Trotz aller Vorschuss-Lorbeeren: Auch der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) kann Panne. Wie seine ebenso berüchtigte wie überforderte Vorgängerin Christine Lambrecht. Die von einem Fettnäpfchen zum nächsten stolperte. Soweit ist ihr Genosse mit dem russischen Vornamen noch nicht. Aber was gerade unter seiner Verantwortung in der Bundeswehr vor sich geht, lässt so manchen Schildbürgerstreich harmlos erscheinen.
1,3 Milliarden Euro hat der Bund für moderne Funkgeräte ausgegeben, mit denen die Truppe endlich modern werden soll in Sachen Kommunikation und die Nato-Vorgaben erfüllen. Dazu kommt noch einmal eine Option auf Funkgeräte für weitere 1,5 Milliarden Euro. Einziges Problem: „Eingebaut werden können die Geräte auf lange Sicht nicht“, wie die „Welt“ schreibt, sicherheitshalber hinter einer Bezahlschranke – so dass es nicht allzu viele Leser mitbekommen. Nicht ohne Grund: Es ist ein Rüstungsdesaster, das seinesgleichen sucht. Denn was bringt das beste Funkgerät, wenn es sich nicht in das Fahrzeug einbauen lässt, für das es vorgesehen ist.
Dabei klang in der Werbung alles so wunderbar. In den Einsatzszenarien der Zukunft, so schrieben es die Öffentlichkeitsarbeiter der Bundeswehr laut „Welt“, müssten die deutschen Landstreitkräfte mit ihren Partnern in der Nato digital vernetzt sein, „um gemeinsam agil und effizient auf dem Gefechtsfeld operieren zu können“. Dafür brauche es technische Lösungen, die sich „bruchfrei und problemlos mit den Systemen und Strukturen der Nato und ihrer Verbündeten koppeln lassen“.
Pustekuchen.
Die Realität sieht anders aus. Der Bund arbeitet mit musealer Funktechnik. Ein Nato-Offizier klagte einmal im Gespräch mit mir, bei den gemeinsamen Manövern müssten alle anderen Armeen ihre moderne, digitale Funkausrüstung auf primitivstes, analoges Niveau herunterregeln, das jeder abhören könne – weil sonst die Deutschen nicht mit eingebunden werden könnten. So wurde die Bundeswehr schon lange zur Lachnummer in der Nato.
Jetzt wird der Spott noch größer.
Zuerst fehlte lange das Geld, und erst dank den als „Sondervermögen“ getarnten 100 Milliarden Euro Schulden für die Verteidigung konnte eine zweistellige Milliardensumme für digitale Kommunikation eingeplant werden. Unter anderem für 34.000 Fahrzeuge des Heeres, vom Transportfahrtzeug über den Geländewagen bis hin zum Panzer.
Kaum war der Auftrag erteilt, lieferte Hersteller Rohde & Schwarz die Geräte. Nur blöd: Sie passen nicht. „Seit Januar laufen Monat für Monat Funkgeräte zu – um dann in Depots eingelagert zu werden. Wie viele nagelneue Geräte derzeit ungenutzt in den Regalen liegen, hat das Ministerium als vertraulich eingestuft. Eingebaut worden ist jedenfalls noch keines“, schreibt die „Welt“.
Grund der Misere: „In den zuständigen Abteilungen des Verteidigungsministeriums und des nachgeordneten Bundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung hat sich offenbar niemand um die Detailfrage der Montage gekümmert – jedenfalls nicht rechtzeitig und abgestimmt“, so die „Welt“: „Es geht um Adapterplatten, zu geringe Batteriekapazitäten, zu kleine Lichtmaschinen – und das alles für mehr als 100 unterschiedliche Fahrzeugtypen. Selbst dürften die Soldaten die Funkgeräte nicht einbauen, heißt es aus der Industrie, dann würden die Garantieansprüche erlöschen.“
Das Fazit des Blatts: „Mit anderen Worten: Wer wie etwas macht und vor allem wann die neue Technik einsatzbereit in die Fahrzeuge integriert sein wird, steht in den Sternen.“
Bloß keine Verantwortung
Umso mehr versucht das Ministerium, das Desaster schön zu reden. Das „sehr herausfordernde Projekt“ werde „konsequent und mit entsprechender Dringlichkeit fortgeführt“, lässt das Amt von Pistorius dem Bericht zufolge mitteilen. Wer federführend für die Fehlplanung verantwortlich ist, wollte man dagegen nicht sagen: „Es gilt das bewährte Prinzip der Verantwortungsdiffusion“, so die „Welt“. Eine Erscheinung, die heutzutage allgegenwärtig ist: Bloß keine Verantwortung übernehmen.
Dafür geht alles seinen Amtsweg. So ist dem Bericht zufolge „aus dem Haushaltsausschuss zu hören, dass Anfang nächsten Jahres erste Musterintegrationen erfolgen könnten.“ Zuvor müssten allerdings die nötigen Verträge geschlossen werden. Erst anschließend könne es dann in die Serienintegrationen gehen. „Es ist absehbar, dass dieses Mammutprojekt für die Division 2025 zu spät kommt“, schreibt das Blatt: „Niemand weiß, ob es überhaupt erfolgreich abgeschlossen werden kann.“
Einsatzfähigkeit ungeklärt
Die Absurditäten gehen noch weiter. Ausgerechnet ein Haushaltspolitiker der SPD, Andreas Schwarz, übt nun Kritik an der eigenen Regierung – so als stelle seine Partei nicht Kanzler und Verteidigungsminister. Es sei ihm unverständlich, wieso der Auftrag ausgelöst worden sei, obwohl „die Frage der Integration und der multinationalen Einsatzfähigkeit immer noch nicht geklärt ist“, so Schwarz zur „Welt“. Da sollte er vielleicht mal die eigenen Genossen fragen.
Die düstere Prognose von Schwarz: „Das wird auch noch Jahre dauern. Wir geben hier Milliarden für Funkgeräte aus, die voraussichtlich im Regal verstauben und bei der Truppe wahrscheinlich lange nicht zum Einsatz kommen.“
Besonders absurd: Die Direktvergabe des Auftrags an Rohde & Schwarz ist juristisch fragwürdig und wurde vom französischen Konkurrenten Thales juristisch angefochten. Pistorius‘ Vorgängerin Christine Lambrecht (SPD) hat extra Änderungen im Vergaberecht durchgesetzt mit der Ausnahmebegründung, „dass es aufgrund einer Gefährdung der nationalen Sicherheit durch den Ukraine-Krieg besonders schnell gehen müsse“, so die „Welt“: „Dieses Ziel, so viel lässt sich sagen, haben Verteidigungsministerium und Beschaffungsamt dramatisch verfehlt.“
Unter Beschuss – aber umso wichtiger ist Ihre Unterstützung!
„Verschwörungsideologe“, „Nazi“ oder „rechter Hetzer“: Als kritischer Journalist muss man sich heute ständig mit Schmutz bewerfen lassen. Besonders aktive dabei: die öffentlich-rechtlichen Sender. Der ARD-Chef-Faktenfinder Gensing verklagte mich schon 2019, der Böhmermann-Sender ZDF verleumdete mich erst kürzlich als „Verbreiter von Verschwörungserzählungen“ – ohne einen einzigen Beleg zu benennen, und in einem Beitrag voller Lügen. Springer-Journalist Gabor Steingardt verleumdete mich im „Focus“, für den ich 16 Jahre lang arbeitete, als „Mitglied einer Armee von Zinnsoldaten“ und einer „medialen Kampfmaschine“ der AfD. Auf Initiative des „Westdeutschen Rundfunks“ wurde ich sogar zur Fahndung ausgeschrieben. Wehrt man sich juristisch, bleibt man auf den Kosten in der Regel selbst sitzen. Umso wichtiger ist Ihre Unterstützung. Auch moralisch. Sie spornt an, weiter zu machen, und nicht aufzugeben. Ich danke Ihnen ganz herzlich dafür, dass Sie mir mit Ihrem Beitrag meine Arbeit ermöglichen – ohne Zwangsgebühren und Steuergelder.
Aktuell sind (wieder) Zuwendungen via Kreditkarte, Apple Pay etc. möglich – trotz der Paypal-Sperre: über diesen Link. Alternativ via Banküberweisung, IBAN: DE30 6805 1207 0000 3701 71. Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut.
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