Von reitschuster.de
Was ist unsichtbar und stinkt nach Kuh? Ein Rinderfurz! An diesen leicht abgewandelten Klassiker von Otto Waalkes mag manch einer gedacht haben, als er den neuesten Vorschlag von Dirk Messner zur Rettung des Weltklimas vernommen hat. Um dieses vermeintliche Problem sichtbar zu machen, fordert der Chef des Umweltbundesamts allen Ernstes eine neue CO2-Steuer auf die Ausdünstungen von Rindern. Im Podcast Jung & Naiv bezeichnete Messner es nur als „folgerichtig“, die Landwirte für die von ihnen bzw. ihrem Milchvieh verursachten Emissionen zahlen zu lassen.
Pupsende und rülpsende Kühe als Klima-Killer? Natürlich nicht und das weiß selbstverständlich auch Dirk Messner, der sogleich auch damit rausrückt, worum es ihm bei seinem Vorschlag wirklich geht: Die Deutschen müssen nach Meinung des Politikwissenschaftlers an „fleischlose Kost gewöhnt“ werden. Im Gegenzug zur höheren Besteuerung von Rindfleisch plädiert der Leiter des Umweltbundesamts für die Schaffung von „Anreizen“ für vegetarische Ernährung und die Umstellung auf fleischlose Speisekarten in Kantinen und Restaurants. Messner kann sich dabei unter anderem vorstellen, die „richtige“ Ernährungsweise mit einer vollständigen Steuerbefreiung zu belohnen: „Wir haben eine Steuerreform vorgeschlagen, um die Steuer für nicht fleischliche Lebensmittel auf null Prozent zu setzen.“
Auf Twitter verteidigte Messner seinen Gaga-Vorschlag: „In Deutschland gehen zwei Drittel der Treibhausemissionen unserer Ernährung auf den Konsum von Fleisch, Wurst und Milchprodukten zurück.“ Dass diese wiederum aber nur einen verschwindend geringen Bruchteil an der Gesamtheit aller Emissionen ausmachen, ließ der Behördenleiter dagegen unerwähnt.
Unwissenschaftlicher Ansatz und Verbreitung grüner Ideologie
In der BILD gingen zahlreiche Bauernvertreter auf die Barrikaden. Reinhard Jung von den Freien Bauern kritisierte: „Der Ansatz von Messner ist völlig unwissenschaftlich. Dahinter steht die grüne Ideologie, unsere Nutztierhaltung zu dezimieren.“ Sein Kollege Jann-Harro Petersen versucht, dem Chef des Umweltbundesamts zu erklären, was es mit den furzenden Kühen auf sich hat: „Die Menschen und Tiere, die wir ernähren, können gar nicht mehr Treibhausgase ausstoßen als die Pflanzen, die wir anbauen, vorher durch Photosynthese gebunden haben. Das ist ein Kreislauf.“ Steuern auf Kohle und Diesel könne er nachvollziehen, versichert Petersen. „Aber wenn Messner das Rülpsen und Pupsen von Rindern kostenpflichtig machen will, ist es nur noch ein kleiner Schritt, bis wir demnächst auch für unsere Atmung bezahlen müssen“, warnt der Milchviehhalter aus Schleswig-Holstein vor dem, was da womöglich als nächstes auf uns zukommen könnte.
Dirk Messner hält die Landwirtschaft und insbesondere die Milchviehhaltung offenbar für einen der gefährlichsten Klima-Killer, zumindest beteiligt er sich sehr aktiv an der Verbreitung dieses wissenschaftlich nicht haltbaren Narrativs. Um die bis zum Jahr 2050 angestrebte Klimaneutralität zu erreichen, müsse der Fleischkonsum hierzulande um mindestens 50 Prozent sinken, behauptet der Chef des Umweltbundesamts. Darüber hinaus müssten die von der Landwirtschaft verursachten CO2-Ausstöße in Zukunft „durch negative Emissionen aus anderen Bereichen“ kompensiert werden. Den Angaben seiner Behörde zufolge seien die landwirtschaftlichen Emissionen im Jahr 2021 zwar schon um zwei Prozent zurückgegangen, man müsse sich aber auch weiterhin hohe Ziele stecken, so Messner.
Wissenschaftliche Studien widerlegen Mythos von der Kuh als Klima-Killer
Auch wenn sich die Rülpser und Fürze einer Kuh im Laufe eines Jahres auf einen Methan-Ausstoß von 100 Kilogramm summieren und dies den CO2-Emissionen von 15.000 – 20.000 Auto-Kilometern entspricht, handelt es sich dabei um einen theoretischen Wert. Anders als es grüne Ideologen darzustellen versuchen, „produzieren“ Rinder aber keine zusätzlichen Klimagase, sondern sind vielmehr Teil des von Landwirt Petersen bereits angesprochenen natürlichen Kreislaufs.
Der Agrarwissenschaftler Prof. Dr. Frank Mitloehner von der University of California hat sich im Rahmen einer umfangreichen Studie mit diesem Thema auseinandergesetzt. In vergleichsweise einfachen Worten fasst der Experte seine Ergebnisse wie folgt zusammen: „Die in den Pflanzen gebundenen Kohlenstoffe werden von Milchkühen und Rindern gefressen und ernährungsphysiologisch genutzt. Das dann bei der Verdauung entstehende Methan (CH4) geht wiederum in den Kreislauf und beginnt sich abzubauen. In der Atmosphäre baut sich Methan über einen Zeitraum von neun bis zwölf Jahren zu Kohlendioxid (CO2) und Wasser (H2O) ab. Das auf diese Weise entstehende (sogenannte geobiosphärische) CO2 wird von den Pflanzen mit Hilfe von Sonnenlicht im Rahmen der Photosynthese zu Kohlenhydraten (Zellulose, Stärke und Glukose) umgewandelt und es entsteht freiwerdender Sauerstoff.“
Im Gegensatz zu Dirk Messner hält Prof. Dr. Frank Mitloehner eine klimaneutrale Landwirtschaft auch mit Viehhaltung für möglich, zum Beispiel, wenn das in Gülle enthaltene Methan als Biogas oder Treibstoff genutzt wird. Außerdem weist der Wissenschaftler darauf hin, dass Methan nicht gleich Methan sei. Anders als etwa beim Methan aus fossilen Energieträgern handele es sich beim von Kühen ausgestoßenen Methan um ein Recyclingprodukt. „Es macht einen erheblichen Unterschied, ob ein Kohlenstoff, etwa aus der Öl- und Gasgewinnung zuvor hundert Millionen Jahre gebunden war. Die Emissionen einer Kuh sollten daher nie mit denen eines Autos verglichen werden“, wie Mitloehner erklärt.
Bild: ShutterstockText: reitschuster.de
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