Polizei und Staatsanwaltschaft zeigen in Deutschland zuweilen wenig Ermittlungseifer, wenn es um Clan-Kriminalität geht. Oder tätliche Angriffe auf kritische Journalisten. Ganz anders verhält es sich im Umgang mit Menschen, die der Corona-Politik kritisch gegenüber stehen und als „Corona-Leugner“ von den Medien diffamiert werden. Aktuell laufen Ermittlungen gegen eine Ärztin aus Sachsen. Der Vorwurf: Sie soll „falsche Corona-Atteste“ ausgestellt und dafür Geld kassiert haben. Parallel fanden auch in anderen Bundesländern Durchsuchungsaktionen der Polizei bei Menschen statt, die im Verdacht standen, Unterstützer der Ärztin zu sein. Oder für Atteste von ihr gezahlt zu haben.
Bemerkenswert ist, dass die „Tagesschau“ über die Aktion berichtet. Die Redaktion, die sonst gerne mal massive Straftaten als „nicht bundesweit relevant“ verschweigt, wenn die Tatverdächtigen nicht in ihr politisches Beuteschema passen. Bemerkenswert auch die Ungenauigkeit der Meldung. Dass die Polizei die Wohnungen von Unterstützern der Ärztin durchsuchte, ist keine ungenaue Formulierung von mir. Es steht so auf der Seite der Tagesschau. Dass allein schon die Unterstützung zu solchen massiven polizeilichen Eingriffen führen kann, ist etwas, was man eher in autoritären Staaten erwartet als in Rechtsstaaten.
Insgesamt hat die Polizei – offenbar in Ermangelung wichtigerer Aufgaben – sage und schreibe 84 Objekte in mehreren Bundesländern durchsucht, so die „Tagesschau“. Der Aufwand an Personal und damit auch Steuergeldern war gewaltig: Insgesamt 225 Beamte waren an der Aktion in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Brandenburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg beteiligt. Offenbar ist der frühere Personalmangel bei den Ordnungshütern Vergangenheit, und man kann wieder aus dem Vollen schöpfen. Zumindest, wenn es gegen die „richtigen“ Verdächtigen geht.
Schlampige Formulierungen
Im Visier stehe dabei die Medizinerin, die „unrichtige Gesundheitszeugnisse“ ausgestellt haben soll. Auch hier formuliert die „Tagesschau“ wieder bemerkenswert. Denn bei 84 Durchsuchungen frage ich mich, ob hier wirklich die Ärztin im Zentrum der Ermittlungen steht – oder es doch ein breiteres Zentrum – also Ziel der Ermittlungen – gibt. Laut Polizei soll die Ärztin „Gefälligkeitsatteste“ über Unverträglichkeiten beim Tragen von Masken ausgestellt oder „ein unbegrenztes Impfverbot“ bescheinigt haben – was auch immer darunter zu verstehen ist. Offenbar sind Impfunfähigkeitsbescheinigungen gemeint, und es wurde im Eifer des Gefechts schlampig formuliert.
Der Bericht verwendet Redewendungen, wie man sie sonst eher bei handfesten Gangstern anwendet: „Es sei davon auszugehen, dass die Beschuldigte in mehreren Bundesländern agierte.“ Das Verbrechen: Sie soll auf Sammelterminen Atteste im Minutentakt ausgehändigt haben, zu einem Mindestpreis von 25 Euro. Weiter schreibt die Tagesschau: „Die Termine erfolgten in Zusammenarbeit mit Heilpraktikern, teilweise sogar mit Bestattungshäusern. Sie stellten der Beschuldigten gegen Gewinnbeteiligung ihre Räumlichkeiten zur Verfügung und übernahmen die Organisation der Termine.“
Sodann teilen die öffentlich-rechtlichen Journalisten mit: „Für die Atteste soll die Ärztin Geld verlangt“ haben. Soweit mir bekannt ist, verlangen die meisten Ärzte für Atteste Geld. Weil das ihre Arbeit ist. Weiter heißt es, die Frau soll rund 60.000 Euro eingenommen haben. Schon im März 2022 seien ihre Wohn- und Geschäftsräume untersucht worden.
Ermittelt wird dem Bericht zufolge auch gegen vier Bedienstete der Polizei Sachsen, die sich „mutmaßlich unrichtige Atteste“ ausstellen ließen.
Auch hier übernimmt die „Tagesschau“ völlig unkritisch das Narrativ von Politik und Justiz. Auf die Idee, dass jemand vielleicht wirklich ein Problem mit dem Tragen von Masken hat – beispielsweise ein psychisches – wenn er die Mühe auf sich nimmt, sich ein Attest zu beschaffen, scheinen die Gebührenjournalisten nicht zu kommen. Sie schreiben: „Bei den Durchsuchungen am Donnerstag wurden insgesamt 317 mutmaßlich unrichtige Atteste sichergestellt.“
Lauter Ärzte mit Jura-Ausbildung?
Erstaunlich, dass die Journalisten und Ermittler offenbar medizinische Atteste aus dem Stegreif beurteilen können. Noch erstaunlicher macht dies der Umstand, dass das Bayerische Oberste Landesgericht mit einem Urteil vom 18. Juli 2022 (Az. 203 StRR 179/22) feststellte, dass Atteste auch dann nicht per se ungültig sind, „wenn sie telefonisch oder per E-Mail angefordert wurden, also ohne vorherige körperliche Untersuchung durch den Arzt.“
Bei Krankschreibungen hat die Politik genau das selbst durchgesetzt. Bei anderen Attesten, die ihr nicht in den Kram passten, versucht sie, es zu kriminalisieren.
Erstaunlich ist, dass in keinem Satz in dem Bericht die Verhältnismäßigkeit des Polizeiansatzes auch nur zaghaft in Frage gestellt wird. Gar nicht zu reden von der Frage, ob hier Einschüchterung betrieben wird.
Ein Anfangsverdacht, dass die Justiz hier zu politischen Zwecken instrumentalisiert wird und sich über die Behandlungsfreiheit von Ärzten erhebt, ist zumindest nicht von der Hand zu weisen. Ebenso wie der Anschein, dass ihr öffentlich-rechtliche Journalisten dabei willfährig zur Hand gehen. Stellen Sie sich mal vor, die Polizei-Aktion hätte sich gegen Clan-Kriminalität gerichtet. Ob da nicht prompt ein Rassismus-Vorwurf aus den Anstalten gekommen wäre?
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