Die Reaktionen auf mein „persönliches Briefing“ (das frühere „Wochenbriefing“) zum Tod meines geschätzten Kollegen Jürgen Mladek waren so bewegend, so berührend, dass ich mich entschlossen habe, das zu tun, was ich sonst nicht tue: Das Briefing hier auch noch als Artikel auf meine Seite zu stellen. Ich denke, das bin ich Jürgen Mladek schuldig. Zumal ich inzwischen auch aus dem Kreis der Hinterbliebenen eine sehr bewegende Rückmeldung erhalten habe, die für mich ein weiterer Ansporn ist, das Andenken an diesen großartigen Menschen und Journalisten hoch zu halten. An dieser Stelle ganz, ganz herzlichen Dank an all die vielen Leser, die auf mein Briefing reagiert und mir geschrieben haben. Ihre Zuschriften haben mich tief bewegt und berührt, und auch motiviert. Weil ich es nicht schaffen werde, alle einzeln zu beantworten, an dieser Stelle ein ganz, ganz großes Dankeschön! Ich bin sehr stolz und glücklich, solche Leser zu haben! Aber nun zum Briefing (das Sie hier kostenlos und jederzeit widerrufbar abonnieren können):
Mit großer Bestürzung habe ich die Nachricht vom Tod Jürgen Mladeks, des Chefredakteurs der Schwäbischen Zeitung und zuvor des Nordkuriers, erhalten. Im Alter von nur 56 Jahren hat uns mit ihm völlig unerwartet und plötzlich ein Mann und Kollege verlassen, den ich als unerschütterlichen Wächter journalistischer Grundsätze und als mutigen Kritiker der Regierung und des Zeitgeists außerordentlich geschätzt habe. Er war ein Journalist, genauso wie ich mir Journalisten seit meiner Kindheit immer vorstellte. Sein plötzlicher Tod ist ein schrecklicher Verlust. Nicht nur für mich, sondern für alle aufrechten Journalisten, ja für die gesamte Gesellschaft.
Mladek war eine Ausnahmeerscheinung unter den Chefs großer Medien. Er war ein Fels der Meinungsfreiheit in der Brandung des Gesinnungsstaates. Er stand stets mutig, klug und solidarisch für seine Werte ein: für Freiheit, Meinungsvielfalt und echte Demokratie. Sein journalistisches Schaffen zeichnete sich durch Echtheit und Aufrichtigkeit aus.
Schon zu seinen Zeiten beim Nordkurier nahm er kein Blatt vor den Mund, was die Corona-Politik anging. So lernten wir uns kennen und schätzen. Er berichtete mir mit Entsetzen, wie die jungen Kollegen darauf reagierten, als er in der Redaktionskonferenz meinen Namen nannte. „Reitschuster ist für die ein absolutes Reizwort, ich gebe lieber nicht wieder, was die über Sie sagten und wie die Sie nannten“, erzählte mir Mladek – und fügte sofort hinzu, dass er mich leidenschaftlich verteidigt habe.
Er war so, wie ein Journalist sein soll, ja muss. Und wie es heute nur noch viel zu wenige gibt in den großen Medien: unbequem, skeptisch, alles hinterfragend. Ein Kritiker, der es wagte, die Regierung herauszufordern und andere Meinungen als den Mainstream zu vertreten. Seine Fähigkeit und sein Mut, unbequeme Fragen zu stellen, „heikle“ Themen aufzugreifen, gegen den Strom zu schwimmen, machten ihn zu einem der bedeutendsten Journalisten unserer Zeit. Der im Stillen agierte – ganz im Gegensatz zu all den allgegenwärtigen Lautsprechern von Rot-Grün wie Georg Restle, Tilo Jung, Nikolaus Blome und all den anderen Propagandisten.
Während Kollegen wie Jung mich denunzierten und andere Hasskampagnen betrieben, stand Mladek zu mir. Dafür brauchte es – leider – Mut. Im Gespräch klagten wir uns mehrfach unser Leid, was die Entwicklung des Landes und vor allem des Journalismus angeht. Vor allem bei den jüngeren Kollegen, so berichtete Mladek traurig, sei die stramme ideologische Ausrichtung beängstigend. „Wo soll das nur hinführen, wenn wir Alten aufhören?“, fragte er einmal.
Er hat nun viel, viel, viel zu früh aufgehört.
Sein kritischer Geist wird mir sehr fehlen. Uns allen. Er hinterlässt eine Lücke, die weit über die Grenzen des Journalismus hinausgeht. Sein Vermächtnis wird weiterleben in all jenen, die inspiriert durch sein Beispiel den Mut finden, für ihre Überzeugungen einzustehen. Unbequem zu sein. Anzuecken. Nicht mit dem Zeitgeist zu schwimmen, sondern sich diesem zu widersetzen.
In tiefer Trauer und mit größtem Respekt verneige ich mich vor diesem Mann, der es verstand, durch seine Arbeit und sein Leben ein Leuchtfeuer für die Freiheit zu sein. Möge Jürgen Mladek in Frieden ruhen und möge sein Andenken als Mahnung und Inspiration für uns alle dienen. Seine Stimme mag verstummt sein, aber das Echo seiner Worte wird auch in künftigen Zeiten widerhallen.
Was mich persönlich auch noch sehr betroffen gemacht hat, ist der Umstand, dass Mladek nur drei Jahre älter war als ich.
Mich selbst hat der Dauer-Stress der vergangenen Jahre auch gesundheitlich in Gefahr gebracht. Meine Notoperation vor einem Jahr (siehe hier) wollte ich eigentlich zum Anlass nehmen, um kürzer zu treten. Mich zu schonen. Weniger zu arbeiten.
Die guten Vorsätze habe ich nur teilweise umgesetzt.
So sehr ich Mladeks Tod einerseits als Ansporn ansehe, in seinem Sinne weiter zu wirken, so wie er sich das wünschen würde – so sehr sehe ich ihn auch als Mahnung, kürzer zu treten.
Das Angebot an alternativen, kritischen Medien ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen. Manche greifen wie Nachrichtenagenturen fast alles auf, was auch nur irgendwie berichtenswert ist. Ich finde: Das erlaubt mir den Luxus, mich noch mehr als bisher auf das Wesentliche zu konzentrieren und Chronisten-Pflichten hintan zu stellen.
Ich denke, das kann eine Gewinnsituation für alle werden: Denn auch für Sie, liebe Leserinnen und Leser, kann es Sinn machen, wenn sich meine Seite in diesen Zeiten der Nachrichten-Lawinen noch mehr auf das Wesentliche konzentriert. Und noch mehr auf Qualität setzt als auf Quantität.
Ich bin sehr gespannt auf Ihre Meinung dazu. Und ob es für Sie etwa okay wäre, wenn manchmal auch nur ein oder zwei Artikel an einem Tag auf meiner Seite erscheinen.
Ich wünsche Ihnen trotz des traurigen Inhalts dieses Briefings alles erdenklich Gute. Und vor allem: Gesundheit. Der Tod von Jürgen Mladek in so jungen Jahren führt drastisch vor Augen, wie wichtig diese ist!
In diesem Sinne – passen Sie auf sich auf!
Herzlich
Ihr
Boris Reitschuster
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