Wie ein Ertrinkender an einen Rettungsring klammert sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach an die letzten einschneidenden Corona-Maßnahmen. Der Sozialdemokrat spürt, dass sein Narrativ vom gefährlichen Killer-Virus zusammengebrochen ist, und nur noch ein paar Getreue in Deutschland stramm an seiner Seite stehen. Je einsamer und verzweifelter seine Position, umso heftiger sein Widerstand gegen die normative Kraft des Faktischen.
Jetzt bröckelt Lauterbachs Corona-Front gleich an zwei Ecken. Vier Bundesländer wollen die Isolationspflicht für positiv Getestete lockern – eine von Lauterbachs heiligen Kühen. Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein wollen schon bald neue Regelungen einführen. Mit denen ein positiver Test nicht unbedingt zum Hausarrest führen muss. „Symptomfreie Corona-Infizierte“ – wie es absurd im offiziellen Sprachgebrauch heißt – könnten dann auch zur Arbeit gehen.
Fast hätte ich geschrieben – wie in anderen Ländern auch. Aber das wäre falsch. Denn um Deutschland herum wird kaum noch bis gar nicht mehr getestet. Deutschland ist gemeinsam mit China der Corona-Geisterfahrer. Und nur der Test-Wahnsinn und Isolations-Zwang halten das Corona-Karussell am Drehen: Beide sorgen dafür, dass in Krankenhäusern noch mehr Personal fehlt als ohnehin – weil viele Mitarbeiter in Corona-Isolation müssen. Mit dem Personalmangel begründet Lauterbach wiederum die Tests und den Isolations-Zwang. Mit dem Ausscheren von vier Bundesländern droht das Kartenhaus des Gesundheitsministers zusammenzubrechen.
Die zweite bröckelnde Front für den Fanatiker im Ministersessel: Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) will die Maskenpflicht in Bus und Bahn fallen lassen, eine weitere heilige Kuh von Lauterbach. Der Regionalpolitiker, der dafür bekannt ist, seine Nase nach dem politischen Wind zu drehen, hat angekündigt, die Maskenpflicht im Öffentlichen Personennahverkehr 2023 nicht mehr zu verlängern. Mit anderen Worten: Er will sein Bundesland in die Reihe der europäischen Länder zurückführen und die Geisterfahrerei beenden – die sich heute darin ausdrückt, dass man an der deutschen Staatsgrenze in Bus und Bahn Masken aufsetzen muss, so als würde das Virus erst durch Grenzübertritt aktiviert (bzw. beim Ausreisen deaktiviert). Statt den deutschen Sonderweg beizubehalten, will Günther auf Eigenverantwortung setzen. „Mit Symptomen bleibt man zu Hause“, sagte der Ministerpräsident.
Unterstützung bekommt er aus dem anderen Ende der Republik: „Wir werden bei gleichbleibender Infektionslage über die Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr nachdenken“, kündigte Ministerpräsident Markus Söder im „Münchner Merkur“ an: „Im Dezember, spätestens im Januar, könnte die obligatorische Maskenpflicht bei gleichbleibender Lage in eine freiwillige Empfehlung umgewandelt werden“. Eine generelle Pflicht sei angesichts der sinkenden Zahlen „bald nicht mehr angemessen“, so der Corona-Umfaller aus der Münchner Staatskanzlei, der einst Lauterbach ins Gesundheitsministerium lobte und seinem früheren Idol jetzt abtrünnig geworden ist.
Kretschmann stramm auf Lauterbach-Kurs
In Baden-Württemberg hat der Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) laut „Bild“ den Vorstoß gewagt und wünscht sich öffentlich ein Ende der Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr. „Die Akzeptanz der Maskenpflicht für die Fahrgäste hat nach über zwei Pandemie-Jahren etwas abgenommen. Gerade auch, weil die Maskenpflicht im sonstigen öffentlichen Leben gefallen ist, wird es zunehmend schwerer, sie durchzusetzen“, sagte VVS-Sprecherin Ulrike Weißinger der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“. Doch Ministerpräsident Winfried Kretschmann, als früherer Maoist ein großer Verfechter von Freiheits-Einschränkungen, will an der Maskenpflicht festhalten.
Fazit: Es wird eng für Lauterbach. Noch hat er vor allem bei Rotgrün in den Ländern viele Unterstützer für seinen Geisterfahrer-Kurs. Doch die Unterstützung bröckelt. Deutschlands Corona-Geisterfahrt scheint ihrem Ende entgegen zu gehen. Endlich.