Von Daniel Weinmann
Der Rundfunk Berlin-Brandenburg, kurz RBB, kommt wegen der Verschwendung von Zwangsgebühren seit fast einem halben Jahr nicht aus den Schlagzeilen heraus. Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft weitete bereits seit Oktober die Ermittlungen im Zusammenhang mit der über ein ganzes Bündel von Affären gestürzten Ex-Intendantin Patricia Schlesinger wegen Untreue und Vetternwirtschaft aus.
Im Visier stehen nicht nur Schlesinger selbst, sondern auch der Verwaltungsdirektor sowie die Juristische Direktorin des Senders, der 2020 mehr als 415 Millionen Euro TV-Gebühren erhielt. Ihnen werde Untreue, beziehungsweise Beihilfe zur Untreue vorgeworfen. Einer der Fälle betrifft einen freigestellten Manager, der bis heute eine Planstelle in der Juristischen Direktion belegt. Laut des sendereigenen internen Rechercheteams erhält er 700.000 Euro bis 2026 – obwohl er längst nicht mehr für den Sender arbeitet.
Doch damit nicht genug. Ein aktueller Bericht des „Spiegel“ legt nahe, dass der RBB gezielt Hinweisgeber verfolgt, um sein falsches Spiel zu kaschieren. Das Magazin bezieht sich auf einen Fall aus dem Jahr 2014, als der Jurist Michael K. entsandt wurde, um das beim RBB ansässige ARD-Generalsekretariat zu leiten. In fotokopierten, anonym verfassten Schreiben seien ihm Verfehlungen vorgeworfen worden, darunter immense Aufwendungen für „unnötige Fahrten“ und Abendessen. Der Jurist – der bis heute (!) beim NDR unter Vertrag steht – soll binnen eines Jahres mehr als 9000 Euro Spesen angehäuft haben, davon mehr als 2000 Euro nur für Taxifahrten innerhalb von Berlin und Hamburg.
Komplettes Versagen von Kontrollmechanismen
Ein Unternehmen, das nicht durch und durch von Korruption und Selbstbedienungsmentalität geprägt ist, würde in einem solchen Fall die Anschuldigungen prüfen. Nicht so beim RBB, dessen damalige Intendantin Dagmar Reim stattdessen alle Hebel in Bewegung setzte, um den anonymen Tippgeber aufzuspüren. Dabei schreckte sie auch nicht vor flächendeckenden Screenings von Festplatten zurück und setzte sich dabei über sämtliche Datenschutzrichtlinien hinweg.
Gleich mehrfach soll sie sich auch in Ermittlungen eingemischt haben. Ihr Referent etwa soll an die Revision geschrieben haben, man würde die „Texte zur Untersuchung“ gern noch einmal überarbeiten. Die Revision soll sich laut dem Bericht geweigert haben, nach dem Whistleblower zu suchen, dafür soll es „keine rechtlich unbedenkliche Möglichkeit“ gegeben haben. Reim wollte sich auf eine Anfrage des „Spiegel“ zu diesem Sachverhalt nicht äußern, signalisierte aber – wie könnte es anders sein –, dass sie die Vorwürfe für substanzlos hält.
Der Fall offenbart ebenso wie die Causa Schlesinger das komplette Versagen von Kontrollmechanismen innerhalb des ARD-Senders. Dabei geht es nicht allein um die Jagd auf interne Hinweisgeber, sondern zugleich um die uferlose Verschwendung von Beiträgen. So müssen laut RBB-Staatsvertrag Ausgaben, die einen Wert von 200.000 Euro überschreiten, vom Verwaltungsrat genehmigt werden, der die Ausgaben der Geschäftsführung und den Finanzplan des Senders kontrollieren soll. Dies ist im Fall von Schlesinger aber nicht geschehen, fand der interne Recherchedienst des RBB heraus. Dabei geht es nicht zuletzt um den Umbau der Büroetage der Intendantin für insgesamt 650.000 Euro.
Vor diesem Hintergrund verwundert kaum, dass der Sender in den Jahren 2023 und 2024 satte 41 Millionen Euro einsparen muss, weil er in der Ära Schlesinger weit über seine Verhältnisse gewirtschaftet hatte. 41 Millionen Euro, die aber schon längst verplant sind.
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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.
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