Ein Gastbeitrag von Fritz Vahrenholt
Selbst die sonst energiepolitisch kritische „Welt“ feierte Robert Habecks überraschenden Wasserstoff-Coup:
„Die Bundesregierung ist bei ihrem Ziel eines klimaneutralen Landes wieder ein kleines Stück weitergekommen.“(Welt vom 17.7.2024)
Die Bundesagentur H2Global hat ihre erste Ausschreibungsrunde für grüne Wasserstoffderivate abgeschlossen. Sie importiert nun ab 2027 rund 259.000 Tonnen grünes Ammoniak aus Ägypten. Der Lieferant Fertiglobe, ein Unternehmen mit Hauptsitz in den Arabischen Emiraten, sagte einen Produktionspreis von 811 Euro pro Tonne Ammoniak zu.
Robert Habecks „Coup“ bedeutet, Ammoniak für 210 Millionen € einzukaufen, dessen Wasserstoffgehalt bei direktem Einsatz als Erdgasersatz neunmal so teuer wie Erdgas ist. Wenn man 210 Millionen € für einen Energieträger mit einem Marktwert von 23 Millionen € ausgibt, wird kein Industriebetrieb noch ein Kraftwerk mehr als diesen Marktwert bezahlen. Also müssen 187 Millionen € durch Robert Habeck subventioniert werden. Wenn dieser dann auch noch von der Presse überschwenglich gelobt wird, dann kann es ja so weiter gehen mit der Veruntreuung von Steuergeldern.
Beim nächsten angekündigten Wasserstoffeinkauf in Höhe von 3,5 Milliarden €reden wir dann über eine notwendige Subvention von rund 3,1 Milliarden €.
Wie sagte Robert Habeck noch bei Maischberger: „Am Ende ist es nur Geld„.
Ja – unser Steuergeld.
Warum ist diese hohe Subvention erforderlich? Eingekauft wird das Ammoniak für 811 €/t. Das sind umgerechnet 16 €ct/kwh Energieinhalt. Das Wirtschaftministerium unterschlägt dabei die Kosten für den Transport, die Aufspaltung in Wasserstoff (Cracken), die Kosten des Crackers sowie die Verluste bei der Stromerzeugung. Und diese Kosten sind gewaltig: 189 €/t für den Transport des Ammoniaks, 1,23 €ct/kwh für die Kosten des Crackers und 25 % Verluste bei der Wiederaufspaltung des Ammoniaks verteuern den Wasserstoff auf 27 €ct/kwh. Wie unten gezeigt, ist der auf diesem Weg erzeugte Strom mit 49 €ct/kwh fünfmal teurer als der heutige deutsche Börsenstrompreis von 9 €ct/kwh. Zum Vergleich: der US-Strompreis liegt bei 3,5 €ct/kwh. Damit wären die Stromerzeugungkosten des Wasserstoffstroms in Deutschland mehr als 14 mal so hoch wie der US-Strompreis.
An 132 Tagen (also 4 Monate) produzieren Windkraftwerke in Deutschlandweniger als 5 % ihrer Leistung. In den Wintermonaten November bis Januar fällt die monatliche Produktion einer Solaranlage auf 2 % ihrer Jahresleistung zurück. An 4380 von 8760 Stunden eines Jahres scheint in Berlin keine Sonne, weil es Nacht ist. Wie kann man die Wirklichkeit so verzerren?
Fünfmal soviel Wind- und Solarstrom
Die deutsche Industriegesellschaft soll sich an die Schwankungen von Wind- und Sonnenenergie anpassen
Und damit kommen wir zur beunruhigendsten Botschaft der dunklen Robert-Habeck-Vision: „Das Stromsystem geht von inflexibler Nachfrage und ihr nachfolgender Erzeugung über in ein System flexibler Nachfrage, die variabler Erzeugung folgt.( Zitat S.13). Den Satz soll wohl niemand verstehen. Er bedeutet: Bislang wurde jeder Strombedarf durch das Herauf- und Herunterfahren von Kraftwerken gedeckt. Wenn aber nur noch schwankende Erneuerbare Energien vorhanden sind, muss sich der Strombedarf der Kunden flexibel an die Erzeugung von Wind- und Sonnenstrom anpassen. Als Instrument der Umgestaltung sehen Robert Habeck und sein grüner Parteikollege Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, die Netznutzungsgebühr.
„Unflexibles Abnahmeverhalten ist gesamtökonomisch zunehmend nachteilhaft und kann die Integration der Erneuerbaren Energien in den Strommarkt hemmen“, so die Bundesnetzagentur bei der Vorstellung ihrer „Eckpunkte zur Fortentwicklung der Industrienetzentgelte im Elektrizitätsbereich“.
Stromintensive, konstante Netznutzung durch die Industrie war bislang ein Vorteil für die Netzbetreiber, da sie mit einer gleichmässig hohen und vorhersehbaren Netzbelastung verbunden war. 400 Industriebetriebe lasteten das Netz mehr als 7000 Stunden von 8760 Stunden im Jahr konstant aus. Sie bekamen daher bislang einen Netzrabatt von 80 %. Denn so konnte eine günstige Abnahme für die Grundlastkraftwerke (Kernenergie, Kohle) gewährleistet werden. Die Bundesnetzagentur schreibt dazu: „Der Anteil der Erzeugung an klassischen Grundlastkraftwerken nimmt durch den Ausstieg aus der Kernenergie und aus der Kohleverstromung stetig ab… durch den Zubau dezentraler Einspeisung aus Anlagen zur Erzeugung von EE-Strom wird die Einspeisung volatiler, was auch das Erfordernis flexibler Lasten wachsen lässt.„(S.6 der Eckpunkte).
Belohnt werden sollen demnach zukünftig diejenigen Kunden, die dann ihre Güter produzieren, wenn die Sonne scheint und der Wind weht. Dass dies für die energieintensiven Betriebe der Aluminium-, Kupfer-, Stahlindustrie, der Chemieindustrie, der Papier- und Glasindustrie, aber auch der verarbeitenden Industrie, also aller Betriebe, die 24 h, 7 Tage in Mehrschichten produzieren, nicht möglich ist, ist deren Pech. Wären sie „systemdienlich„, so die grüne Bundesnetzagentur, so müsste man die Solar-und Windkraftanlagen bei Überschussproduktion nicht abregeln (S.6 der Eckpunkte).
Auf den Punkt gebracht heisst dies: Rot-grüne und früher auch schwarze Politik hat sich zum Ziel gesetzt, regelbare Stromversorgung (Kernenergie- und Kohle) als Rückgrat der Industrie zu ersetzen durch schwankende Erneuerbare Energien. Die Folge ist, dass die Industriebetriebe jetzt gezwungen werden sollen, ihre Produktion dem schwankenden Stromangebot anzupassen oder höhere Netzkosten zu bezahlen. Frage an unsere Industriegewerkschaften: Wie geht man in dieser grünen Wirtschaft mit Arbeitnehmern um, die in Dunkelflauten wegen zu teuren Stroms nicht arbeiten können?
Was hier aufgeführt wird, geht an die Grundfesten der industriellen Produktion, die es in Deutschland wegen zu hoher Strompreise aufgrund der Energiewende ohnehin schwer genug hat.
Für die 400 energieintensiven Betriebe kann die Veränderung der Netzentgeltverordnung eine zusätzliche Belastung von 3,5 €ct/kwh an Netzkosten ausmachen (80 % von 4 €ct/kwh heutiger Netzkosten). Da die Netzkosten ohnehin wegen des teuren Netzausbaus auf bis zu 10 €ct/kwh ansteigen werden, führt das für die energieintensiven Betriebe zu Netzkosten von 8 €ct/kwh zuzüglich 9 €ct/kwh für den heutigen Börsenstrompreis. Ein Strompreis von 17 €ct/kwh ist das Ende dieser Arbeitplätze in Deutschland. Und dabei sind die zusätzlichen Kosten für den Wasserstoffstrom nicht eingerechnet.(siehe Grafiken oben)
Klaus Müller weiss das. Robert Habeck weiss es auch. Olaf Scholz, der der Industrie einen Industriestrompreis von 4 €ct/kwh im Wahlkampf versprochen hatte, lässt sich vorführen.
Das Schreckensprogramm soll am 1.1.2026 in Kraft treten.
Am 28. Sept. 2025 wird ein neuer Bundestag gewählt.
Meine Seite braucht Ihre Unterstützung!
Wenn Sie weiter Artikel wie diesen lesen wollen, helfen Sie bitte mit! Sichern Sie kritischen, unabhängigen Journalismus, der keine GEZ-Gebühren oder Steuergelder bekommt, und keinen Milliardär als Sponsor hat. Und deswegen nur Ihnen gegenüber verpflichtet ist – den Lesern!
1000 Dank!
Aktuell sind (wieder) Zuwendungen via Kreditkarte, Apple Pay etc. möglich – trotz der Paypal-Sperre:
Über diesen LinkAlternativ via Banküberweisung, IBAN: DE30 6805 1207 0000 3701 71 oder BE43 9672 1582 8501
BITCOIN Empfängerschlüssel auf Anfrage
Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut.
Meine neuesten Videos und Livestreams
Mit Sturmkappen gegen Sellner und die Meinungsfreiheit: Faesers Dauer-Rechtsbruch.
Beim Gendern gestolpert: Berliner Polizeidirektor entmannt sich selbst
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen, und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Fritz Vahrenholt ist Honorarprofessor an der Universität Hamburg im Fachbereich Chemie und war bis 1997 Umweltsenator der Freien und Hansestadt Hamburg. Von 1998 bis 2013 war er in Vorstandsfunktionen im Bereich der Erneuerbaren Energien bei der Deutschen Shell AG, der Repower Systems AG und der RWE Innogy. Der Sozialdemokrat war bis Ende 2019 Alleinvorstand der Deutschen Wildtier-Stiftung. Seine Bücher finden Sie hier.
Bild: ShutterstockBitte beachten Sie die aktualisierten Kommentar-Regeln – nachzulesen hier. Insbesondere bitte ich darum, sachlich und zum jeweiligen Thema zu schreiben, und die Kommentarfunktion nicht für Pöbeleien gegen die Kommentar-Regeln zu missbrauchen. Solche Kommentare müssen wir leider löschen – um die Kommentarfunktion für die 99,9 Prozent konstruktiven Kommentatoren offen zu halten.
Mehr von Fritz Vahrenholdt auf reitschuster.de