Von Christian Euler
Trotz – oder gerade wegen – Corona: Nie wurde so viel auf die hohe Kante gelegt wie heute. Um 585 Milliarden Euro kletterten die Kontoguthaben in der Eurozone laut einer Analyse des Hamburger FinTech-Unternehmens Deposit Solutions im vergangenen Jahr – ein rund 200 Milliarden Euro höherer Anstieg als 2019. Zum ersten Mal überhaupt wurde die Marke von einer halben Billion Euro überschritten. Allein hierzulande sind die Privatvermögen 2020 auf einen Rekordwert von 7,1 Billionen Euro gewachsen.
Kino- und Konzertbesuche fallen aus, Reisen sind kaum möglich, hinzu kommt die Angst vor dem Jobverlust. „Der sinkende Konsum und ein anhaltend unsicheres wirtschaftliches Umfeld haben dazu geführt, dass die Menschen mehr Geld auf ihren Konten haben als je zuvor“, bringt es Deposit Solutions-Chef Tim Sievers auf den Punkt.
Spar-Europameister sind die Franzosen mit 2200 Euro pro Kopf, Deutschland folgt mit 1800 Euro auf Platz zwei. Die Crux: Die Bankguthaben werden zwar immer größer, doch landen sie größtenteils auf Tagesgeld-, Festgeld- und anderen Sparkonten. Doch dort sind die Zinsen so niedrig, dass die Renditen nach Abzug der Inflation teils negativ sind. Die Folge: die Ersparnisse schrumpfen kontinuierlich. Schon 2019 verloren deutsche Sparer auf diese Weise 30 Milliarden Euro.
Mehr noch: Immer mehr Finanzinstitute verlangen angesichts der ultraniedrigen Zinsen Strafzinsen. Wegen der sinkenden Zinsmarge, dem größten Renditebringer der Banken, schließt auch der Ostdeutsche Sparkassenverband (OSV) nicht aus, dass Kunden für Sparkassen-Leistungen künftig mehr zahlen müssten. Der reiche Geldsegen ist entgegen weitverbreiteter Ansichten nämlich selbst für die Banken kein Grund zur Freude. Denn die müssen für die Spareinlagen bei der Europäischen Zentralbank Negativzinsen zahlen.
Die Sparkassen beklagen sich bereits, „geradezu mit Ersparnissen geflutet“ zu werden, wie Michael Ermrich, Präsident des OSV, unterstreicht. Dazu passt eine aktuelle Untersuchung des Verbraucherportals Biallo.de von knapp 1.300 Banken und Sparkassen. Danach verlangen mittlerweile 322 Institute Negativzinsen im Privatkundenbereich, bei Firmenkunden sind es 379 Geldhäuser.
US-Bürger verdienen an der Börse – während viele Deutsche ihren Ersparnissen beim Schrumpfen zusehen
Dass man nicht zwangsläufig dem Abschmelzen seiner Ersparnisse ausgeliefert sein muss, zeigen die Vereinigten Staaten. Die Amerikaner dokumentieren eine gänzlich andere Sicht, was man aus dem Lockdown machen kann, und stecken kurzerhand einen großen Teil der anstehenden Corona-Schecks, die sich auf rund 400 Milliarden Dollar belaufen, in Aktien.
US-Präsident Joe Biden plant, mit einem 1,9 Billionen Dollar schweren Corona-Hilfspaket die USA aus der Krise zu führen. Dazu gehören Direktzahlungen von bis zu 1.400 Dollar an die meisten Amerikaner, eine wöchentliche Erhöhung der Arbeitslosenunterstützung um 300 Dollar bis September und eine Ausweitung der Kindersteuergutschrift für ein Jahr. Ausgenommen sind US-Bürger, die mehr als 80.000 Dollar im Jahr verdienen, sowie Paare mit einem gemeinsamen Jahresgehalt von mehr als 160.000 Dollar. Aperçu am Rande: Bidens Name wird laut der Pressesprecherin des Weißen Hauses nicht auf den Schecks erscheinen – im Gegensatz zu den Schecks der US-Regierung unter Donald Trump.
Eine Online-Umfrage der Deutschen Bank unter 430 Anlegern ergab, dass rund 50 Prozent der Befragten zwischen 25 und 34 Jahren planen, die Hälfte ihrer Fördergelder in Aktien zu investieren. Die 18- bis 24-Jährigen, die an der Umfrage teilnahmen, planten, 40 Prozent eines eventuellen Konjunkturschecks für Aktien zu verwenden, während die 35- bis 54-Jährigen 37 Prozent ihres Schecks für Börseninvestments nutzen wollen. Unter dem Strich dürften so satte 170 Milliarden Dollar an die Märkte fließen – und zu weiteren Kurssteigerungen führen.
Bild: Dora Biro/Shutterstock
Text: ce
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