Ein Gastbeitrag von Thomas Rießinger
Es ist ein Schwindel, wie üblich.
Jens Spahn, der schon als Bundesgesundheitsminister und kurzzeitiger Berliner Villenbesitzer nicht immer positiv aufgefallen ist, hat dem staunenden Volk verkündet, die CDU werde nach erfolgreichen Neuwahlen und einem noch erfolgreicheren Regierungsantritt das Heizungsgesetz zurücknehmen – um es genau zu sagen: Das vielgeliebte Gebäudeenergiegesetz, mit dem früher oder später Wärmepumpen nicht nur die Heizung der Wahl, sondern die unvermeidbare Heizung nach Vorschrift werden sollen. Ganz neu ist das nicht; schon im Oktober meinte CDU-Generalsekretär Linnemann, man werde „das Heizungsgesetz der Ampel stoppen und den Ausstoß von klimaschädlichen Emissionen über den CO₂-Preis regulieren“.
Sollten führende Unionspolitiker ausnahmsweise etwas gelernt haben? Eher nicht. Werfen wir zunächst einen Blick auf Spahns Bürgernähe. Das übergriffige Heizungsgesetz Habeckscher Herkunft, durch das sich der grüne Staat auf der Basis windiger Klimatheorien in die Heizungskeller der Bürger drängt, will er zurücknehmen, aber natürlich erst nach den Neuwahlen im nächsten Jahr, wenn alles besser geworden ist. Unwillkürlich fragt sich der erstaunte Leser: Mit wem denn? Eine eventuelle Merz-Regierung wird in jedem Fall auf Koalitionspartner angewiesen sein und da auch Friedrich Merz lieber Brandmauern gegen die teuflische Partei der Rechtsabweichler als einen effektiven Grenzschutz aufbaut, dürfte es nicht leicht sein, ohne die altbekannten Inkompetenzparteien von der roten und grünen Seite des politischen Spektrums auszukommen. Merz selbst neigt bekanntlich zu einer gewissen Wendigkeit und würde ohne jedes Zögern eine Koalition mit der Partei des infantilen Totalitarismus eingehen, die man auch manchmal als Grüne bezeichnet. Und im Koalitionsvertrag, den dann auch Robert Habeck unterschreiben würde, soll sich das Vorhaben finden, das Heizungsgesetz zu kassieren? Das ist lächerlich, das ist Wählertäuschung, aber die sind wir von unseren Politikern schon lange gewöhnt.
Heizungsgesetz zu den Akten
Es ginge vielleicht anders. Zu meinem Erstaunen hat ausgerechnet Sahra Wagenknecht eine Alternative vorgeschlagen: Man könne das unsinnige Heizungsgesetz noch vor den Neuwahlen auf den Müllhaufen der Geschichte werfen. „Das Heizungsgesetz ist eines der sinnlosesten und längerfristig für die Bürger teuersten Gesetze der letzten drei Jahre. Es schützt nicht das Klima, sondern steht für die Übergriffigkeit des Staates, bis in den Heizkeller der Bürger hineinregieren zu wollen.“ Ja, wer das Gesetz kassieren wollte, könnte es unter Umständen gleich tun, sofern er am Wohl der Bürger in irgendeiner Weise interessiert wäre. Im aktuellen Bundestag verfügen die Union, die AfD und das BSW über 282 Stimmen; das ist deutlich weniger als die Mehrheit, die bei 367 Stimmen liegt. Neun fraktionslose Abgeordnete gibt es noch, die könnte man fragen. Und noch immer befinden sich FDP-Abgeordnete im Bundestag, 90 an der Zahl, auch wenn man sie in ihrer Eigenschaft als liberale Freunde der Freiheit während der letzten drei Jahre eher selten bemerkt hat. Es wäre immerhin denkbar, dass sie kurz vor den Wahlen doch ein wenig Bürgernähe demonstrieren wollen, nachdem sie bisher die Interessen der Bürger so vollständig ignoriert haben, und deshalb offen wären für die Idee, das Heizungsgesetz zu den Akten zu legen.
Einen Versuch wäre es wert. Er wird nicht stattfinden, da man in der Union die Brandmauer gegen die AfD höher stellt als jede Vernunft und das Wohl des Landes gleichsetzt mit der Laune der rotgrünen Medien. Die Behauptung, es gehe zuerst um das Land und dann um die Partei, war schon immer gelogen und ist es noch heute. Wäre es Spahn ernst mit seiner Ankündigung, müsste er jetzt, vor den Wahlen, für ihre sofortige Umsetzung eintreten. Es wäre ja nicht einmal eine „Zufallsmehrheit“ im neudemokratischen Sinne eines Friedrich Merz, denn zufällig wäre da gar nichts. Niemand zwingt die Union, nach einer erfolgreichen Abschaffung des unsäglichen Heizungsdiktats weiter mit AfD oder BSW zusammen zu arbeiten. Doch die Presse und der öffentlich-rechtliche Rundfunk würden ohne Zweifel über Merz und die Seinen herfallen und das können die armen zarten Seelen nicht verkraften.
Spahns Ankündigung ist somit nichts weiter als großspuriges Wahlkampfgetöse. Und Linnemanns Äußerungen vom Oktober 2024 machen es nicht besser, im Gegenteil. Er will zwar das Heizungsgesetz stoppen, aber dennoch „den Ausstoß von klimaschädlichen Emissionen über den CO₂-Preis regulieren“. Das ist eine großartige Idee. Wie uns die Bundesregierung persönlich mitteilt, sind pro ausgestoßener Tonne des berüchtigten Kohlendioxids derzeit 45 Euro an den Staat zu übergeben, „im kommenden Jahr soll der Preis dann auf 55 Euro steigen“. Und: „Der CO₂-Preis wird in den kommenden Jahren schrittweise steigen. Das wurde schon vor längerer Zeit beschlossen und ist bekannt. Damit haben Bürgerinnen und Bürger Zeit, um auf klimaneutrale Alternativen umzusteigen.“ Schrittweise steigen soll der Preis, so viel erfahren wir, aber wie groß diese Schritte sein werden, verrät uns niemand. Wenn es das Klima oder der öffentlich-rechtliche Rundfunk verlangt, sind wir ganz schnell bei 100 oder 200 Euro oder auch mehr; für den Klimaschutz kann man schließlich den Menschen gar nicht genug aus der Tasche ziehen. Doch für den Bürger, der sein Haus oder seine Wohnung gerne heizen möchte, spielt es keine große Rolle, ob er die Umbauten für die Wärmepumpe oder die ins Astronomische gestiegenen Kosten für Gas oder Öl nicht bezahlen kann. Kalt wird es in jedem Fall. Linnemanns Vorschlag ist nur ein schlichtes Täuschungsmanöver.
Auch von manchem Branchenvertreter hört man Seltsames. So meinte der Chef der Octopus Energy Germany GmbH, die Abschaffung des Heizungsgesetzes sei nicht nur „Genickbruch für eine ganze Branche“, sondern auch „ein harter Schlag für die Verbraucher und Verbraucherinnen“. Sicher, die Kunden haben schon seit Jahren sehnlichst auf die Pflicht zum Einbau von Wärmepumpen gewartet, was man schon daran bemerkt, dass nach Auskunft des ZDF der Absatz solcher Wärmepumpen im Verlauf des Jahres 2024 eingebrochen ist: 500.000 Wärmepumpen sollten nach Ansicht der Bundesregierung in diesem Jahr installiert werden, rechnen kann man mit etwa 200.000. Eine echte Erwartungshaltung der Kundschaft sieht anders aus.
Man muss sich aber die Begründung des Branchenvertreters ansehen, um zu verstehen, wie tief das Niveau in Deutschland gesunken ist. „Wenn die Politik das Heizungsgesetz jetzt kippt, riskieren wir, dass Verbraucher und Verbraucherinnen weiterhin in veraltete Öl- und Gasheizungen investieren. Das würde für die Menschen enorme Folgekosten bedeuten, die sie später zusätzlich schultern müssten. Um nur ein Beispiel zu nennen: Wer heute in eine wasserstofffähige Gasheizung investiert, droht in eine echte Kostenfalle zu tappen. Die steigenden CO₂-Preise und Gasnetzentgelte werden diese Heizungsart in den kommenden Jahren teurer machen. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass die Politik den Menschen hier weiterhin eine klare Orientierung bietet, statt neue Unsicherheiten zu schaffen.“ Eine Argumentation vom Feinsten. Schon die Formulierung, die Menschen, würden in veraltete Öl- und Gasheizungen investieren, zeugt von einem außerordentlich ausgeprägten Realitätsbewusstsein, denn üblicherweise investiert man in neue Öl- oder Gasheizungen auf dem neuesten Stand der Technik; veraltet sind die nur, wenn man unsinnige Gesetze herausbringt.
Immerhin ist er ehrlich: Es sind die steigenden staatlichen Abgaben, die das Heizen mit Öl und Gas verteuern sollen, es ist keineswegs eine Naturnotwendigkeit und liegt durchaus nicht an veralteter Technik, sondern nur an staatlicher Willkür. Um es genauer zu sagen: an grüner Regierungswillkür. Und „deshalb ist es so wichtig, dass die Politik den Menschen hier weiterhin eine klare Orientierung bietet, statt neue Unsicherheiten zu schaffen“? Die „klare Orientierung“ besteht darin, die Menschen ihrer Freiheit im eigenen Heizungskeller zu berauben und ihnen früher oder später eine Technik aufzuzwingen, die mit vielen Gebäuden nicht ohne enormen Kostenaufwand kompatibel ist, wenn überhaupt. Und die „neuen Unsicherheiten“ liefen, wenn sich die Politik endlich einmal zur Vernunft aufraffen könnte, nur darauf hinaus, dass man selbst über die eigene Heizungstechnik entscheiden kann, darf und muss. Wer das als unzumutbar betrachtet, hat sich schon so weit in die regierungsamtliche Propaganda verstrickt, dass er aus eigener Kraft wohl kaum wieder herausfindet.
Es mag ja sein, dass „in 16 Mio. Einfamilienhäusern … erst in den vergangenen Wochen wieder Planungsgewissheit eingekehrt“ ist, wie ein weiterer Branchenvertreter verlauten ließ. Aber welche Art von Gewissheit soll das sein? Es beruhigt nicht wirklich, wenn man mit Gewissheit planen kann, dass das eigene Haus drastisch an Wert verlieren wird, weil es den irrsinnigen Vorschriften nicht mehr genügt.
Den Branchenvertretern kann man keinen allzu schweren Vorwurf machen, sie hegen die Befürchtung, dass ihnen die Felle wegschwimmen und keine Behauptung ist ihnen zu unsinnig, um dieser Gefahr zu begegnen. Dabei besteht sie gar nicht, weil keine derzeitig denkbare Regierungskoalition das verheerende Heizungsgesetz beseitigen würde: Die Politiker sind nicht in der Lage zu vernünftigen Entscheidungen, weil sie es nicht wollen oder es nicht können.
Der Psychiater Viktor Frankl äußerte 1988: „Gefahr droht erst dann, wenn ein politisches System die Unanständigen, also die negative Auslese einer Nation, an die Oberfläche schwemmt.“ So etwas soll in der Geschichte schon vorgekommen sein. Und für die heutige Zeit darf ich ausnahmsweise einmal Karl Marx bemühen: „ Hegel bemerkte irgendwo, dass alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen. Er hat vergessen, hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce.“
Eine Farce ist es vielleicht nicht, was wir derzeit erleben müssen. Aber eine Tragikkomödie mit ungewissem Ausgang wohl schon.
„Wer die Wahrheit sagt, braucht ein schnelles Pferd“
sagt ein altes chinesisches Sprichwort. Bei uns ist es wohl eher ein guter Anwalt – und der kostet Geld. Augsburgs CSU-Oberbürgermeisterin Eva Weber hat mich gerade angezeigt, weil ich es gewagt habe, ihre Amtsführung zu kritisieren. Es geht um mehr als nur diesen Fall. Es geht um das Recht, Kritik an den Mächtigen zu üben, ohne kriminalisiert zu werden. Helfen Sie mir, dieses wichtige Recht zu verteidigen! Jeder Beitrag – ob groß oder klein – macht einen Unterschied. Zusammen können wir dafür sorgen, dass unabhängiger Journalismus stark bleibt und nicht verstummt. Unterstützen Sie meine Arbeit:
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Thomas Rießinger ist promovierter Mathematiker und war Professor für Mathematik und Informatik an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Neben einigen Fachbüchern über Mathematik hat er auch Aufsätze zur Philosophie und Geschichte sowie ein Buch zur Unterhaltungsmathematik publiziert.
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