Von Kai Rebmann
Christian Drosten ist zweifelsohne einer der größten Gewinner der sogenannten „Pandemie“. Corona spülte den Wissenschaftler von der medialen Bedeutungslosigkeit auf die Titelseiten aller großen Zeitungen und machte ihn eine Zeit lang zum Dauergast in Talkshows. Wie schon bei der Vogelgrippe 2003 und der Schweinegrippe 2009 gehörte der Charité-Virologe auch im Frühjahr 2020 zu den Stimmen, die als erstes und am lautesten vor Corona warnten. Über die Schweinegrippe sagte Drosten unter anderem: „Bei der Erkrankung handelt es sich um eine schwerwiegende allgemeine Virusinfektion, die erheblich stärkere Nebenwirkungen zeitigt als sich irgendjemand vom schlimmsten Impfstoff vorstellen kann.“ Und auch bei Corona sollte nach der Vorstellung des Professors allein in Deutschland mit mehreren Hunderttausend Toten zu rechnen sein. Immer wenn es in den vergangenen 20 Jahren darum ging, auf möglichst breiter Front Panik wegen eines vermeintlich neuartigen Virus zu verbreiten, tauchte ein Name stets an oberster Stelle auf – der von Christian Drosten.
Wie schon bei der Vogel- und Schweinegrippe, so lag der Virologe auch in Sachen Corona falsch. Eine mögliche Motivation für seinen unverbesserlichen Hang zum Alarmismus lieferte der junge Christian Drosten bereits im Jahr 2004, nur wenige Monate nach dem damaligen Auftauchen der Vogelgrippe-Variante H7N7. „Eine spektakuläre Krankheit bringt Gelder für die Forschung, in die sonst vielleicht kein Geld fließen würde“, wird der Charité-Professor im Laborjournal zitiert. Im Verlauf der Corona-„Pandemie“ stieg der Hofvirologe der Bundesregierung zum absoluten Medienliebling auf, jede Art von Kritik an den Worten des „Star-Virologen“ (Bild) galt schon fast als ketzerisch bis blasphemisch.
Erste Kratzer bekam Drostens Image dann im Frühjahr 2022. Nachdem das Interesse an seinem Corona-Podcast immer weiter nachgelassen hatte, wurde dieser im März eingestellt. Wenige Wochen später wurde bekannt, dass Drosten einem Gremium angehört, das die von ihm maßgeblich empfohlenen und von der Bundesregierung weitgehend übernommenen Maßnahmen bewerten soll. Die zunehmende Kritik an dieser absurden Besetzung führte Ende April schließlich zum – offiziell freiwilligen – Rücktritt von Christian Drosten aus dieser Evaluierungskommission. Mitglied im Corona-Expertenrat der Bundesregierung blieb der Charité-Professor zwar weiterhin, trotzdem war es in den vergangenen Monaten von wenigen Ausnahmen abgesehen sehr ruhig um ihn geworden.
„Neue Virusvarianten machen wieder stärker krank“
Jetzt hat Christian Drosten sein Comeback auf der Corona-Bühne gegeben. Auf der Suche nach dem medialen Rampenlicht, rief sich der Virologe in Erinnerung, dass der Herbst vor der Tür steht. Die ideale Zeit also, um vor vermeintlich drohenden Gefahren durch Corona zu warnen. Da aber weder die aktuellen Omikron-Subvarianten noch die 7-Tage-Inzidenzen oder Krankenhausbelegungen eine solide Grundlage für Alarmismus bieten, holt Christian Drosten die Glaskugel aus dem Schrank. Die Menschen werden an neuen Virusvarianten wieder stärker erkranken und deshalb unabhängig von irgendwelchen Isolationsvorschriften nicht zur Arbeit gehen können, prophezeit der Virologe in der Süddeutschen Zeitung. Welche Varianten das sein sollen und ob es irgendwo auf der Welt schon Anzeichen für eine derartige Entwicklung gibt, verriet Drosten dabei aber nicht.
Auch wenn Infizierte vielleicht nicht ins Krankenhaus kämen, seien sehr viele von ihnen eine Woche lang krank. „Wenn es zu viele auf einmal sind, wird es zum Problem“, sagte Drosten mit Blick auf die aus seiner Sicht drohenden Arbeitsausfälle. Dabei wird die aktuelle Situation jedoch völlig ignoriert. Derzeit „erkrankt“ der Großteil der arbeitenden Bevölkerung asymptomatisch an Corona. Dass sie „krank“ sind, wissen viele von ihnen nur aufgrund eines positiven Tests. Wegen Halskratzen oder einer leichten Erkältung wäre bis vor zweieinhalb Jahren kaum jemand zu Hause geblieben. Das hat sich seit Anfang 2020 grundlegend geändert und maßgeblich zu den von Christian Drosten geschilderten Problemen beigetragen.
Drosten fordert stärkere Maßnahmen
Und auch beim Ruf nach möglichst vielen und möglichst strengen Maßnahmen bleibt sich der Hofvirologe treu und liefert der Politik brav die von ihr gewünschten Steilvorlagen. Es brauche im Herbst unbedingt „wieder stärkere Maßnahmen“, appelliert Drosten und nennt die Maskenpflicht in Innenräumen als Beispiel. „Im Notfall braucht es sofortige und durchaus einschneidende Entscheidungen“, wirbt Drosten dafür, den Handlungsspielraum der in Bund und Ländern verantwortlichen Politikern deutlich zu erweitern. Diese Sätze aus dem Munde eines Wissenschaftlers, der eigentlich unabhängig sein sollte, hätten wohl auch von einem Regierungssprecher nicht besser formuliert werden können.
Christian Drosten mag sich zwar in schöner Regelmäßigkeit irren, wenn es um die Einschätzung der Gefährlichkeit verschiedener „Pandemien“ geht, auf den Kopf gefallen ist er aber mit Sicherheit nicht. Und so weiß der Virologe natürlich sehr gut, was zweieinhalb Jahre Coronapolitik im Panik-Modus mit den Menschen in Deutschland gemacht haben. Er geht davon aus, und scheint es fast zu hoffen, dass die Bürger von sich aus die Kontakte zu ihren Mitmenschen reduzieren werden. „Wenn die Menschen merken, dass überall um sie herum Leute krank werden, dann gehen sie vielleicht abends doch nicht mehr raus“, wie der Regierungsberater erklärt. Die (von ihm) im Herbst und Winter zu erwartenden hohen Inzidenzen sowie die zahlreichen Krankheitsfälle im Bekanntenkreis und am Arbeitsplatz würden automatisch dazu führen, dass die Menschen ihr Verhalten ändern, glaubt Drosten.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
Bild: ShutterstockText: kr
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