Der perfide Antifaschismus Wie er die Nationalsozialisten verharmlost

Ein Gastbeitrag von Josef Kraus

Bloß keine Vergleiche mit dem Terror des Nationalsozialismus anstellen! Das galt über Jahre hinweg als ehernes Gebot bzw. Verbot. Denn mit jedem solcher Vergleiche werde die Singularität des NS-Terrors relativiert und bagatellisiert, so die Argumentation.

Ältere haben dieses Ge- bzw. Verbot erlebt, als Ernst Nolte 1986 ein Buch mit dem Titel schrieb „Der europäische Bürgerkrieg 1917 – 1945.“ Er vertrat darin unter anderem die These, dass der Nationalsozialismus die Reaktion auf die Massenverbrechen in der Sowjetunion gewesen und der Holocaust nichts Singuläres sei. 1986/87 ist daraus der heftige „Historikerstreit“ entstanden. Es ging um die Frage, ob ein Vergleich der Zahl der NS-Opfer mit der Zahl der Opfer kommunistischen Terrors statthaft sei, oder ob dieser Vergleich revisionistisch und ressentimentbeladen sei.

Ähnliches wiederholte sich 1997 und 2004, als der französische Historiker Stephane Courtois als Herausgeber zum 80sten Jahrestag der Oktoberrevolution von 1917 „Das Schwarzbuch des Kommunismus“ (1. Teil) und 2004 dazu den zweiten Teil (Untertitel: „Das schwere Erbe der Ideologie“) herausbrachte. Auch da wurde wieder heftig diskutiert, ob man die insgesamt vom Nationalsozialismus verbrochenen Morde an rund 6 Millionen Juden und 12 Millionen Zivilisten sowie die rund 28 Millionen gefallenen Soldaten, die dem von Deutschland ausgehenden Zweiten Weltkrieg zum Opfer fielen, mit den rund 100 Millionen Toten kommunistischer Gewaltherrschaft (in der Sowjetunion, in China, Kambodscha, Nord-Korea usw.) aufrechnen dürfe.

Aber auch in vielen anderen Bereichen verdrängt der Antifaschismus die Opfer kommunistischer Terrorherrschaft und instrumentalisiert die Opfer des Nationalsozialismus/Faschismus auf demagogische Weise für die eigene moralische Erhöhung. Seit den 1980er Jahren hat sich daran nichts geändert. Nur kurz nach dem Fall des „Antifaschistischen Schutzwalls“ Ende 1989 und der Wiedervereinigung 1990 verstummte der Chor der Antifaschisten vorübergehend.

Beispiele vor 1990:

  • Oskar Lafontaine verkündete im STERN vom 15. Juli 1982: „Helmut Schmidt spricht … von Pflichtgefühl, Berechenbarkeit, Machbarkeit, Standhaftigkeit … Das sind Sekundärtugenden, ganz präzis gesagt: Damit kann man auch ein KZ betreiben.“
  • In einer „Vorlage für den Parteivorstand“, versehen mit der Empfehlung „Annahme als Diskussionsgrundlage“, entwirft die SPD-Kommission für Bildungspolitik im März 1986 ein Papier mit dem Titel „Bildung in Freiheit, Gleichheit und Solidarität – Das sozialdemokratische Verständnis von Bildung“. Darin heißt es unter anderem: „Wer Leistung fordert, muß ’nach Auschwitz‘ sagen, was er damit meint.“ Diese Passage wird später gestrichen, aber erst ‚mal steht sie gedruckt da.
  • Eine Landtagsabgeordnete der Grünen hält im Wahlkampf zu den NRW-Landtagswahlen 1995 dem für ein leistungsorientiertes, gegliedertes Schulwesen eintretenden CDU-Spitzenkandidaten vor, dieses Eintreten erinnere sie an die „Auschwitzrampe“. Die Abgeordnete entschuldigt sich, aber gedacht hat sie wohl so.
  • Ein Gewerkschaftsfunktionär, Otto Herz, ruft im Juni 1995 in seinem Grußwort zum Bundeskongress der „Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschule“ zur „Diffamierung“ des gegliederten Schulsystems auf. Dies zu tun sei eine „Grammatik der Menschlichkeit.“ Herz erweckt gezielt den Eindruck, leistungsorientierte Schule habe etwas mit „ausgebildeten Psychopathen“ und „Eichmanns“ zu tun.

Und heute?

Seit geraumer Zeit fühlen sich Antifaschisten wieder legitimiert, ihr einfältiges, im Grunde hilfloses Empörungsvokabular und ihre Antifa-Rhetorik inflationär und undifferenziert über alles auszubreiten, was ihnen nicht in den Kram passt. Alles, was mit „Volk“, „Heimat“, „Abendland“, „Christentum“, „deutsch“, „konservativ“, mit Zweigeschlechtlichkeit des Menschen, mit klassischer Familie, Eigentum, Leistung usw. zu tun hat, gilt als „faschistisch“. Und wer so denkt und an diesen Begriffen und Prinzipien festhält, gilt als „Nazi“. Subsumiert werden unter „faschistisch“ und unter „Nazi“ dann alle Totschlagbegriffe von „rechts“, „rechtsradikal“, „rechtsextrem“, „völkisch“, „rassistisch“ über „kapitalistisch“, „populistisch“, „islamophob“, „xenophob“, „homophob“, „transphob“ bis hin zu AfD, gelegentlich auch CDU/CSU und FDP sowie deren Wähler. Linkspopulistisch einfältige Rhetorik als Ausfluss einfältiger, einfach strukturierter Hirne eben! Wenn solchen Hirnen dann die Argumente ausgehen, muss Hitler helfen. Und so wird denn Hitler, je länger er tot ist, umso entschiedener bekämpft. „Gratismut“ ist der richtige Begriff dafür.

Keine Vergleiche mit der Singularität des Terrors des Nationalsozialismus anstellen, hieß es inmitten des „Historikerstreits“ und der Veröffentlichung des „Schwarzbuchs des Kommunismus“. Für die vereinte Linke und im besonderen für die Antifa-Bewegten gilt das natürlich nicht. Tagtäglich werfen sie mit dem Schimpfwort „Nazi“ um sich. Auf Transparenten und T-Shirts lesen wir „FCK NZS“ oder „Nie wieder Faschismus!“ oder „Kein Fußbreit dem Faschismus!“ Und alle – mittlerweile auch bürgerliche – outen sich als Antifaschisten, manche gar von Geburt an. Die SPD-Co-Vorsitzende Esken (geboren wenige Tage nach Beginn des Baus des „antifaschistischen Schutzwalls“ der DDR) twittert unter Anspielung auf ihr Alter am 1. Juni 2020: „58 und Antifa. Selbstverständlich.“

Apropos „perfide“. „Perfide“ heißt auf gut deutsch: niederträchtig. In der Tat ist der Antifaschismus niederträchtig,

  • weil er jede Kritik am Antifaschismus als Faschismus abtut;
  • weil er das Wort Nationalsozialismus scheut, denn in ihm steckt als Wortbestandteil und als Prinzip „Sozialismus“
  • weil er selbst faschistisch ist nach dem Motto: Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen, ich bin der Faschismus, sondern, ich bin der Antifaschismus;
  • weil er Ausgeburt eines (von links gewollten) historischen Analphabetismus‘ ist;
  • weil er die Opfer des Kommunismus (100 Millionen) ignoriert und die Opfer des Nationalsozialismus (60 Millionen) auf billige Weise für die eigene moralische Heiligsprechung missbraucht.

Heiligsprechung? Ja, sie kann sogar sehr egoman erfolgen. Lafontaine-Zögling Heiko Maas (SPD) ist so einer: Er sei wegen Auschwitz in die Politik gegangen, wiederholt er gerne immer wieder. Seine Kotaus vor den Mullahs, seine ständige Kritik an Israel, sein Tuscheln mit Muslimlobbys und seine Vorliebe für linke Bands wie „Feine Sahne Fischfilet“ sprechen indes eine andere Sprache. Aber „Auschwitz“ nutzt er gerne als Bühne für seine moralische Gigantomanie.

Antifaschismus ist längst keine Subkultur mehr, sondern mittlerweile – wie vormals in der DDR – auch im wiedervereinigten Deutschland schier Staatsräson und Ersatzreligion der „Zivilgesellschaft“. Von Totalitarismus (rechter und linker Provenienz) will man nichts wissen. In der DDR wurde der Stalinismus sogar insofern verteidigt, als er wenigstens antifaschistisch gewesen sei. Der Antifaschismus ist damit für die Links-Partei, einen Großteil der Grünen und der SPD, für erhebliche Teile des Kultur- und Medienbetriebes sowie so manche staatliche alimentierte NGO (siehe Antonio-Amadeu-Stiftung) nicht nur zum Volksfrontkitt, sondern ganz monetär zu einer Art Lebensversicherung geworden.

Aber es bleibt dabei, was der legendäre SPD-Mann Kurt Schumacher mutig sagte: Schon 1930 warf er der KPD vor, eine „rotlackierte Doppelausgabe der Nationalsozialisten“ zu sein, und auch nach 1945 wiederholte er diesen Vorwurf, diesmal nannte er sie „rot-lackierte Faschisten“.


Josef Kraus (*1949), Oberstudiendirektor a.D., Dipl.-Psychologe, 1987 bis 2017 ehrenamtlicher Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, 1991 bis 2013 Mitglied im Beirat für Fragen der Inneren Führung beim Bundesminister der Verteidigung; Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande (2009), Träger des Deutschen Sprachpreises 2018; Buchautor, Publizist; Buchtitel u.a. „Helikoptereltern“ (2013, auf der Spiegel-Bestsellerliste), „Wie man eine Bildungsnation an die Wand fährt“ (2017), „Sternstunden deutscher Sprache“ (2018; herausgegeben zusammen mit Walter Krämer), „50 Jahre Umerziehung – Die 68 und ihre Hinterlassenschaften“ (2018), „Nicht einmal bedingt abwehrbereit – Die Bundeswehr zwischen Elitetruppe und Reformruine“ (2019, zusammen mit Richard Drexl)Bild: Andrew Kitzmiller/flickr.com/publicdomainvectors.com/CC BY 2.0/bearbeitet/Reitschuster

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