Ein Kanzler zwischen Ideologie und Realität Deutschlands gefährlicher Weg in die Planwirtschaft

Ein Gastbeitrag von Thomas Rießinger

Olaf Scholz, dessen persönliche Ausstrahlung nicht kommentierbar ist, weil man über das Nichts nichts sagen kann, ist nicht viele Worte wert; deshalb mache ich es kurz.

Die trotzig-weinerliche Stellungnahme des Kanzlers zum Ende der Ampel-Koalition wurde an verschiedenen Stellen gewürdigt. Nur zu genau konnte man seinen Äußerungen entnehmen, dass er nur ein Mittel kennt, um die Probleme zu lösen, die er und seine Kumpane selbst verursacht haben: das Aufnehmen von immer mehr und immer höheren Schulden, um die deutsche Wirtschaft auf dem Weg über ideologisch gesteuerte Subventionen in eine Planwirtschaft zu transformieren. Doch ein Punkt in seinen glanzvollen Ausführungen hat zu wenig Anklang und Aufmerksamkeit gefunden. Es war der vierte von ihm angeführte Punkt. „Wir erhöhen unsere Unterstützung für die Ukraine, die einem schweren Winter entgegengeht. Nach der Wahl in den USA sendet das ein ganz wichtiges Signal: Auf uns ist Verlass!“

Die Präsidentschaftswahl in den USA hat nicht den von Scholz gewünschten Ausgang genommen, gewonnen hat Donald Trump, der Böseste der Bösen, den man nur noch mit Darth Vader in seinen besten Zeiten oder Lord Voldemort vergleichen kann. Und da Trump nicht immer die nötige Kriegsbegeisterung an den Tag gelegt hat, beeilt sich Scholz zu versichern, „wir“ – also der deutsche Steuerzahler – würden die Ukraine-Unterstützung entsprechend erhöhen, denn „auf uns ist Verlass“. Es stimmt, auf diese Regierung kann sich jeder verlassen, sofern er kein Deutscher und kein Steuern zahlender Arbeitnehmer ist. In jedem Fall nehmen wir zur Kenntnis, dass Scholz unbegrenzte Unterstützung der Ukraine zugesagt hat.

Damit war er an dem dramatischen 6. November 2024 nicht alleine.

Robert Habeck, der nach Auffassung etlicher Journalisten schon längst die Heiligsprechung verdient hätte, hat sich am Abend dieses Tages in einem tendenziell weinerlichen Tonfall ebenfalls an die Bürger gewandt. Nach der Feststellung, dass Trump die US-Wahl gewonnen habe, was „bei vielen Menschen Nachfragen, manchmal Ängste oder Verunsicherungen ausgelöst“ habe – war es eine Freudsche Fehlleistung, dass er zuerst „aufgelöst“ statt „ausgelöst“ sagte? –, sprach er über den Bruch der Ampel-Regierung. Er teilte dem geneigten Publikum mit, „dass sich das heute Abend falsch und nicht richtig anfühlt“, ohne zu erläutern, worin wohl der Unterschied zwischen „falsch“ und „nicht richtig“ liegen könnte. Anschließend ging er dazu über, Möglichkeiten zur Schließung der Haushaltslücke ins Spiel zu bringen, die allesamt auf dem Tisch gelegen haben sollen, und beeilte sich, den Zusschauern die beste dieser Möglichkeiten vorzustellen: „Und die größte wäre wahrscheinlich gewesen, der Ukraine weitere Unterstützung zu geben; das wäre die richtige Antwort auf den Beginn des Tages, auf die Wahl von Donald Trump gewesen.“

Wer das nicht unmittelbar verstehen kann, hat meine volle Sympathie. Die finanzielle Lücke im Bundeshaushalt zu schließen, indem man der Ukraine weitere Mittel zuweist als richtige Antwort auf die Wahl von Donald Trump, ist doch eine etwas gewagte Variante ordnungsgemäßer Buchführung, aber immerhin liegt er auf einer Linie mit Olaf Scholz und wird beispielsweise vom Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses, dem SPD-Politiker Michael Roth, unterstützt, der Trump gerne mitteilen möchte: „Wir sind bereit, die komplette Unterstützung der Ukraine finanziell zu schultern.“ Mit „Wir“ scheint er uns zu meinen, die deutschen Steuerzahler der Gegenwart und Zukunft, woher sonst sollte er auch das Geld nehmen?

Keiner der drei Experten scheint sich der Mühe des Rechnens unterzogen zu haben. Das in Kiel ansässige „Institut für Weltwirtschaft“ hat uns die nötigen Zahlen schon im Oktober 2024 mitgeteilt. „Schätzungen des IfW Kiel auf Basis der bisherigen Hilfen zeigen, dass sich diese bei gleichbleibenden Anstrengungen der westlichen Geber im nächsten Jahr auf etwas über 100 Milliarden Euro belaufen würden – davon fast 59 Milliarden Euro an militärischen und etwa 54 Milliarden Euro an finanziellen Zuweisungen.“ Die Summe aus 59 Milliarden und 54 Milliarden ergibt meines Wissens 113 Milliarden, auch das kann man als „etwas über 100 Milliarden“ bezeichnen. Und weiter: „Ohne neue Hilfspakete der USA würden die militärischen Hilfen auf rund 34 Milliarden Euro und die finanziellen Hilfen auf rund 46 Milliarden Euro sinken“, das sind in der Summe 80 Milliarden Euro. Da noch immer 113 – 80= 33 gilt, würden also in dem von den politischen Geistesgrößen unterstellten Szenario schlankerhand 33 Milliarden Euro an Unterstützungsgeldern fehlen, die selbstverständlich aus deutschen Kassen ausgeglichen werden sollen. Aus Kassen, die schon jetzt mit sinnlosen und ideologisierten Ausgaben derart überlastet sind, dass diese Karikatur einer Regierung nicht in der Lage war, die Haushaltslücken zu schließen, weil keiner seine liebsten traumtänzerischen Projekte auf dem Altar der Realität opfern wollte. Und als Lösung des Problems teilt man uns mit, man müsse noch einmal 33 Milliarden hinzufügen, dann werde alles besser. 33 Milliarden, die selbstverständlich über neue Schulden herbeigeschafft werden müssten, mit denen man nachfolgende Generationen belasten kann – das nenne ich echte Nachhaltigkeit.

Solche Leute regieren dieses Land seit fast drei Jahren. Solche Leute wollen uns vorschreiben, wie wir zu leben und zu wirtschaften haben. Bis Weihnachten will unser eher formatarmer Kanzler noch wichtige Gesetzesvorhaben durch den Bundestag bringen und er hat an die Opposition appelliert, sich diesem Vorhaben nicht zu verschließen, da seine eigene Mehrheit der Vergangenheit angehört. Die FDP hat schon lange jede Existenzberechtigung verloren. Sollte die Unionsfraktion jetzt noch irgendwelchen Entwürfen dieser Regierung zustimmen und sich damit Scholzens pseudomoralischem Unterwerfungsversuch beugen, ist sie keinen Deut besser und hat das gleiche Schicksal verdient. Doch von einem Friedrich Merz ist nicht viel zu erwarten.

Margaret Thatcher soll gesagt haben, das Problem der Sozialisten sei, dass ihnen irgendwann das Geld anderer Leute ausgehe. Deutsche Öko-Sozialisten sind da noch etwas gründlicher. Das Geld der anderen Leute ist ihnen schon lange wegen permanenter Verschwendung ausgegangen, jetzt müssen sie den bereits bestehenden Schulden noch weitere hinzufügen und so tun, als würden sie damit den Haushalt konsolidieren.

„Am Ende wird alles gut,“ schrieb der österreichische Dichter Ernst Ferstl. „Leider befinden wir uns erst am Anfang vom Ende.“ Wie sich allerdings aus diesem Anfang noch ein gutes Ende entwickeln soll, bleibt Menschen wie mir, die nicht über den geistigen Horizont wie Scholz, Habeck oder Roth verfügen – von Baerbock will ich gar nicht erst reden – ein Rätsel.

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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Thomas Rießinger ist promovierter Mathematiker und war Professor für Mathematik und Informatik an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Neben einigen Fachbüchern über Mathematik hat er auch Aufsätze zur Philosophie und Geschichte sowie ein Buch zur Unterhaltungsmathematik publiziert.

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