Man sieht ihr die kriminelle Energie nicht an. Auf den ersten Blick wirkt Pippi Langstrumpf wie ein echter Kumpel-Typ. Aber sie soll gefährlich sein. Schuldig eines der schlimmsten Verbrechen der Neuzeit: Rassismus. Deswegen nimmt die Stadtbücherei in Augsburg jetzt Ermittlungen auf. Und denkt darüber nach, Bücher von Pippi Langstrumpf und anderen Verdächtigen – etwa Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer, mit einer Art Warnhinweis zu versehen.
Schon vor zehn Jahren hat sich der Oetinger-Verlag entschlossen, die deutsche Ausgabe des Kinderbuchklassikers Pippi Langstrumpf zu ändern, wie die „Augsburger Allgemeine“ in einem Bericht über den bösen Verdacht gegen die Heldin meiner Kindheit schreibt: „Pippis Vater wurde darin bis dato etwa als ‘Negerkönig‘ bezeichnet, er wurde zum ‘Südseekönig‘. Auch andere Bücher, etwa Michael Endes Jim Knopf, geraten immer wieder in die Kritik – mit der Begründung, sie würden rassistische Sichtweisen und Klischees transportieren“, schreibt meine alte Heimatzeitung.
‘Studierende‘ als Hilfssheriffs
„Die Augsburger Stadtbücherei reagiert darauf“, beruhigt das Blatt sodann seine Leser: „Demnächst sollen Studierende“ – beachten Sie das überkorrekte Gendern – „der Augsburger Hochschule den Bestand an Kinderbüchern durchforsten und entsprechend kritische Literatur identifizieren. Wie die Stadtbücherei am Ende mit den Büchern umgehen wird, ist noch offen. Erste Überlegungen gibt es aber.“
In dieser Woche gab es dem Bericht zufolge in der Stadtbücherei bereits eine Diskussion unter dem Titel „Onkel Tom und Pippi Langstrumpf in Lummerland? Mit Kindern rassismuskritisch lesen“. Veranstalter war die Stadt. „Die Leiterin der Stadtbücherei, Tanja Fottner, kündigte dabei an, die städtische Einrichtung werde sich des Themas nun verstärkt annehmen“, schreibt die „Augsburger Allgemeine“: „Am Ende des Prozesses könne auch ein anderer Umgang mit Klassikern stehen. ‘Vielleicht müssen wir Pippi & Co. nicht mehr ganz vorn präsentieren, sondern etwas weiter hinten‘, sagte Fottner.“ Also fast wie Bückware früher, etwa in der DDR – die man so nannte, weil sich der Verkäufer unter die Ladentheke bücken musste, um verpönte oder verbotene Werke oder Waren zu holen.
Kritisch seien neben diskriminierenden Wörtern auch Sichtweisen, wie sie zum Beispiel bei Pippi Langstrumpf vermittelt würden, lehrt uns die Augsburger Regionalzeitung: „Ein weißes Mädchen reise durch die Welt und werde von den Menschen im Süden sofort als „höherwertig“ akzeptiert, der weiße Vater werde automatisch König.“ Man muss schon sehr politisch auf Linie sein und vorauseilenden Gehorsam vor dem Zeitgeist üben, um auf solche Sichtweisen zu kommen.
Als weitere Möglichkeit erwägt die Bücherei-Chefin dem Bericht zufolge, „Kinder- und Jugendbücher, die aus Sicht von Rassismus-Fachleuten kritisch einzustufen sind, entsprechend zu markieren.“ Also so wie man das mit Ungeimpften vorhatte und teilweise auch schon umsetzte. Eine mögliche Lösung sei es, verdächtige Bücher mit einem QR-Code zu versehen: „Scannt man den Code mit dem Smartphone ein, gelangt man auf eine Internetseite mit Erklärungen und Erläuterungen“, so die „Augsburger Allgemeine“. Immerhin: „Dass Pippi & Co. aus den Regalen der Bücherei verschwinden, sei allerdings nicht geplant.“
Böse, böse Bücherei
Zum Schluss konstatiert der Kollege, der den Bericht geschrieben hat, noch einen Sündenfall: „Laut Bücherei-Katalog gibt es in Augsburg auch noch die alte, unbearbeitete Version der Bücher, Auflage 1986.“ Wenigstens eine Entschuldigung hat der Kollege dafür: „Das dürfte wohl auch dem stets knappem Budget geschuldet sein.“
Pippi Langstrumpf, Jim Knopf, der kleine Muck, Winnetou – alles böse Rassisten. Dafür gibt es mutige, heldenhafte Journalisten wie die Kollegen von der „Augsburger Allgemeinen“, die dagegen ankämpfen. Und etwa dafür sorgen, dass Augsburgs bekanntestes Traditionshotel, das „Drei Mohren“, jetzt nicht mehr so heißen darf. Als ich noch zur Schule ging, war Augsburg besonders „schwarz“, also konservativ. Ich war dort damals der „Linke“. Heute ist Augsburg offenbar besonders „woke“. Und ich bin dort jetzt der „Rechte“.
Ganz ehrlich – ich komme mir vor wie im Irrenhaus. Haben wir keine andere Sorgen? Meine Großmutter, Jahrgang 1902, war immer eine treue Leserin der „Augsburger Allgemeinen“. Ich stelle mir vor, sie würde einen Bericht wie diesen Lesen. Sie würde wahrscheinlich glauben, sie sei verrückt geworden. Oder jemand erlaube sich einen bösen Scherz, und bald kommt jemand und sagt: „Verstehen Sie Spaß“.
Die Wirklichkeit von heute ist die Satire von gestern.
Einen Vorteil hat das Ganze: Man kann sich inzwischen sehr lebhaft vorstellen, was für Prozesse und Entwicklungen abliefen in den Phasen der Geschichte, die man heute als finster bezeichnet.
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