurück, „und so ging es immer wieder. Es wurde aktivistisch reagiert, weil man hoffte, irgendwie dem Virus Herr zu werden.“ Und dies sei nicht gelungen.

Trotz manch halbherziger Argumentationsführung – Streecks Fazit lässt sich uneingeschränkt unterschreiben: „Und so stehen wir am Ende mit vielen Fragen da, ohne wirklich eine gute Antwort zu haben.“

Unter Beschuss – aber umso wichtiger ist Ihre Unterstützung!  

„Verschwörungsideologe“, „Nazi“ oder „rechter Hetzer“: Als kritischer Journalist muss man sich heute ständig mit Schmutz bewerfen lassen. Besonders aktive dabei: die öffentlich-rechtlichen Sender. Der ARD-Chef-Faktenfinder Gensing verklagte mich schon 2019, der Böhmermann-Sender ZDF verleumdete mich erst kürzlich als „Verbreiter von Verschwörungserzählungen“ – ohne einen einzigen Beleg zu benennen, und in einem Beitrag voller Lügen. Springer-Journalist Gabor Steingardt verleumdete mich im „Focus“, für den ich 16 Jahre lang arbeitete, als „Mitglied einer Armee von Zinn­soldaten“ und einer „medialen Kampf­maschine“ der AfD. Auf Initiative des „Westdeutschen Rundfunks“ wurde ich sogar zur Fahndung ausgeschrieben. Wehrt man sich juristisch, bleibt man auf den Kosten in der Regel selbst sitzen. Umso wichtiger ist Ihre Unterstützung. Auch moralisch. Sie spornt an, weiter zu machen, und nicht aufzugeben. Ich danke Ihnen ganz herzlich dafür, dass Sie mir mit Ihrem Beitrag meine Arbeit ermöglichen – ohne Zwangsgebühren und Steuergelder.
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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.

Bild: Screenshot Youtube-Video :news time

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