Berlins Senat verfolgt lieber Bürger statt Kriminelle Hier die "zensierte" Abgeordnetenrede

Ein Parlament sollte nicht nur ein Ort für Diskussionen sein, sondern vor allem auch eine Tribüne für Kritik an den Regierenden. Nur mit dieser Kontrolle funktioniert Demokratie und Freiheit. Umso bedenklicher ist es, wenn kritische Stimmen mundtot gemacht werden. So erging es jetzt Marcel Luthe. Er ist fraktionsloser Abgeordneter mit FDP-Parteibuch des Berliner Abgeordnetenhauses. Ihm wurde gerade unter Verweis auf die Geschäftsordnung verwehrt, seine Redezeit von zehn Minuten pro Plenartag bei dem Thema zu nutzen, bei dem er das wollte: Er durfte nicht über sein Leib- und Magen-Thema sprechen: die Sicherheit in Berlin und das Versagen des rot-rot-grünen Senats, eben diese Sicherheit der Menschen zu gewährleisten.

 

Dieses Rede-Verbot wirkt insbesondere deshalb schwer, weil Luthe faktisch eine Ein-Mann-Opposition im Abgeordneten-Haus ist: Er macht gefühlt ein Vielfaches an Oppositionsarbeit wie die lendenlahme FDP-Fraktion mit ihren elf Abgeordneten, die ihn wohl auch deshalb ausschloss, während die AfD in den Medien ignoriert wird und deshalb in ihrer Rolle als Opposition stark eingeschränkt ist.  Luthe hat seine Abrechnung mit dem Senat deshalb heute zu Protokoll gegeben und will nun das Verfassungsgericht einschalten, da er eine unzulässige Benachteiligung eines Einzelabgeordneten sieht. Weil ich Transparenz für wichtig halte und den faktischen Maulkorb für einen Abgeordneten für sehr bedenklich, dokumentiere ich Luthes Rede hier.

Rede des Einzelabgeordneten Marcel Luthe anlässlich der Aktuellen Stunde der 62. Plenarsitzung der 18. Wahlperiode zum Thema „Rot-Rot-Grün versagt beim Schutz der Sicherheit der Bürger“

Da die angemeldete Redezeit ausdrücklich abgelehnt wurde, nach § 63 Abs. 6 S. 5 GO AGH zu Protokoll gegeben. 

Herr Präsident!

Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Wir sprechen heute über Sicherheit in unserer Stadt.

Aber was bedeutet Sicherheit für uns?

Sicherheit ohne Freiheit ist totalitär, Freiheit ohne Sicherheit anarchistisch.

Deshalb ist beides notwendig; Sicherheit ist dabei die Voraussetzung für Freiheit.

Der historische Ursprung jeder Gesellschaft ist völlige Freiheit – ohne Gesetze und damit ohne Sicherheit, also pure Anomie.

Durch Staaten schaffen wir Gesetze und durch deren Durchsetzung Sicherheit. Für diese Sicherheit sind wir bereit, dem Staat einen Teil dessen abzugeben, was wir erwirtschaften. Auf dieser Grundlage basiert das gesamte Staatswesen.

Ein Staat, der einen immer größeren Anteil an Ressourcen und Freiheit für immer weniger Sicherheit verlangt, ist am Ende dieser Entwicklung nicht mehr als ein Räuber; er verliert damit seine Legitimation.

Aufgabe des Staates ist es, seinen Bürgern den Rahmen an Sicherheit zu verschaffen, den diese zur Ausübung ihrer Freiheit wünschen.

Gesetze sind Einschränkungen der Freiheit, deren Wert und Sinn am Verhältnis zwischen Kosten – in Freiheit und Ressourcen – und Nutzen – in Sicherheit – zu messen ist.

Die in jüngerer Zeit in öffentlichen Debatten zum Ziel erhobene, sogenannte gefühlte Sicherheit – subjektive Sicherheit – hat keinen Eigenwert, denn Kosten werden real verursacht, Freiheit wird real eingeschränkt, die Sicherheit aber nur illusorisch verbessert.


Eine moderne Innenpolitik sichert den Erhalt und den Ausbau der Freiheit; sie misst die Stärke des Staates nicht an der Zahl der Gesetze und Verbote, sondern am Vertrauen, das ihm die Bürger entgegenbringen.

Wie viel Vertrauen können die Bürger Ihrem Senat entgegenbringen? Und warum sollten sie es überhaupt noch?

Wer wie dieser Senat im Wochenturnus und vollkommen erratisch die widersprüchlichsten Verordnungen produziert, wer versucht, einen physischen Abstand zwischen Kindern und ihren nur umgangs-, aber nicht sorgeberechtigten Elternteilen durch Verordnung zu regeln, aber nicht in der Lage ist, jährlich über 900 seiner Bürger – darunter Kinder – vor Vergewaltigungen durch Gruppen oder in anderer, besonders erniedrigender Weise zu schützen, der versagt bei seiner Kernaufgabe: der Sicherheit.

Wer wie dieser Senat versucht, einerseits bis in die Privatwohnungen der Bürger diesen Vorschriften zu machen, andererseits aber nicht einmal in der Lage ist dafür zu sorgen, dass der Berliner, der in seiner eigenen Wohnung Opfer einer Straftat wird, die Polizei auch unter sieben Minuten (sic!) Wartezeit am Telefon erreichen kann – wie zuletzt im Juli und August 2020 – der versagt bei seiner Kernaufgabe: der Sicherheit.

Wer wie dieser Senat versucht, den Bürgern das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zu nehmen, von Abstand im selbst herbeigeführten Gedränge fabuliert, andererseits aber nicht willens ist, dafür zu sorgen, dass die aggressiven Dealer am Kottbusser Tor untereinander und von den Müttern mit Kinderwagen Abstand halten, der versagt bei seiner Kernaufgabe: der Sicherheit.

Wer wie dieser Senat versucht, iranische Medizinstudenten im dritten Fachsemester abzuschieben, aber gleichzeitig wahllos immer mehr Duldungen ausstellt, weil „jede Abschiebung eine zu viel sei“ und so auch der islamistische Anschlag auf der A100 durch den trotz Straffälligkeit geduldeten Sarmad Alzubaidi wieder Bürger zu Opfern macht, der versagt bei seiner Kernaufgabe: der Sicherheit.

Statt durch immer neue Eingriffe die Freiheit aller zu beschneiden, die mehrheitlich unsere Gesetze beachten, müssen wir genau abwägen, welchen Nutzen und welche Kosten diese Eingriffe bedeuten. Neue, weitergehende Eingriffe in die Freiheit bringen nicht unbedingt mehr Sicherheit, aber mit Sicherheit weniger Freiheit.

Es ist dringend an der Zeit, die innere Sicherheit Berlins vom Kopf wieder auf die Füße zu stellen: primäre Aufgabe der Polizei ist der Schutz der Menschen vor Schwer- und Schwerstkriminalität und nicht die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten.

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Wenn Sie es schaffen dafür zu sorgen, dass es wieder sicher ist, sich tagsüber an den Flughafensee zum Baden zu begeben – oder gar abends – wäre viel gewonnen. Sie haben aber genau das Gegenteil erreicht. Berlin ist seit 2016 noch unsicherer geworden.

Fehlende Sicherheit schränkt Freiheit ein. Und damit zerstört Ihr Versagen das, wofür unser Berlin einmal stand.

Nehmen wir einen der bekanntesten Fälle des Versagens des SPD-geführten Senats, den islamistischen Anschlag vom Breitscheidplatz.

Seither debattieren die Parlamente über eine Vielzahl von neuen Eingriffsmöglichkeiten und übersehen dabei, dass die vorhandenen Möglichkeiten – sowohl vor dem Anschlag als auch im unmittelbaren Nachtatgeschehen – bereits nicht angewandt worden sind.

Eindrucksvoll muss jedem, der sich intensiv mit Innerer Sicherheit auseinandersetzt, in Erinnerung bleiben, wie jeder einzelne Asylbewerber – Anis Amri gleich mehrfach – beim Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales erkennungsdienstlich behandelt worden ist, die Daten aber weder systematisch erfasst noch abgeglichen wurden, weil es – ganz einfach – an Personal fehlte.

Unmittelbare Folge dieses Personalmangels war eine Vielzahl von Betrugstaten durch Mehrfachbezug von Sozialleistungen, die durch ausreichendes Personal hätten unterbunden werden können.

Statt Amri wie vom LKA NRW erbeten verdeckt zu observieren und so seine Kontaktleute in Berlin zu identifizieren, um weitere Ermittlungsansätze zu schaffen, ist dieser durch Einsatzkräfte des LKA Berlin offen kontrolliert worden, weil augenscheinlich bei der Berliner Polizei kein Personal für die Observation zur Verfügung stand.

Das der Leiter des Kommissariats, das für Amri zuständig war, mit Anis Amri gemeinsame Bekanntschaften in einem sogenannten Clan hatte, mag aber natürlich auch eine Rolle gespielt haben. Aufgeklärt wurde auch diese Frage bis heute nicht.

Ein höchst unbefriedigender Zustand, der einerseits die personelle Misere, die seit vielen Jahren bei der Berliner Polizei herrscht, andererseits aber nur die Spitze eines Eisbergs offenbart.

Es lagen umfangreiche Erkenntnisse zum Betäubungsmittelhandel Amris vor, insbesondere zu Dutzenden Telefonaten mit seinem Zulieferer, die in Ermangelung ausreichenden Personals nicht ausgewertet werden konnten. Man versäumte es, über die Staatsanwaltschaft beim Ermittlungsrichter einen Haftbefehl zu erwirken.

Die unzureichende personelle Ausstattung der Sicherheitsbehörden im Land Berlin zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Causa Amri – und durch die gesamte Sicherheit des Landes Berlin.

Zur Erfüllung der Kernaufgabe „Sicherheit“ benötigen wir also Personal, eine in diesen Zeiten ausgesprochen rare und damit wertvolle Ressource.

Statt diesen Personalmangel dadurch zu beheben, dass die vorhandenen, weit überwiegend sehr engagierten und aufrichtigen Polizeibeamten gesund gehalten und entsprechend wertgeschätzt werden, sind Sie nicht einmal willens, alle Fahrzeuge der Polizei und Feuerwehr vor den Steinwürfen und Zwillenschüssen der Linksextremisten in Rigaer und Liebigstraße zu schützen

Die – meines Erachtens verfassungswidrig, wie nach der Richterbesoldung auch für alle anderen Beamten festgestellt werden wird –  niedrige Besoldung, der in Ermangelung eines Gesundheitsmanagements dramatische Krankenstand von etwa 49 Tagen pro Jahr und nicht zuletzt der Umgang mit den durch das Ignorieren einer fehlenden Entlüftung auf den maroden Berliner Schießständen – einhergehend mit langsam vergifteten und qualvoll verstorbenen – Polizeibeamten  zeigen, dass der Dienstherr die einzige Ressource, mit der er seine Kernaufgabe erfüllen kann und muss, nicht angemessen sorgfältig behandelt.

Einmal mehr stellt sich hier die Frage nach der Fürsorgepflicht. Die oberste Dienstbehörde, insbesondere der Senator für Inneres und Sport, ist sich seiner Pflicht gegenüber den Beamtinnen und Beamten seiner nachgeordneten Sonderbehörde, der Polizeibehörde, keinesfalls bewusst. Im Gegenteil, nutzt Andreas Geisel die Polizeibeamten gerne als Sündenböcke, wenn er sich wie seinerzeit in einer dramatischen Pressekonferenz auf den Stufen der Klosterstraße als Aufklärer inszeniert und die eigenen Beamten beschuldigt.

Natürlich hat sich das alles – wie auch die Glanzleistung des vom Innensenator oder seiner Büroleiterin herbeigeführten Einsatzes im Golden Dolls – als unhaltbare Falschbehauptungen herausgestellt. Aber ist Ihnen bekannt, dass der Senator sich dafür bei dem Beamten entschuldigt hätte? Natürlich nicht!

Die Folgen dieses – auch unter seinen Vorgängern üblichen – Umgangs mit unserer Polizei ist in Zahlen messbar:

Allein seit 2008 sind über 3.700 Polizeibeamte vor Erreichen des Pensionsalters als dienstunfähig ausgeschieden, während weitere rund 1.700 Beamte nur eingeschränkt dienstfähig sind. Altersbedingtes Ausscheiden einerseits und die zu niedrigen Ausbildungskapazitäten anderseits zeigen objektiv, dass die personelle Leistungsfähigkeit der Polizei bis 2025 weiter sinken wird, während durch die Bevölkerungsentwicklung im gleichen Zeitraum der absolute und relative Anteil von höher kriminalitätsbelasteten Personen an der Gesamtbevölkerung wachsen wird.

Der überproportionale Anteil junger Ausländer und Deutscher mit Migrationshintergrund an den Intensivtätern muss offen angesprochen werden, wenn wir hier endlich wirksam präventiv handeln wollen. Diese jungen Menschen zu Straftätern heranwachsen zu lassen ist ein weiteres staatliches Versagen: nicht nur gegenüber den Opfern, sondern auch den Tätern!

Das Land Berlin kann und wird seine Kernaufgabe „Sicherheit“ – als Garant für Freiheit – nur erfüllen, wenn es uns gelingt, die Ressource Personal qualitativ konstant quantitativ derart zu erhöhen, dass wir mit dieser Entwicklung nicht nur Schritt halten, sondern diese umkehren können.

Durch die Einstellung von 800 Büro- und Verwaltungsangestellten entlasten wir die Vollzugsbeamten wieder von vollzugsfremden Aufgaben und schaffen so rechnerisch mindestens 800 praktisch sofort verfügbare Polizeibeamte, die in der Ausbildung und Prävention und vor allem als echte Kontaktbereichsbeamte – nicht nur auf dem Papier – unsere Straßen sicherer machen und Vertrauen stärken werden.

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Durch das Angebot einer freiwilligen Dienstzeitverlängerung leisten wir den notwendigen Wissenstransfer und sichern uns weitere Personalkapazitäten.

Gleichzeitig müssen wir die Kapazitäten der Polizeiakademie wie auch der HWR Berlin um mindestens 30 Prozent stärken und durch gezieltes Recruiting, die Schaffung von Wohnraum und aktive Personalentwicklungsangebote, die Besten eines Schuljahrgangs zur Polizei zu holen.

Die Wiedereinführung der Ausbildung im Zugverbund wird dazu beitragen, die notwendigen Soft Skills bei allen Absolventen gleichermaßen zu fördern. Damit werden wir bis 2026 eine – nach gegenwärtigem Stand – angemessene Personalstärke von 19.000 Stellen im reinen Polizeivollzugsdienst bei gleichzeitiger Senkung des Krankenstands auf unter 30 Tage/Jahr erreichen, so dass Berlin in der Lage sein wird, den Standortfaktor Sicherheit wieder zu gewährleisten.

Kann vielleicht die Nutzung von mehr Technik den bis 2026 zweifellos weiter bestehenden Personalmangel ausgleichen, wie es einige – etwa der Kollege Dregger – immer wieder fordern?

Die über 16.000 Kameras im Netz der BVG – Kosten rund 6,2 Millionen Euro jährlich – haben im Jahr 2018 der Berliner Polizei 61.130 Stunden Videomaterial geliefert, das dort ausgewertet werden musste. Diesem immensen Zeitaufwand stehen 633 Tatverdächtige gegenüber, die im gesamten Jahr 2018 nach – nicht durch! – Anforderung des Videomaterials ermittelt werden konnten.

Das sind zehntausend Euro – und dazu kommt noch eine Totalüberwachung der Fahrgäste nebst Tonaufnahmemöglichkeit – als Preis für die Ermittlung eines einzigen Tatverdächtigen.

Nicht nur, dass eine solche Maßnahme nur einen geringen Wirkungsgrad hat, zumal für weniger Geld eine vollständige Einsatzhundertschaft der Bereitschaftspolizei hätte aufgestellt und unterhalten werden können, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur Tatverdächtige hätte identifizieren, sondern auch vorbeugend Straftaten hätte wirksam bekämpfen können.

Nein! Videoaufzeichnung von Straftaten – seit den 70er Jahren von manchen als Allheilmittel beschworen – ist auch keine neue Technologie, sondern ein alter Hut mit wenig Wirkung. Keine Kamera kommt herunter und hilft Ihnen, wenn sie Opfer eines Gewalt- oder Sexualdelikts in der BVG werden.

Letztlich bleibt zur wirksamen Erfüllung der staatlichen Kernaufgabe „Sicherheit“ damit nur eine angemessene polizeiliche Personalstärke.

Das diese Maßnahmen Geld kosten, ist unbestritten. Das wir davon in den nächsten Jahren als Folge Ihrer verfehlten Politik weniger zur Verfügung haben werden, liegt ebenso auf der Hand.

Ebenso unstreitig muss es aber auch sein, dass „Sicherheit“ – in Freiheit – die wichtigste staatliche Kernaufgabe ist, aus der der Staat überhaupt eine Existenzberechtigung zieht.

Erfüllen wir unsere Aufgabe!

Für den zuständigen Senator gilt einmal mehr: Packen Sie die existierenden Problem endlich wirksam an, statt deren Existenz kleinzureden und um nachhaltige positive Wirkung für Ihre Bediensteten und für die Berliner Bevölkerung zu erzielen. Die Zeit der Planspiele ist längst vorbei. Die Organisierte Kriminalität – auch, aber überhaupt nicht primär arabisch dominierter Gruppierungen – in der Hauptstadt führt uns eindrucksvoll und drastisch zugleich vor Augen, dass es nicht erst „Fünf vor Zwölf“, sondern längst „Zehn nach Zwölf“ ist.

Hören Sie auf, die Bürger unserer Stadt in anmaßender Weise erziehen zu wollen und erledigen erst einmal die Pflichtaufgabe: sorgen Sie für Innere Sicherheit.

Mit einem Senator, der das auch kann und will – sie werden schon einen Besseren finden!

Vielen Dank!

Bild: Peter Scherbatykh/unsplash
Text: red

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