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Wie soll man in diesen Tagen als Journalist mit Themen umgehen? Mein Team schickt mir sehr fleißig Themenvorschläge. Und ich komme aus dem Staunen nicht heraus. Und frage mich immer wieder: Wie kann man mit all dem Irrsinn umgehen? Wie die richtige Mitte finden zwischen zwei Extremen: Nicht wegen jeder neuen Wendung eines bekannten Irrsinns aufzugreifen – aber auch nicht abzustumpfen, zu resignieren, und aufs Berichten zu verzichten, weil es ja doch wieder, wie man auf Russisch so schön sagt, die gleichen Eier sind, nur diesmal von einer anderen Perspektive aus betrachtet.
Auf die Meldung, dass in Berlin schon wieder ein drogensüchtiger Krimineller auf freien Fuß gekommen ist, weil das Krankenhaus des Maßregelvollzugs total überbelegt ist, habe ich verzichtet. Weil wir erst vor wenigen Tagen darüber berichteten, dass aus dem gleichen Grund ein Schwerverbrecher und Mitglied des Remo-Clans frei kam und sich in die Türkei absetzen konnte. Obwohl er erst kürzlich zu mehr als acht Jahren Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Bei solchen Meldungen frage ich mich immer: Macht man sich nicht mitverantwortlich, wenn man sie nicht aufgreift nach dem Motto: „Ist ja nichts wirklich Neues und Überraschendes“? Da mein Tag aber nur 24 Stunden hat, muss ich Schwerpunkte setzen.
Und musste etwa auch auf die Meldung verzichten, wie die Grünen in ihrem Kultur-Kampf gegen das Auto durch eine „irrsinnige Bepollerung“ einen der schönsten Plätze Berlins – den Chamissoplatz verschandeln. Wie sie dort den Denkmalschutz gegen die Wand fahren, und den ältesten Ökomarkt Berlins gleich mit.
Nicht verzichtet habe ich in meiner Rubrik „Irrsinn made in Germany“ darauf, wie Lauterbachs Gesundheitsministerium das Gendern ad absurdum führt (siehe hier). Ebenfalls unmöglich findet es mein Journalistenherz, auf die Nachricht zu verzichten, dass uns künftig eine Witzpolizei droht. Nein, das ist kein Witz. Die Bundesregierung will gegen falsche Witze vorgehen. Und ist offenbar derart geschichtsvergessen, dass ihr ein entscheidender Umstand nicht mehr bewusst ist: Dass es eine Besonderheit von totalitären Regimen ist, gegen Witze vorzugehen. Demokratien indes zeichnen sich dadurch aus, dass man in ihnen nach Herzenslust scherzen darf. Selbst autoritäre Regime sind bei Witzen oft großzügig. Nicht hingegen Glaubensstaaten. Und zu denen entwickelt sich die Bundesrepublik mit Siebenmeilenstiefeln.
Natürlich gibt es für das Vorgehen gegen Witze durch Regierungen immer wohlfeil klingende Begründungen. Etwa „Wehrkraftzersetzung“ oder „staatsfeindliche Hetze“. Im Falle der Ampel-Koalition geht es offiziell um die Bekämpfung des „Sexismus“. Wobei unter den bei den linksgrünen Kultur-Kriegern auch schon Verhaltensweisen fallen, die man früher noch als Flirtverhalten bezeichnete und die allgemein bei Mann wie Frau beliebt waren.
„Anzügliche Witze“ seien derzeit offenbar die Top-Priorität des Familienministeriums, warnt die „JF“ eindringlich: „Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hat angekündigt, künftig stärker gegen angeblichen ‘Sexismus‘ vorzugehen. „Übergriffige Anmache auf der Straße, anzügliche Witze, klischeehafte oder sexistische Werbung, Kränkung und Zurücksetzung am Arbeitsplatz‘ müssten künftig verhindert werden.“
Weiter sagte die Grüne: „Wir sind als Gesellschaft gefordert, Sexismus und sexuelle Belästigung in jeder Form zu bekämpfen“.
Insbesondere Menschen, die bereits wegen ihrer Hautfarbe, einer Behinderung oder ihrer sexuellen Identität diskriminiert würden, seien „Sexismus oft besonders stark und schutzlos ausgeliefert“, beklagte Paus. Anlass für ihre Aussagen: Das „Bündnis gegen Sexismus“, das die Bundesregierung heute ins Leben gerufen hat. Mit dabei laut „JF“: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk, – wie könnte es anders sein – Arbeitgeberverbände, zahlreiche staatliche Institutionen, aber auch Privatunternehmen.
In einem Leitfaden, den das Bündnis veröffentlicht hat, wird unter anderem die These aufgestellt, „starre Rollen für Männer und Frauen“, „sexistische Witze“ und „Kommentare über Aussehen“ seien Grundlage für Morde und Vergewaltigungen. Mit anderen Worten: Hier werden Witze kriminalisiert. Und ein Klima der Angst geschaffen für alle, die gerne Witze machen. Das hat mit Demokratie nichts mehr zu tun.
Schon heute kann ich sehr viele meiner Lieblingswitze, die in Russland Allgemeingut sind, in Deutschland nicht mehr erzählen – zumindest nicht außerhalb meines hauptsächlich russisch-ukrainisch-jüdisch geprägten Bekanntenkreises. Dabei bin ich zutiefst überzeugt, dass diese Witze nicht „Grundlage für Morde und Vergewaltigungen sind“.
Ja, es gibt auch dumme, sexistische Witze. Aber eine Demokratie zeichnet sich dadurch aus, dass sie diese aushält. Und eben keine Witze kriminalisiert. Und nicht sich oder wie auch immer geartete Institutionen zum Richter über Witze erhebt. Oder, genauso schlimm, den Zeitgeist bestimmen lässt. Wir hatten in diesem Land einmal den schrecklichen Begriff des „gesunden Volksempfindens“ und wissen, wohin dieses führte.
Ich bin überzeugt: Der gefährlichste Witz, vor allem für die Demokratie in diesem Land, ist die ideologische Politik dieser Regierung.
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