Von Kai Rebmann
„Die Dürre 2018 bis 2020 war die extremste seit 250 Jahren.“ So berichtete das ZDF am 26. Mai 2022. Diese drei Jahre seien diesbezüglich „historisch“ gewesen und Deutschlands Böden seien deshalb „immer noch zu trocken“. Und endlich stellt das ZDF die erwartbare Frage, um die es im dann folgenden Artikel gehen sollte: „Doch steht uns diesen Sommer [2022] deshalb wieder ein Dürre bevor?“
Die Antwort sollte lauten: Ja! Zumindest, wenn es nach einer bekannten Online-Enzyklopädie geht. Dort werden mit 2003, 2007, 2011 sowie 2018 bis 2022 nicht weniger als acht „Heiße oder Dürrejahre in Deutschland“ angegeben – allein seit Beginn dieses Jahrhunderts.
Das klingt nur für sich genommen schon heftig, doch die ideologisch verblendeten „Alleswisser“ setzen noch einen drauf: Der Zeitraum, in dem sich die letzten acht Dürrejahre vor der Jahrtausendwende ereignet haben sollen, reicht sage und schreibe bis ins Jahr 1056 zurück. Laut der Online-Enzyklopädie soll es in den letzten 20 Jahren also ebenso viele „Dürrejahre“ gegeben haben wie zuvor in knapp 1.000 Jahren zusammen.
21. Jahrhundert weder ‚historisch‘ noch ‚beispiellos‘
„Die Temperatur lag fünf bis sieben Grad über den Normalwerten des 20. Jahrhunderts, verbreitet muss die Temperatur im Hochsommer über vierzig Grad geklettert sein. Unzählige Waldgebiete in Europa gingen in Flammen auf, beißender Rauch trübte das Sonnenlicht […] Schon im Mai wurde das Wasser knapp, Brunnen und Quellen fielen trocken, die Mühlen standen still, die Leute hungerten, das Vieh wurde notgeschlachtet.“
Nein, und wohl nur der letzte Halbsatz lässt es erahnen, diese Aussagen beziehen sich nicht auf eines der „Dürrejahre“, die es von 2018 bis 2022 durchgehend gegeben haben soll. Hier beschreibt der Schweizer Historiker Christian Pfister gegenüber dem Portal „Spektrum“ die Situation während der Dürre in Mitteleuropa in den Jahren 1539/40.
Weiter heißt es darin: „Alles begann in Norditalien, mit einem Winter, der sich wie ein Juli anfühlte. Kein Tropfen fiel von Oktober 1539 bis Anfang April 1540. Dann griff die Dürre auf den Norden über.“
Was dann im Sommer geschah, schildert Pfister so: Mitteleuropa sei von einer Gluthitze heimgesucht worden, „dass die Kirchen Bittgebete aussandten, während Rhein, Elbe und Seine trockenen Fußes durchwatet werden konnten. Dort, wo noch Wasser floss, färbte sich die warme Brühe grün.“
Aber auch das war noch nicht alles: „Der Bodenseepegel sank auf Rekordniveau, Lindau war sogar mit dem Festland verbunden. Bald verdunstete das Oberflächenwasser vollständig, die Böden platzten auf, manche Trockenrisse waren so groß, dass ein Fuß darin Platz fand. […] Im Elsass blühten die Obstbäume erneut, in Lindau reichte es sogar für eine zweite Kirschernte […] und in Limoges ernteten die Winzer geröstete Trauben.“
In der Schweiz war die Not dem Historiker zufolge so groß, dass die Einwohner von Goldiwil „sogar 500 Höhenmeter täglich auf und ab (stiegen), nur um ein paar Bottiche Wasser aus dem Thunersee zu schöpfen.“
Die Liste solcher und ähnlicher Beispiele – und nicht nur während der Dürre 1539/40 – ließe sich praktisch endlos fortsetzen. Wer suchet, der findet, lautet auch hier das altbekannte Beispiel, das Internet ist voll von entsprechenden Berichten.
Was ist überhaupt eine ‚Dürre‘?
Das eingangs erwähnte Beispiel, wie eine monopolartige Enzyklopädie vermeintliche Fakten verkauft, zeigt ein erstes Kardinalproblem in diesem Zusammenhang auf. Der inflationäre Gebrauch von Superlativen wie „Dürre-Rekord“ oder „Jahrhundert-Hitze“ verfängt schon längst nicht mehr.
Auf dieselbe Weise verhält es sich, wenn in den Medien wohl nicht nur gefühlt jedes weitere Jahr, das ins Land zieht, als „heißestes Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen“ verkauft werden soll. Dieses Mantra gleicht längst einem lästig gewordenen Ohrwurm.
Es drängt sich also die Frage auf: Was ist überhaupt eine Dürre? Das Umweltbundesamt stellt dazu schlicht fest: „Für den Begriff Dürre existiert keine einheitliche Definition.“ Mit anderen Worten: Eine „Dürre“ ist das, was jeder – oder jemand – daraus macht!
Der einfachste Ansatz einer Definition bestehe demnach in der Verwendung, „einfach messbarer klimatologischer Parameter, wie zum Beispiel die Lufttemperatur“ – wohlgemerkt, nicht die Bodentemperatur! – „und der Niederschlag“. Als Referenzperiode empfiehlt das Umweltbundesamt „zum Beispiel das langjährige 30-Jahresmittel oder auch mehrere Monate“.
Hamburger Schulbehörde vs. Wikipedia und ZDF
Die Freie und Hansestadt Hamburg, genauer gesagt die dortige Schulbehörde, betreibt einen sogenannten „Bildungsserver“ für Lehrer und Schüler. In diesem Artikel geht Autor Dieter Kasang auf Konfrontationskurs mit Wikipedia und dem ZDF.
Der Leser erfährt, dass die Niederschlagsmenge in der Sahel-Zone, dem Mittelmeerraum sowie Zentraleuropa bereits ab den 1960er-Jahren um bis zu 50 Prozent (etwa im südlichen Spanien) zurückgegangen sei. Weiter heißt es: „Die Folge waren Dürreperioden vor allem im Sommer, die durch die zusätzlich gestiegenen Temperaturen zum Teil zu verheerenden Waldbränden führten.“
Nur: Auf Wikipedia ist davon nichts zu lesen. Geht es nach der Enzyklopädie, so hat es in den hiesigen Breitengraden seit dem Jahr 1056 insgesamt nur 16 „Dürrejahre“ gegeben – acht davon seit 2003 und zuletzt fünf Jahre (2018–2022) in Folge. Die übrigen acht Dürrejahre soll es demnach 1056, 1387, 1473, 1540, 1676, 1683, 1718 und 1857 gegeben haben – siehe hier:
Wer nun aber trotzdem anführen möchte, dass es seit der Jahrtausendwende eine noch nie dagewesene Häufung von „Heißen oder Dürrejahren“ gebe, auch dem hilft Wikipedia. Für den Zeitraum 987 bis 1007 werden ebenfalls acht „Dürrejahre“ innerhalb von 20 Jahren ausgewiesen.
Und auch mit der vom ZDF propagierten „historischen“ Dürre der Jahre 2018 bis 2022 räumt der „Bildungsserver“ auf: „Allerdings ist es, wie die neuere Forschung zeigt, nicht einfach, einen globalen Dürretrend hinreichend zu belegen. Der Hauptgrund liegt in dem Fehlen ausreichender Daten, um den jeweils benutzten Dürreindex in genügend vielen Regionen festzustellen. Hinzu kommt, dass es sich bei einer Dürre um ein sehr komplexes Geschehen handelt, an dem unterschiedliche Faktoren beteiligt sind.“
Wie also kann das ZDF, wenn aussagekräftige Daten offenbar fehlen, also von der „extremsten Dürre seit 250 Jahren“ sprechen? Weshalb tauchen die Jahre um Mitte des 20. Jahrhunderts, die offenbar von Dürren geprägt waren, bei Wikipedia gar nicht erst auf? Weshalb wird in der öffentlichen Diskussion um „Hitze-Rekorde seit Beginn der Aufzeichnungen“ nur allzu gerne verschwiegen, dass das Jahr 1850 (Beginn der Aufzeichnungen) den kältesten Punkt während der letzten Jahrtausende markierte?
Es geht offenbar also auch bei den vermeintlichen oder tatsächlichen „Rekord-Dürren“ weniger um fundierte Wissenschaft als vielmehr um handfeste Ideologie.
Unter Beschuss – aber umso wichtiger ist Ihre Unterstützung!
„Verschwörungsideologe“, „Nazi“ oder „rechter Hetzer“: Als kritischer Journalist muss man sich heute ständig mit Schmutz bewerfen lassen. Besonders aktive dabei: die öffentlich-rechtlichen Sender. Der ARD-Chef-Faktenfinder Gensing verklagte mich schon 2019, der Böhmermann-Sender ZDF verleumdete mich erst kürzlich als „Verbreiter von Verschwörungserzählungen“ – ohne einen einzigen Beleg zu benennen, und in einem Beitrag voller Lügen. Springer-Journalist Gabor Steingardt verleumdete mich im „Focus“, für den ich 16 Jahre lang arbeitete, als „Mitglied einer Armee von Zinnsoldaten“ und einer „medialen Kampfmaschine“ der AfD. Auf Initiative des „Westdeutschen Rundfunks“ wurde ich sogar zur Fahndung ausgeschrieben. Wehrt man sich juristisch, bleibt man auf den Kosten in der Regel selbst sitzen. Umso wichtiger ist Ihre Unterstützung. Auch moralisch. Sie spornt an, weiter zu machen, und nicht aufzugeben. Ich danke Ihnen ganz herzlich dafür, dass Sie mir mit Ihrem Beitrag meine Arbeit ermöglichen – ohne Zwangsgebühren und Steuergelder.
Aktuell sind (wieder) Zuwendungen via Kreditkarte, Apple Pay etc. möglich – trotz der Paypal-Sperre: über diesen Link. Alternativ via Banküberweisung, IBAN: DE30 6805 1207 0000 3701 71. Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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