Es gibt sie doch noch: die Weihnachtsmärchen. Zumindest die kleinen. Man muss sie nur erkennen. Eines habe ich selbst erlebt. Und es war zuerst gar nicht als solches zu erkennen. Im Gegenteil. Als ich genau heute vor einem Jahr, am 24. Dezember 2019, die Klage von ARD-Chef-„Faktenfinder“ Patrick Gensig gegen mich in meinem Briefkasten vorfand, war die Weihnachtsstimmung erst einmal verdorben: In meinem Alter rechnet man generell nicht mehr mit einer Bescherung – aber erst recht nicht mit so einer.
Doch was als Schrecken begann, wurde zu einer Erfolgsgeschichte: Ausgerechnet die Klage von Gensing trug dazu dabei, dass ich mich noch mehr hinter meine Seite klemmte, und es kam so viel Unterstützung von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, dass ich heute dem Ausgang des Prozesses (er ist terminiert für den 14. Januar in Köln) sehr gelassen entgegensehen kann. Was – so meine Auffassung – als Versuch gestartet war, mich aus der ARD-Zentrale mundtot zu machen, bewirkte genau das Gegenteil.
Diese Erfahrung macht mir Hoffnung. Dass auch vieles von dem, was wir in diesem Jahr erlebt haben – eine beispiellose Einschränkung unserer Freiheit und unserer Grundrechte, ein endgültiges Umkippen vieler großer Medien zu Propaganda-Instrumenten, und eine Entfernung von großen Teilen unserer Politik von der Realität und den Menschen, wie sie früher undenkbar schien, eine bisher nie gekannte Spaltung der Gesellschaft, dass auch all das wie die Klage Gensings im Endeffekt genau das Gegenteil bewirkt, und der Auftakt zu Veränderungen zum Besseren ist:
- Dass wir uns wieder besinnen auf unsere Freiheit und unsere Grundrechte. Sie wieder zu schätzen lernen, statt sie als selbstverständlich hinzunehmen und deshalb auch ihren schleichenden Verlust zu ignorieren und zu verdrängen.
- Dass die Medien, unter dem Druck von Millionen, wieder zurückfinden zu ihrer Aufgabe: Nicht die Regierten im Sinne der Regierenden zu kontrollieren, sondern umgekehrt.
- Dass sich die Politiker wieder darauf besinnen, dass sie nicht mehr sind als Angestellter ihrer Wähler, auf Zeit.
- Dass die Spaltung dazu führt, dass immer mehr Menschen sehen, dass sie ein Irrweg ist – und dass man über politische Unterschiede hinweg im anderen den Mensch sehen muss, und nicht den „Corona-Leugner“, „Verschwörungstheoretiker“ oder „linksgrün Versifften“.
- Dass das ständige Beharren auf Dogmen und die Diffamierung von deren Hinterfragen uns hilft, wieder zu verstehen, dass es keine regierungsamtliche Wahrheiten geben kann, und auch die Wissenschaft von Zweifeln und vom Hinterfragen lebt.
Viele werden mich jetzt fragen, ob ich naiv bin.
Ich glaube es nicht.
Aber ich würde mich für zynisch halten, wenn ich nicht wenigstens am Heiligabend das ganz offen schreiben würde, was ich mir wünsche. Für unsere Gesellschaft. Für unser Land. Für unsere Demokratie. Für unsere Freiheit.
Nicht aufhören, sich zu wundern!
Oft schreiben mir Menschen, wenn ich Missstände schildere: Warum wundern Sie sich? Warum regen Sie sich denn da überhaupt (noch) auf?
Ich bin überzeugt: In dem Moment, in dem man aufhört, sich über Missstände aufzuregen, sich zu wundern, wird man Teil dieser Missstände. Und Zyniker.
Jetzt an Weihnachten sollten wir uns alle vornehmen, nicht dieser Zynismus-Falle zu erliegen. Weihnachten ist das Fest des Lichts. Resignieren, verdrängen, schweigen – das steht für Finsternis. Ich wünsche uns allen, dass wir die Kraft haben, dieser Finsternis das Licht entgegen zu setzen: Nicht zu resignieren, sondern das Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Nicht zu verdrängen, sondern die Missstände und Probleme klar als solche zu erkennen, auch wenn es schwer fällt. Und nicht nur erkennen, sondern auch benennen.
In den schrecklichsten Zeiten der Menschheit fanden sich immer Menschen, die den Mut hatten, gegen Unrecht aufzustehen. Oft wussten sie, dass ihnen dies das Leben kostet, mindestens die Freiheit. Wir sind, bei allen Problemen in der verhältnismäßig glücklichen Lage, dass uns solche Gefahren nicht drohen. Ich weiß: Auch soziale Ächtung, drohender Verlust des Jobs und damit oft auch der Existenz sind ebenfalls schwerwiegende Übel. Und ich fände es scheinheilig und anmaßend, wenn ich Sie dazu auffordern würde, das zu riskieren. Aber sind wir ehrlich zu uns: Sehr, sehr viele könnten ein klein wenig mehr den Mund aufmachen, ein klein wenig mehr tun, ohne gleich die große Repression zu fürchten. Mein Weihnachtswunsch wäre, dass mehr Menschen das mutiger tun.
Ihnen wünsche ich, dass Weihnachten nicht nur in Sachen Tageslicht wie jedes Jahr eine Wende ist – sondern, dass auch wieder mehr Licht in unseren Alltag, vor allem in unsere Politik und unsere Medien einkehrt! Und dass Sie ein wenig zur Ruhe finden jetzt zum Fest, eine gute Zeit mit ihren Nächsten verbringen, und es trotz allem ein glückliches Fest für Sie wird!
In diesem Sinne: Frohe Weihnacht!!!
PS: Ich freue mich sehr und bin sehr gespannt darauf, was Sie sich zu Weihnachten wünschen – und werde das in den Kommentaren mit großem Interesse lesen!
PS: Ein besonderes Dankeschön an alle, die mich in diesem Jahr unterstützt haben! Ohne Sie wäre das Weihnachtsmärchen nicht möglich gewesen! So sehr ich mich über jede Unterstützung freue – so sehr berührt es mich, wenn ich zwischen den Zeilen bei Menschen lese, dass sie sich die Unterstützung wohl buchstäblich vom Mund absparen – etwa Alleinerziehende oder Hartz-IV-Empfänger! So wichtig und unersetzbar Unterstützung von all denen ist, die sie sich leisten können – so sehr bitte ich alle, die nur das Nötigste haben, mich nur mit guten Wünschen zu unterstützen! Auch die sind sehr wertvoll! Sie schenken mir Kraft, Motivation und Freude!
Bild: Fabian Zocher/Shutterstock
Text: br
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