Von Kai Rebmann
Sabine Peters (Name geändert) war bis vor kurzem als Altenpflegerin tätig. Nachdem ihr befristeter Arbeitsvertrag ausgelaufen war, wurde die Fachkraft vor die Tür gesetzt, weil sie sich nicht impfen lassen wollte. Für Frau Peters war die Arbeit mit und für ältere Menschen im Laufe der Zeit zur Berufung geworden, doch die Jobsuche gestaltet sich aufgrund ihres „falschen“ Impfstatus als schwierig bis aussichtslos. Im Exklusiv-Interview für reitschuster.de schildert die Altenpflegerin ihre Erfahrungen, die nicht immer leicht zu ertragen sind.
Frage: Frau Peters, Sie waren bis vor kurzem als Fachkraft in einem Altenpflegeheim tätig und befinden sich aktuell auf Jobsuche. Warum wollte Ihr bisheriger Arbeitgeber Sie nicht mehr weiterbeschäftigen?
Peters: Ich hatte einen befristeten Arbeitsvertrag, so dass es von vorneherein offen war, wie es danach weitergeht. Spätestens mit der Einführung der sektoralen Impfpflicht zeichnete sich jedoch ab, dass ich mir einen neuen Job würde suchen müssen – bisher leider ohne Erfolg.
Frage: Sie sind nicht geimpft. Glauben Sie, dass dies der entscheidende Grund dafür war, dass man Sie nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen hat?
Peters: Ich denke schon, ja. Den Fachkräftemangel in der Pflege gab es bekanntlich schon vor Corona, das war und ist in dem Heim, in dem ich gearbeitet habe, nicht anders. Zudem hat die Heimleitung den Ungeimpften schon früh zu verstehen gegeben, dass sie sich schon mal einen neuen Job suchen können, wenn sie sich nicht impfen lassen.
Frage: Immer mehr Bundesländer und Gesundheitsämter rudern bei der sektoralen Impfpflicht zurück, da sich der Personalnotstand in den letzten Monaten eher noch weiter verschärft hat. Sollte man da nicht meinen, dass Sie mit Ihren Bewerbungen offene Türen einrennen?
Peters: Das ist ja gerade das Absurde. Gesunde, symptomfreie Pflegekräfte, die in ihren Heimen oder Krankenhäusern an allen Ecken und Enden fehlen, sitzen zu Hause, weil sie einen positiven Test hatten. Auch wenn man bei bestehenden Arbeitsverhältnissen offenbar immer mehr dazu übergeht, ungeimpfte Pflegekräfte zumindest vorerst weiter zu beschäftigen, ist es als Ungeimpfte derzeit so gut wie unmöglich, eine neue Arbeitsstelle zu bekommen. Das ist jedenfalls meine Erfahrung der vergangenen Monate.
Frage: Wie macht sich der Pflegenotstand in der alltäglichen Praxis einer Altenpflegerin bemerkbar?
Peters: Durch massive Einsparungen in der Pflege wurde es im Laufe der Jahre immer schwieriger, die Qualität der Versorgung der Heimbewohner zu sichern. Ich beziehe mich dabei nicht auf die Qualifikation der Pflegekräfte, sondern die Zusammenstellung von Arbeits- und Zeitplänen. Die einzelnen Schichten sind chronisch unterbesetzt, die Leidtragenden sind am Ende die Heimbewohner.
Frage: Welche konkreten Folgen hat das für Ihre Patienten?
Peters: Für die morgendliche Pflege eines hochbetagten, dementen und körperlich stark eingeschränkten Menschen bleibt dadurch nur ein sehr eng bemessenes Zeitfenster. Diese Heimbewohner können gerade morgens sehr launisch sein und sind nicht selten gerade im unteren Bereich stark verunreinigt. Es bleibt kaum Zeit für die zwischenmenschliche Kommunikation mit dem Patienten, was einerseits unsere Arbeit erleichtern würde und die Sache andererseits natürlich auch für diese Menschen angenehmer gestalten würde. So etwas kann in meinen Augen nicht sein, da wird am falschen Ende gespart.
Frage: Sie haben angedeutet, Corona habe alles nur noch schlimmer gemacht. Woran machen Sie diese Aussage fest?
Peters: Die ohnehin schon sehr spärliche Kommunikation wurde und wird durch die Masken gen null reduziert. Das ständige Tragen der Masken unterbindet jegliche Gestik und Mimik und macht den Heimbewohnern auf Dauer Angst. Viele von ihnen haben einen Weltkrieg miterlebt und fühlen sich an schlimme Zeiten zurückerinnert. Jeder kann sich vorstellen, was es mit alten Menschen macht, wenn sich der Besuch durch ihre engsten Angehörigen aufgrund von Lockdowns und Ausgangssperren über Wochen und Monate hinweg auf ein Minimum reduziert. Und wenn es Besuch gab, dann herrschte auch da strenge Maskenpflicht. Umarmungen und sonstiger körperlicher Kontakt war verboten, zwischen den Heimbewohnern und ihren Angehörigen stand immer ein langer Tisch.
Frage: Wie sind Sie und Ihre Kollegen mit dem Thema sektorale Impfpflicht umgegangen?
Peters: Es kam über kurz oder lang zu einer Art Grüppchenbildung innerhalb der Belegschaft. Hier die Geimpften und da die Ungeimpften. Das wirkte sich natürlich auch auf die allgemeine Stimmung in den Heimen aus, worunter letztlich leider auch die Qualität der Pflege zu leiden hatte.
Frage: Waren denn die Heimbewohner alle geimpft?
Peters: Zu Beginn nicht, später ja. Aber nicht, weil sich alle eines Besseren hätten belehren lassen. Ich musste tatsächlich mit ansehen, wie einige Heimbewohner gegen ihren ausdrücklichen Willen, also nicht „nur“ ohne fehlende Zustimmung, geimpft wurden. Dass so etwas in unserem Land möglich ist, hätte ich nie gedacht und es hat mich zutiefst erschüttert. Das alles – Isolation von den Angehörigen, mangelnde Kommunikation mit Pflegern und Mitbewohnern und nicht zuletzt die Zwangsimpfungen – haben dazu geführt, dass sich auch die Aggressionen der Heimbewohner immer weiter hochgeschaukelt und letztlich am Personal entladen haben.
Die von Frau Peters geschilderten Erfahrungen sind leider kein Einzelfall. Immer wieder mussten wir auf reitschuster.de über ähnliche Fälle berichten, die so bis vor nicht allzu langer Zeit wohl nicht vorstellbar gewesen wären. Sowohl eine Impfpflicht als auch Zwangsimpfungen wurden von der Politik stets ausgeschlossen. Die sektorale Impfpflicht ist seit Mitte März 2022 ein offener Fakt und auch zu Zwangsimpfungen im wörtlichen Sinne scheint es schon gekommen zu sein, auch wenn diese zum Glück wohl (noch) nicht die Regel sind.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
Bild: ShutterstockText: kr
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