Von Daniel Weinmann
Schüler der vierten Klassen haben immer größere Probleme beim Lesen, Schreiben und Rechnen. In ihrem am Freitag veröffentlichten Grundschul-Gutachten „Basale Kompetenzen vermitteln – Bildungschancen sichern. Perspektiven für die Grundschule“ verlangt die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK) ein ganzes Maßnahmenbündel zur Weiterentwicklung der Grundschule.
„Wir können nicht einfach hinnehmen, dass ein wachsender Anteil an Schülerinnen und Schülern die Mindeststandards nicht erreicht. Die Grundschule muss dringend die basalen sprachlichen und mathematischen Kompetenzen fokussieren“, fordert die Co-Vorsitzende der SWK, die Berliner Professorin Felicitas Thiel.
Hintergrund sind die desillusionierenden Ergebnisse einer Studie des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB). Danach zeigt die Lernkurve der deutschen Grundschüler immer weiter abwärts. Fast ein Fünftel der Kinder erreicht den Mindeststandard in Lesen oder Mathematik nicht, in der Rechtschreibung sind es sogar 30 Prozent. Selbst Viertklässlern mangelt es an elementaren Fähigkeiten wie dem flüssigen Lesen und dem Verständnis für den Satzzusammenhang.
Dem System sei es in den vergangenen zehn Jahren offensichtlich nicht gelungen, auf die signifikante Zunahme der Schüler mit Migrationshintergrund mit entsprechenden Förderprogrammen zu reagieren, befand der SWK-Vorsitzende Olaf Köller bereits im Juli gegenüber der „Welt“.
Wichtige Basis für die individuelle Lebensplanung und die gesellschaftliche Partizipation
Laut einer Studie des Instituts für Schulentwicklungsforschung der Technischen Universität Dortmund wiederum sind die Schüler in der Pandemie um ein halbes Lernjahr zurückgefallen. Die Forscher haben Daten der Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (sogenannter IGLU-Lesekompetenztest) von 2016 und 2021 verglichen, an denen über 4.000 Viertklässler an 111 Schulen in Deutschland teilgenommen haben. Als wäre dies nicht genug, ermittelte die Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KIGGS) bei 23 Prozent der beobachteten Sieben- bis Zehnjährigen psychische Auffälligkeiten.
„Diese alarmierenden Befunde müssen als Weckruf verstanden werden“, schreiben die Autoren des aktuellen SWK-Gutachtens, „denn die in der frühkindlichen Bildung und der Grundschule erworbenen sprachlichen, mathematischen sowie sozial-emotionalen Kompetenzen legen den Grundstein für erfolgreiches Weiterlernen in den anschließenden Bildungsetappen.“ Dies sei eine wichtige Grundlage für die individuelle Lebensplanung und die gesellschaftliche Partizipation.
Die zentrale Forderung: Kinder sollen nach Abschluss der Grundschulzeit die Mindeststandards in Deutsch und Mathematik erreicht haben. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Karin Prien, fordert gar einen Rechtsanspruch der Kinder auf diese Befähigungen. Der Staat müsse Maßnahmen ergreifen, die es Kindern ermöglichten, die Mindeststandards auch zu erreichen. „Wenn wir hier noch nicht genug tun, müssen wir mehr tun“, so die CDU-Politikerin.
Der Fisch stinkt vom Kopf
Der Hamburger Bildungssenator Ties Rabe bringt auf den Punkt, woran es hierzulande krankt. Grundfertigkeiten wie Lesen, Schreiben und Rechnen sieht er als Tür, die überhaupt erst den Eintritt in Bildung und Teilhabe ermöglicht. „Das klingt so selbstverständlich. Und ist es doch nicht“, meint der SPD-Mann. Stattdessen werde über den Bio-Anteil im Schulessen und Unisex-Toiletten diskutiert.
Der Fisch stinkt vom Kopf, wie die Besetzung mancher Spitzenpositionen der Grünen zeigt. Dort kann man es offensichtlich auch mit Fälschung der eigenen Biografie, fehlender abgeschlossener Berufsausbildung und abgebrochenem Studium bis in höchste Ämter schaffen – und sich dann noch für berufen halten, Politik gestalten zu wollen.
So überrascht kaum, dass die Kinder eher Gendern und korrekte Haltung zum Klimawandel statt Rechnen und Lesen vermittelt bekommen. Zugleich ist damit zu rechnen, dass der „Weckruf“ der SWK einmal mehr ins Leere laufen wird. Dieses Land gibt die Werte auf, auf denen einst sein Wohlstand beruhte. Bildung und ein klarer Geist gehörten auch einmal dazu.
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Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.
Bild: Boris Reitschuster