Von Daniel Weinmann
Sie werden vernachlässigt, geschlagen, psychisch misshandelt und sexuell missbraucht: Kinder und Jugendliche sind hierzulande zunehmend Opfer von Gewalt. Im vergangenen Jahr haben die Jugendämter in Deutschland laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) rund 62.300 solcher Fälle von Kindeswohlgefährdung festgestellt.
Auch langfristig hat sich die Zahl der Kindeswohlgefährdungen erhöht: In den Jahren von 2012 bis 2022 betrug der Anstieg rund 24.000 Fälle beziehungsweise 63 Prozent:
79 Prozent der betroffenen Kinder waren jünger als 14 Jahre, fast jedes Zweite (47 Prozent) sogar jünger als acht Jahre alt. Während Jungen bis zum Alter von elf Jahren etwas häufiger von einer Kindeswohlgefährdung betroffen waren, traf dies ab dem zwölften Lebensjahr auf die Mädchen zu.
Eine Kindeswohlgefährdung liegt laut Statistischem Bundesamt vor, wenn eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls eines Kindes droht oder bereits eingetreten ist. Die Crux: Kindeswohlgefährdung ist schwer zu beweisen, wenn es keine eindeutigen Anhaltspunkte für eine Vernachlässigung oder Misshandlung gibt oder sich das Kind aus Angst nicht äußert oder nicht äußern kann.
„Mehr als jedes vierte Kind wurde körperlich misshandelt“
Die meisten Minderjährigen wuchsen bei alleinerziehenden Müttern oder Vätern (42 Prozent) oder bei beiden Eltern gemeinsam (38 Prozent) auf, zehn Prozent bei einem Elternteil in neuer Partnerschaft und weitere neun Prozent in einem Heim, bei Verwanden oder in einer anderen Konstellation. Knapp die Hälfte der betroffenen Jungen und Mädchen nahm zum Zeitpunkt der Gefährdungseinschätzung bereits eine Leistung der Kinder- und Jugendhilfe in Anspruch.
In den meisten Fällen (59 Prozent) hatten die Behörden Anzeichen von Vernachlässigung festgestellt. In über einem Drittel (35 Prozent) gab es Hinweise auf psychische Misshandlungen. In 27 Prozent der Fälle wurden Indizien für körperliche Misshandlungen und in fünf Prozent Anzeichen für sexuelle Gewalt gefunden.
Laut den Jugendämtern gab es darunter auch Fälle, bei denen die Betroffenen mehrere dieser Gefährdungsarten – also Vernachlässigungen, psychische Misshandlungen, körperliche Misshandlungen oder sexuelle Gewalt – gleichzeitig erlebt hatten. 2022 traf dies auf mehr als jeden fünften Fall (22 Prozent) von Kindeswohlgefährdung zu. Dieser Anteil ist seit 2015 stetig gewachsen, damals hatte er noch bei 16 Prozent gelegen.
„Ampel versagt bei der Kindergrundsicherung“
Eine abschließende Beurteilung, wie sich die Corona-Pandemie – etwa durch die allgemeinen Kontaktbeschränkungen, Lockdowns oder das Homeschooling – auf die Entwicklung der Kinderschutzfälle ausgewirkt hat, sei zurzeit noch schwierig, schreiben die Statistiker.
Überhaupt bleibt die Frage offen, wo die Ursachen liegen. Eine Aufschlüsselung, etwa nach dem Bildungsniveau oder dem sozialen Umfeld liegt nicht vor. Ebenso unklar ist, aus welchen Schichten die Betroffenen kommen und welche finanziellen Ressourcen sie haben. Aufschlussreich wäre auch zu erfahren, ob Kinder in Familien mit Migrationshintergrund häufiger misshandelt werden? Ein wesentlicher Grund liegt wahrscheinlich in den schwieriger gewordenen gesellschaftlichen Bedingungen. Müssen etwa beide Elternteile arbeiten, um das Einkommen zu sichern und teils mit Sprachbarrieren und Integrationsdefiziten kämpfen, können belastende Situationen entstehen. Die Destatis-Statistik ist insofern zwar nützlich, aber bestenfalls als Ausgangspunkt, zumal die Dunkelziffer erschreckend hoch sein dürfte.
Vernachlässigt werden nicht nur die Kinder selbst, sondern auch die Therapieeinrichtungen für traumatisierte Kinder und Jugendliche. Die Ampelkoalition setzt ihre Prioritäten lieber in anderen Bereichen – abzulesen auch an der Unfähigkeit, sich auf eine ordentliche Kindergrundsicherung zu verständigen, obwohl sie im Koalitionsvertrag steht.
„Wir entdecken viel, aber wir können den Kindern nicht gerecht werden, wenn sie nicht Wochen, sondern Monate auf eine Therapie warten müssen“, mahnt Oberärztin und Rechtsmedizinerin Dragana Seifert. Die Erfahrung zeigt, dass Kinder nicht nur körperliche Gewalt erleben, sondern auch gesundheitliche Vernachlässigung. „Ein Kind, das noch mitten in der Entwicklung steckt, hat diese Zeit nicht.“
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Bild: I T S/ShutterstockNamentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.
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