Von außen sieht man mehr. Moskaus früherer Vize-Regierungschef Alfred Koch wohnt zwar inzwischen in Deutschland – doch sein Blick auf Deutschland ist immer noch in vielem einer von außen. Ich habe den Mann, der sich als „Russlanddeutscher“ in Oberbayern niedergelassen hat, für meine Sendung „Russisch mit deutschem Akzent“ im russischsprachigen Berliner Sender „OstWest“ interviewt (mehr zum Sender finden Sie hier; direkt zum Interview geht es hier). Ich habe das Interview selbst synchron übersetzt für meinen deutschen Youtube-Kanal. Der Mann, der früher ganz oben in der russischen Regierung saß, geht dabei hart mit der deutschen Politik ins Gericht – und beklagt eine fehlende Reife. Ebenso eindeutig ist seine Position zum Konflikt im Nahen Osten: Er wirft der Hamas vor, die eigene Bevölkerung im Stich zu lassen. Und deutsche Journalisten und Politiker hält er für ideologisch geprägt und einseitig. Beim Thema Naher Osten ebenso wie bei Corona. So ist es in seinen Augen Propaganda, wie das schwedische Modell, das Koch flammend verteidigt, in unseren Medien niedergemacht wird.
Koch, der regelmäßig in meinen russischen Sendungen zu Gast ist und den ich auch hier oft erwähne, war von Anfang an ein harter Kritiker der Corona-Maßnahmen. Gleichzeitig ist der Mann, der Putin noch aus gemeinsamen Petersburger Zeiten kennt und heute ein eingefleischter Kritiker des russischen Präsidenten ist, aber auch ein Anhänger der Impfkampagne; im Interview erzählt er auch, dass er sich impfen ließ. Mich haben die Reaktionen darauf sehr überrascht. Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich selbst große Stücke auf Impfungen generell halte, aber höchste Skepsis gegenüber den in meinen Augen hastig entwickelten und nicht ausreichend geprüften Corona-Impfstoffen habe und mich deshalb nicht impfen lassen werde. Dennoch würde mir nie in den Sinn kommen, Gesprächspartner zu zensieren, weil sie eine andere Meinung haben. Oder, wie einige in den Kommentaren fordern, nicht mit Menschen zu sprechen, die eine andere Meinung zur Corona-Impfung haben als ich. Ich werfe genau das den großen Medien und vielen Politikern vor: Dass sie andere Meinungen nicht zu Wort kommen lassen. Und ich werde mich hüten, das umgekehrt genauso zu machen. Und ich bin überzeugt: Die meisten meiner Leserinnen und Leser sehen das genauso und fordern keine „Zensur“ – weil sie souverän genug sind, unterschiedliche Meinungen auszuhalten.
PS: Vielleicht kam es auch bei einigen zu Missverständnissen, weil ich in dem Video simultan beide Gesprächspartner übersetze, und manch einer vielleicht meinte, dass ich selbst mich habe impfen lassen – was dann in der Tat irritierend wäre, weil ich ja aus meiner Skepsis nie einen Hehl gemacht habe. Aber es handelt sich hier nur um die Übersetzung von Kochs Aussage.
Bild: C. Nass/Shutterstock
Text: red
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