Als Gründer des Focus hat Helmut Markwort die deutsche Medienlandschaft aufgewühlt wie wenige zuvor und keiner danach. Für das Projekt – ein bürgerliches Nachrichtenmagazin – gab es beim Start 1993 reihenweise Spott. Der heute 83-Jährige machte das Blatt unter seiner Führung zu einer Erfolgsgeschichte. Auch mich holte er 1999 zum Focus, bei dem er noch bis 2016 Herausgeber war. Heute sitzt er für die FDP im Bayerischen Landtag. Im Interview mit reitschuster.de rechnet er mit Angela Merkel ab, sagt klar seine Meinung zur Ministerpräsidenten-Wahl in Thüringen und geht gnadenlos mit der eigenen Branche ins Gericht – den Medien.
Reitschuster: Man hat den Eindruck, es gibt eine große Nachfrage nach einer bürgerlichen Alternative, die die FDP nicht so recht befriedigen kann. Woran liegt das?
Markwort: Dieses Thema beschäftigt mich auch sehr. Wir strampeln uns ja ab. Aber ich glaube schon, dass die FDP weiterhin eine Alternative ist. Vielleicht hat sie das Thema Freiheit und Eigentum nicht deutlich genug in den Vordergrund gestellt. Andererseits sind auch die Medien, vor allen Dingen die öffentlich-rechtlichen, keine Fans der FDP und bringen gerne Meldungen, die schlecht sind für die Liberalen.
Reitschuster: Manchmal hat man auf Bundesebene den Eindruck, dass die FDP die Regierung eher unterstützt, als sie zu kritisieren. Ist das ein verzerrtes Bild durch die Medien, oder wie kommt das zustande?
Markwort: In diesen Wochen, wo Sicherheit vor Freiheit gilt, ist es auch für die Bundespartei schwierig, Maßnahmen der Regierung zu kritisieren. Hier in Bayern haben wir ja den Herrn Markus Söder mit seinem Allmachtsanspruch, da kann man kräftiger dagegen vorgehen. Ich persönlich bin ja nicht die FDP, obwohl ich ihr seit 52 Jahren angehöre. Doch ich würde schon deutlicher artikulieren, dass z.B. diese Runde der 16 Ministerpräsidenten überhaupt nicht demokratisch legitimiert ist. Es ist ein Treffen von Landesvätern und -müttern, die nicht durch Wahlen gerechtfertigt sind. Sie maßen sich an, über ganz Deutschland zu bestimmen. Dagegen müssen die Liberalen auftreten.
Reitschuster: Sie hatten vor einiger Zeit die Vorgänge in Thüringen um die Wahl des Ministerpräsidenten kritisiert. Hätten Sie sich da mehr Standhaftigkeit von der FDP gewünscht?
Markwort: Ich gehörte zu denen, die für eine Chance für die Regierung Kemmerich waren. Aber der Druck der CDU und von Frau Merkel war so heftig, dass die Partei den Mann hat fallen lassen. Ich glaube, dass der Partei das Verhalten bei Jamaica mehr geschadet hat, als die Sache in Thüringen. Aber offiziell, seitens der Partei, wird gern von der „Thüringen-Affäre“ geredet. Kemmerich wird jetzt kandidieren, da bin ich sehr gespannt, wie das ausgeht.
Reitschuster: Sie haben gesprochen vom Druck der Bundeskanzlerin. Finden Sie das problematisch, wenn sie sich, wohlgemerkt nicht Parteivorsitzende, auf landespolitischer Ebene derart einmischt?
Markwort: Ich finde das ungeheuerlich! Das war völlig undemokratisch und autoritär, als sie von Südafrika aus gesagt hat, diese Wahl muss rückgängig gemacht werden. Das ist vollkommen gegen alle demokratischen Regeln. Intern, so habe ich gehört, hat sie auch noch Druck ausgeübt auf die Koalition in Nordrhein-Westfalen. Wenn Lindner nicht Kemmerich umgestimmt hätte, hat sie damit gedroht, die Koalition platzen zu lassen. Das ist ein Hineinregieren der Kanzlerin in Landespolitik, was ich überhaupt nicht für demokratisch halte.
Reitschuster: Ich war 16 Jahre in Russland, habe dort viel kritisiert, und habe Deutschland immer als Musterbeispiel hingestellt. Inzwischen habe ich den Eindruck, ohne das vergleichen zu wollen, dass wir in Demokratie alles andere als Musterschüler sind in den letzten Jahren.
Markwort: Es hat sich eine merkwürdige Tendenz entwickelt. Die Linke z.B. hat es geschafft, das Wort „rechts“ zu diffamieren. Man muss natürlich gegen rechts-extrem sein und gegen links-extrem. Dass aber das Wort „rechts“ ohne jeden Beisatz schon als politisch fragwürdig gilt, ist ein übler Erfolg der Linken. Es gibt Aktionen „gegen rechts“, und insgesamt wird alles, was rechts von der Mitte ist, diffamiert. Eine „normale“ rechte Partei in Deutschland hat es schwer.
Reitschuster: Sie haben gesagt, ein Erfolg der Linken, aber daran sind auch ganz maßgeblich die Medien beteiligt. Wie sehen Sie heute die Medienlandschaft insgesamt und die Rolle der öffentlich-rechtlichen?
Markwort: Es gibt ja Verschwörungstheoretiker, die davon ausgehen, dass die Frau Kanzlerin in den Medienanstalten anrufen lässt und eine Gleichschaltung anordnet. Das gibt es nicht. Aber: Es gibt ein gleichartiges Denken, und in den maßgeblichen Aktualitätssendungen sind die Grün-Linken in der Überzahl. Etwa der Herr Restle von der ARD, der bei Monitor arbeitet, hat eine Postion eingenommen, die von den freiwillig Linken, ohne Anordnung, gerne übernommen wird. Der sagt, es gehe nicht um „Objektivität“, sondern um „Haltung“. Dass man etwa die größte Oppositionspartei im Bundestag kurz hält oder nur diffamiert, finde ich übel. Es ist auch nicht in Ordnung, was ich in den Talkshows sehe, dass dort der ‚grüne Geist‘ überwiegend vorherrscht. Wir wissen aus Umfragen, dass die meisten Journalisten zur Partei der Grünen neigen. Nehmen Sie die Talkshows! Da ist immer die TAZ dabei, aber von der „Jungen Freiheit“ habe ich da noch nie jemanden gesehen. Der rechte demokratische Flügel kommt da nicht vor.
Reitschuster: Wenn ich Sie richtig verstehe, braucht die Kanzlerin gar nicht anrufen, weil es ohnehin in ihre Richtung geht. Was könnte man gegen diese Einseitigkeit im öffentlich-rechtlichen System machen?
Markwort: Die wenigen, die sich dort an die verfassungsmäßig angeordnete Objektivität und Neutralität halten, sollten den Mund aufmachen. Ich habe sogar den Eindruck, dass manche Intendanten, die durchaus bürgerlich sind und konservativ denken, sich gegen die Masse ihrer linken Redakteure nicht vorzugehen getrauen.
‘Weltverbesserer und grün‘
Reitschuster: Sollte man institutionell etwas daran ändern?
Markwort: Ich weiß nicht, wie das gehen soll. Viele ergreifen unseren Beruf, weil sie die Welt verändern wollen. Sie sind Weltverbesserer und dadurch eben grün. Wenn jemand unsere Marktwirtschaft stützt oder das System in Ordnung findet, dann geht er seltener in den Journalismus, sondern zu den DAX- Unternehmen, zu einer Bank, zur Allianz, zu VW, zu BMW und will dort Karriere machen. Das führt zu einer linken Auslese, die sich in den öffentlich-rechtlichen Anstalten widerspiegelt. Da ist es sehr schwierig, gegen den Strom anzuschwimmen. Wenn einer mal einen konservativen Kommentar spricht, hat er gleich die ganze linke Meute am Hals.
Lesen Sie morgen auf reitschuster.de die Fortsetzung des Interviews: Warum Helmut Markwort dazu aufruft, etwas dagegen zu tun, dass Söder Kanzler wird, wie die Tagesschau manipuliert und wie er sich in seiner neue Rolle als Landtagsabgeordneter sieht.