„Jetzt kommt die Gesundheitspolizei!“, titelt die Zeitung „Autobild“. Was mich im ersten Moment etwas überraschte. Denn ich dachte, die hatten wir schon – als etwa in der Corona-Zeit Polizisten überprüften, wie lange jemand einen Apfel aß oder einen Kaffee trank und dazu die Maske abnahm.
Doch bei der neuen „Gesundheitspolizei“ geht es um etwas anderes, wie das Blatt an folgendem Beispiel darlegt: „Ein 72-Jähriger missachtet in einer 30er-Zone die Vorfahrt und verursacht einen Unfall. Die herbeigerufene Polizei stellt bei dem Senior mangelnde Beweglichkeit von Halswirbelsäule, Armen und Beinen fest, dazu nervliche und geistige Defizite. Ein Augentest zeigt weitere Einschränkungen. Das Auto muss stehen bleiben, die Führerscheinstelle wird benachrichtigt und eine ärztliche Untersuchung angeordnet. Die ergibt: Arthrose, beginnende Demenz sowie ein ‘grauer Star‘ mit eingeschränktem Sehfeld. Der Führerschein wird eingezogen und ein Strafverfahren eingeleitet.“
Was im Moment noch wie eine Schilderung aus einem Roman wirkt, könnte bald schon Realität werden. Die Polizei in Sachsen macht ein Pilotprojekt unter der Bezeichnung „Qualifizierte Fahrtüchtigkeitsprüfung“. Kurz: QFP. „Besonders geschulte Polizeibeamte dürfen nach einer zertifizierten Fortbildung die Fahrtüchtigkeit kontrollieren“, erklärt Dieter Müller, Professor an der Hochschule der Sächsischen Polizei, dem Bericht zufolge.
Zugespitzt ausgedrückt: Die Polizisten dürfen quasi agieren wie Ärzte – nur dass sie das gegen den Willen der „Patienten“ tun. Nach der medizinischen Schulung bekommen die Beamten spezielle Befugnisse. Aber kann eine „medizinische Schulung“ für einen Polizeibeamten eine Arztausbildung ersetzen?
Bisher habe der Polizei die nötige Qualifizierung gefehlt, um anhand körperlicher, geistiger und charakterlicher Eigenschaften die Fahrtüchtigkeit eines Autofahrers festzustellen, sagte der Verkehrsjurist Müller „Autobild“. Die QFP gebe rechtliche Handlungssicherheit.
Gibt sie das wirklich?
Oder handelt es sich nur um einen weiteren Schritt hin zum übergriffigen Staat? Früher hatten Führerscheine kein Haltbarkeitsdatum. Jetzt schon. Dank der EU. Doch das ist den Regulierungs-Bürokraten in Brüssel noch nicht genug. Mit einer neuen Führerscheinrichtlinie wollen sie Senioren regelmäßig zum Eignungstest schicken. Noch lehnt die Bundesregierung solche „Zwangsuntersuchungen“ ab.
Aber wie lange noch?
Experten sehen die Eingriffswut kritisch. „Einzig die Sehfähigkeit gehört regelmäßig untersucht, unabhängig vom Alter“, meint Unfallforscher Siegfried Brockmann vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft laut „Autobild“. Die polizeiliche Fahrtüchtigkeitsprüfung am Straßenrand sieht er „grundsätzlich skeptisch, denn die Folgen können für Autofahrer im Zweifelsfall unangenehm und teuer werden“.
Dabei weitet sich die QFP bereits aus. Nach Sachsen wird sie in Niedersachsen umgesetzt. Dort agieren mehr als 150 Polizeibeamte als „Assistenzärzte“.
Ein örtlicher Polizeiführer beschwichtigt zwar, die Gesundheitskontrolle sei „keine ärztliche, sondern nur eine polizeiliche“, und: „medizinische Untersuchungen machen nur Ärzte“.
Tatsächlich? „Das polizeiliche Screening samt körperlichem Mobilitätstest hat es in sich“, wie „Autobild“ zu recht bemängelt: „Der ‘Nacken-Schürzengriff‘ etwa soll Aufschluss über den Zustand des Schulter-, Ellbogen- und Handgelenks sowie des Daumens geben. Dabei muss der Autofahrer seine Arme auf den Rücken biegen und die Handflächen nach innen drehen, als würde er eine Schürze binden. Der Schulterblick rechts und links testet die Halswirbelsäule. Mit dem ‘Hacke-Spitze-Test‘ wollen die Ordnungshüter Muskelkraft, Koordination und nervliche Störungen im Fußbereich überprüfen.“
Doch damit nicht genug. Die Beamten fragen auch nach der Einnahme von Medikamenten. Manche Mittel etwa gegen Bluthochdruck könnten bis zu zehn Tage lang eine Fahruntüchtigkeit auslösen. Autofahrer sollten beim Test hellwach sein, rät ein Polizei-Führungskader: „Mangelnde Gedächtnisfunktionen sowie Reaktions- und Aufmerksamkeitsdefizite können ein Hinweis auf eine Hirnleistungsstörung sein.“
Der Fahrtüchtigkeitstest auf der Straße ist zwar nicht verpflichtend. Aber die Druckmittel, die bei einer Weigerung möglich sind, haben es in sich. Die Beamten können dann einfach die Weiterfahrt untersagen. Und zusätzlich auch noch einen Drogen- oder Alkoholtest mit Blutprobe anordnen. Die Instrumente reichen bis hin zur MPU, die landläufig als „Idiotentest“ bekannt ist.
Punkte wie in Flensburg?
Doch das ist noch nicht alles. Es gibt bereits Ideen, den Prüfbogen für den Test am Straßenrand mit einem Punktesystem zu versehen. Da könnten dann etwa Probleme beim Sehen schwerer wiegen als ein eingeschränkter Schulterblick. Ab einem gewissen Punktwert müsste der Fahrer dann sein Auto stehen lassen.
Also wirklich eine „Gesundheitspolizei“. Und ein weiterer Schritt hin zum übergriffigen Staat – wenn künftig Polizisten wie Ärzte agieren dürfen und Kompetenzen bekommen, die ihnen aufgrund ihrer Ausbildung einfach nicht zustehen. Mich erinnert das Ganze an die Corona-Zeit, als plötzlich Kellner sich als Impfexperten fühlten und ihren Gästen medizinische Fragen stellten, die sie schlicht und einfach nichts angingen.
So sinnvoll es ist, etwas für mehr Sicherheit auf den Straßen zu tun – so fragwürdig ist der Preis, der hier dafür bezahlt werden soll: Eine Einmischung des Staates bzw. seiner Beamten in immer weitere Lebensbereiche und eine Einschränkung der Freiheit. Mir persönlich ist die Vorstellung, dass ein Beamter mich künftig untersuchen kann wie ein Arzt, zutiefst suspekt.
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