„Wieder mal ein weißer Mann fällig?“ Der Sex-Skandal um die Gruppe "Rammstein" – eine Einordnung

Mehrere Leser haben mich angeschrieben und nach meiner Einschätzung zum Fall Rammstein/Lindemann gefragt. Die Gruppe insgesamt und vor allem ihr Sänger Till Lindemann sehen sich schweren Vorwürfen ausgesetzt, die großen Medien fahren eine massive Kampagne gegen sie. Ich bin immer sehr zurückhaltend mit Einschätzungen in Themengebieten, die nicht meine sind. Umgekehrt will ich mich aber auch nicht drücken, wenn mich Leser fragen. Daher meine private Einschätzung – ausdrücklich ohne jeden Anspruch auf irgendeine „Wahrheit“:

„Wird der Rammstein-Lindemann gerade abgesägt?“ – unter diesem Titel hat der kritische Blogger Hadmut Danisch gerade die Medien-Kampagne gegen Band und Sänger auseinandergenommen: „Wieder mal ein weißer Mann fällig? Da weitet sich laut BILD angeblich gerade ein Skandal aus. Mir wird nur aus dem Bericht nicht klar, was man ihm eigentlich vorwirft.“

Tatsächlich sind viele Vorwürfe diffus. Ein Freund schrieb mir zu einem Artikel der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zu der Causa: „Die Woken wollen jetzt offenbar auch noch, dass der Rock keusch und lustfeindlich wird“. Danisch schreibt: „Er soll da szenetypische Aftershow-Backstage-Sexparties abhalten. Das ist aber nicht nur legal, auch Linke machen das so…Außerdem ist das hinlänglich bekannt, dass Frauen, die zu Musikgruppen backstage eingeladen werden, zum Bumsen geladen werden. Warum auch sonst? Viele Gruppen sagen das sogar ganz offiziell, dass sie nach der Bühnenshow noch knattern wollen und sich willige Damen (‘Groupies‘) bewerben können.“

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Weiter schreibt der Blogger mit Blick auf Lindemann: „Frauen lassen sich zu seinen Sexparties casten und werfen ihm dann sexuelle Übergriffe vor? Was genau stellten die sich denn unter einer Sexparty so vor? Normalerweise beschweren sich Frauen nach Sexparties, wenn sie nicht genug sexuelle Übergriffe abbekommen haben. Sieht verdammt nach einer inszenierten Kampagne zur persönlichen Vernichtung aus.“

Tatsächlich stehen Lindemann und seine Gruppe unter dem Generalverdacht, „rechts“ zu sein. Der schlimmste Verdacht, den es im „neuen Deutschland“ gibt.

Ich selbst sehe mit meinem bescheidenen Sachwissen in der Causa die Vorwürfe differenziert. Vieles von dem, was jetzt skandalisiert wird, sind in der Tat, wie Danisch beschreibt, übliche Erscheinungen im Musikgeschäft. Man mag sie mögen oder nicht – aber sie sind sozusagen „branchenüblich“. Und wo erwachsene Menschen sich freiwillig auf etwas einlassen, ist eine Skandalisierung oder gar Kriminalisierung fehl am Platz.

Ganz anders sieht es mit anderen Vorwürfen aus: Vergewaltigungen und K.O.Tropfen. Sollten sich diese Vorwürfe bestätigen, wäre jede Verharmlosung sträflich. Punkt.

Allerdings ist die Sachlage im Moment eher verwirrend. Medienberichte, wonach der Irin Shelby Lynn „K.O-Tropfen“ verabreicht wurden, gehen wohl auf einen Übersetzungsfehler zurück. Sie schrieb: „I was spiked.“ Das bedeutet, dass sie angibt, ihr seien ohne ihr Wissen Drogen oder Alkohol verabreicht worden. Deutsche Medien machten daraus „K.O.-Tropfen“. Lynn gab an, Lindemann sei zwar sauer gewesen, dass sie keinen Sex mit ihm wollte, aber habe sie nicht angerührt. Woher ihre Verletzungen, die sie mit Bildern belegte, kamen, daran kann sie sich nicht erinnern.

Eine andere Frau gab laut „Süddeutscher“ und „NDR“ an, Lindemann habe an ihr sexuelle Handlungen ohne ihr Einverständnis vorgenommen. Eine Frau erzählt Reportern der „Welt“ in einem Telefonat, dass sie glaubt, in der Partyzone von Rammstein unter Drogen gesetzt worden zu sein. Sie habe in einem Hotel Sex mit Lindemann gehabt und starke Erinnerungslücken. Als Folge habe sie starke vaginale Blutungen gehabt. Laut „Welt“ gibt es zahlreiche andere Berichte von Frauen, die Ähnliches besagen.

Diese Vorwürfe wiegen schwer. Fakt ist allerdings auch, dass bis auf die Irin Shelby Lynn offenbar bislang noch keine der Frauen bei der Polizei Anzeige erstattete. Und dass die meisten nur anonym in Erscheinung treten. Was einerseits verständlich ist – andererseits aber auch noch mehr deutlich macht, wie vorsichtig man mit den Vorwürfen umgehen muss.

Die Band selbst schrieb in einer Stellungnahme, sie verurteile „jede Art von Übergriffigkeit“. Sie rufe ihre Fans auf, sich nicht an „öffentlichen Vorverurteilungen jeglicher Art denen gegenüber, die Anschuldigungen erhoben haben“ zu beteiligen. „Sie haben ein Recht auf ihre Sicht der Dinge. Wir, die Band, haben aber auch ein Recht – nämlich ebenfalls nicht vorverurteilt zu werden“, so die Band. Sie bestreit alle Vorwürfe.

Doch Vorverurteilungen sind heutzutage leider Regel statt Ausnahme. Die ganze Geschichte von „Me too“ ist voll davon. In Fällen, in denen sich die Vorwürfe später als haltlos erwiesen, war das Kind längst in den Brunnen gefallen und Karrieren, ja Leben zerstört.

„Kiepenheuer & Witsch“ ficht das nicht an. Das politisch stets korrekte Verlagshaus kündigte an, die Zusammenarbeit mit Till Lindemann zu beenden: „Mit Erschütterung haben wir in den letzten Tagen öffentlich gewordene Vorwürfe gegen Till Lindemann verfolgt. Unser Mitgefühl und unser Respekt gilt den betroffenen Frauen.“

Von einer Unschuldsvermutung und Rechtsstaatlichkeit hat man im Verlagshaus „Kiepenheuer & Witsch“ und in vielen deutschen Redaktionen offenbar noch nie etwas gehört.

Schade, dass dagegen Skandale wie etwa die Billigung, ja Förderung von Kindesmissbrauch durch den Berliner Senat, der über Jahrzehnte Kinder pädophilen Pflegevätern regelrecht zur Verfügung stellte, bis heute nicht aufgearbeitet sind. Auch die Gebühren-Sender sind da – anders als bei Rammstein – ganz schweigsam und zurückhaltend (siehe hier). Offenbar kommt es auf die Haltung der (mutmaßlichen) Täter an.

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Bild: Sven Mandel, CC BY-SA 4.0 , via Wikimedia Commons
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