Von Christian Euler
Es ist ein ganz besonderes Privileg, bei Recherchen von motivierten Lesern unterstützt zu werden. Der Beitrag „Millionen FFP2-Masken schützen nicht“ schlug hohe Wellen. Eine Leserin wollte mehr wissen, getreu dem journalistischen Credo „kritisch hinterfragen“. Und dann die willkommene – und völlig unerwartete – Überraschung: Während es in solchen Fällen Usus ist, sich als Autor tiefer in die Materie einzugraben, übernahm die Dame kurzerhand selbst die Regie – auf eine Weise, die aller journalistischen Ehren wert ist. Den Wunsch, als Co-Autorin erwähnt zu werden, lehnt sie ab. Nicht einmal ihren Namen möchte sie veröffentlicht sehen.
Ihre Recherchen sind kostbar. Und sie zeigen, dass das aktuell in vielen Medien zum Top-Thema hochstilisierte Kapitel „Masken“ wohl noch längere Zeit virulent (die Doppeldeutigkeit dieses Adjektivs bringt die Lage besonders prägnant auf den Punkt) bleiben wird: als Korruptionsaffäre in der Union oder ob ihrer zweifelhaften Filterwirkung. Hier soll letzteres im Mittelpunkt stehen, insbesondere die Untersuchung der Prüfgesellschaft Dekra, die 13 von 27 Herstellern von FFP2-Masken eine teilweise „erheblich“ über der Norm liegende Durchlässigkeit bescheinigt.
Im Grunde sollte es nicht besonders herausfordernd sein, einen genaueren Blick in diese Studie zu werfen, auf die sich die „Welt“ berufen hatte. Geht es jedoch um das inzwischen zum Politikum gewordene Thema Masken, scheinen andere Gesetze zu gelten. So darf kaum verwundern, dass nicht nur eine Nachfrage beim Kundenservice der Dekra unbeantwortet blieb, sondern auch das Nachhaken bei der technischen Prüfstelle nicht mehr als ein Mosaiksteinchen im Masken-Mysterium ergab. Die Antwort kam schnell, offenbarte aber wenig Erhellendes: Aus Datenschutzgründen könne die Prüfstelle keine Auskunft erteilen. Man solle sich an das zuständige Ministerium wenden.
Keine Haftung für Folgeschäden
Die Replik auf die Anfrage der in Niedersachsen beheimateten Leserin an das dortige Ministerium für Soziales und Gesundheit, ob dieses Bundesland eine Prüfung der Masken veranlasst habe, glich beredtem Schweigen. „Bezüglich Ihrer angesprochenen Problematik kann ich nur auf die Prüfsiegel der Produkte verweisen, die Auskunft über deren Unbedenklichkeit geben. Sollten hierzu Ihrerseits Bedenken bestehen, bitte ich Sie, sich dazu direkt an den Maskenhersteller zu wenden.“
Ein unmögliches Unterfangen – vor allem bei Masken, die in China hergestellt worden sind. Dass die Schutzwirkung von Masken grundsätzlich hinterfragt werden sollte, lässt dieser Teil der Antwort vermuten: „Diesbezüglich darf ich Ihnen auch mitteilen, dass vor diesem Hintergrund das Land Niedersachsen keine Haftung für Folgeschäden übernimmt und auch keine Unbedenklichkeitsbescheinigungen hierzu ausstellt.“
Nicht viel aufschlussreicher ist die Situation in Stuttgart, dem Hauptsitz der Dekra. Dort verweist das Gesundheitsamt auf das Bürgertelefon. Die sehr sympathische Dame am anderen Ende der Leitung weiß zunächst von nichts, kümmert sich aber schnell um das Ersuchen. Ihr Ergebnis teilt sie per E-Mail mit: Das Testergebnis der Dekra sei nicht nachlesbar, aber die Prüfgesellschaft informiere über Details einer sicheren Maske: Sie müsse mit CE01582 gekennzeichnet sein und der Norm EN149:2001 oder A1:2009 entsprechen. Zudem verweist die Dame auf ein „gutes Merkblatt des Regierungspräsidiums Tübingen“ und eine von der Stiftung Warentest als „geeignet“ klassifizierte Maske.
Welche Masken wirklich schützen, bleibt weiter offen
So frustrierend die Recherche ist: Die Reitschuster.de-Leserin gibt nicht auf und wendet sich an die Stuttgarter Nachrichten, die Anfang Februar den Beitrag „Ministerium: Schutzmasken aus Landesvorrat erfüllen teils nicht EU-Norm“ veröffentlichte. Im Januar und Februar 2020 habe das Land Baden-Württemberg wahllos Masken eingekauft und sie an die Ministerien (z.B. Bildung, Inneres, Gesundheit) verteilt, ohne sie zu prüfen, verrät die ebenso freundliche wie gesprächsbereite Autorin.
Die genannten Ministerien seien mit den Masken unterschiedlich umgegangen. Die dem Innenministerium angegliederte Polizei sei von Anfang an misstrauisch gewesen und habe sie nach Erhalt prüfen lassen, dann aber nicht verwendet. Auch das Bundesland Rheinland-Pfalz habe die Masken sofort nach Erhalt prüfen lassen. Die Autorin wollte mehr wissen und gab der FDP den Auftrag, eine offizielle Anfrage zu stellen. Das Gesundheitsministeriums hielt sich jedoch bedeckt – ebenso wie bei der Anfrage von Boris Reitschuster im Rahmen der Bundespressekonferenz.
Und die Moral von der Geschicht‘: Konkrete Aussagen gibt es nicht. Trotz der intensiven Recherchen bleibt ein schaler Beigeschmack. Mit Masken ließ – und lässt – sich trefflich verdienen, auch wenn die Grenzen des Legalen dabei bisweilen überschritten werden. Welche Masken wirklich schützen, bleibt aber weiter offen.
Bild: Zigres/Shutterstock
Text: ce
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