Gottschalk rechnet mit dem Irrsinn ab – und wird zur Zielscheibe Ein Satz, ein Sturm: Warum unsere Gesellschaft endgültig den Kompass verloren hat

Ein Mann sagt, Cher sei die einzige Frau gewesen, die er je ernstgenommen habe – und plötzlich brennt in Deutschland der mediale Dachstuhl. Ein paar Sekunden lang Ironie, ein Showmaster, der seit Jahrzehnten so redet, wie er eben redet – und das ganze Land fühlt sich auf einmal verletzt wie ein scheues Eichhörnchen im Minenfeld.

Gottschalk hat sich verhaspelt? Mag sein. Über das Ziel hinausgeschossen? Auch möglich. Aber das darf man auch mal als Showmaster. Das war früher mal normal. Nicht mehr normal ist, was sich da an Reaktionen entlädt. Dass man gevierteilt wird für so etwas. Das ist neurotisch. Hochgradig. Ein Symptom. Und vor allem: eine Entlarvung.

Denn nicht Gottschalk ist das Problem – sondern wir. Oder, um genauer zu sein: der polit-mediale Komplex und die apathische Mehrheit, die ihn gewähren lässt.

Das Problem ist eine Gesellschaft, in der man sich für Ironie entschuldigen muss.

Die Empörung beginnt – wie so oft – in sozialen Netzwerken. Die üblichen Verdächtigen: Haltungsbeauftragte, Empörungsprofis, Medien, die sich gegenseitig überbieten. Es folgen: Meme-Stürme, Herabwürdigungen, Psychogramme. „Desorientiert“, „peinlich“, „Boomer-Verirrung“ – alles dabei.

Was fehlt? Maß. Kontext. Und jedes Gespür für Verhältnismäßigkeit.

Gottschalk hatte sich sogar direkt nach der Show entschuldigt. Ohne Ausflüchte. Ohne PR-Windungen. Was man schon für übertrieben halten kann. Aber den neudeutschen Sittenwächtern mit ihrer moralinsauren Attitüde reicht selbst das nicht. Denn wer einmal ins Fadenkreuz der Empörungsindustrie gerät, kommt da nicht mehr raus – egal wie alt er ist, egal wie klar die Reue.

Die Logik: Reue ist Schwäche. Schwäche ist Schuldeingeständnis. Schuldeingeständnis ist Einladung zum Draufhauen.

Ein Land, das so reagiert, ist nicht sensibel. Sondern hysterisch.

Der eigentliche Skandal: die selektive Empörung

Wo bleibt eigentlich die Empörung, wenn mitten in Berlin eine Frau „aus Respekt vor religiösen Gefühlen“ zum Schweigen gebracht wird? Wo bleibt sie, wenn an deutschen Gerichten die Regenbogenflagge weht, aber dieselben Gerichte bei antisemitischen Ausfällen plötzlich Sprachstörungen bekommen? Wo ist der Aufschrei, wenn Kinder von Zuwanderern bedrängt werden und Frauen vergewaltigt? Wenn es nicht mehr um einen Spruch geht, sondern um echte, rohe Gewalt, mit massivsten Folgen, die ein Leben lang andauern können?

Wo bleibt der Aufschrei, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk kritische Stimmen systematisch mobbt und ausgrenzt, wie im Fall Julia Ruhs?

Und was ist mit all den gewaltbereiten, zumal sogar nackten, psychisch auffälligen Flüchtlingen, die durch deutsche Städte irren, Menschen erschrecken, Polizisten beschäftigen – ohne dass Konsequenzen folgen?

Die Antwort: Schweigen. Wegsehen. Oder Verharmlosung.

Aber wehe, ein Entertainer redet wie vor 20 Jahren. Dann ist Feuer am Dach. Dann beginnt das Moralschaulaufen.

Wer nicht ins Weltbild passt, wird demontiert

In meinem Artikel „Gottschalk am Pranger – TV-Inquisitor Beisenherz schlägt zu“ habe ich vor gut einem Jahr beschrieben, wie der einstige Publikumsliebling öffentlich demontiert wird – nicht wegen einer Handlung, nicht wegen Gewalt oder Hetze, sondern wegen Sätzen. Nochmal, um es klar zu machen: wegen Worten. Gottschalk hat niemanden sexuell belästigt oder angegriffen.

Beisenherz & Co. haben in ihrem ideologischen Furor, in ihrem vorauseilenden Gehorsam vor dem rotgrünen Zeitgeist jeden Maßstab verloren. Bei Gottschalk, der selbst jahrzehntelang Mainstream war, reicht heute ein Halbsatz, um in Ungnade zu fallen.

Der Grund könnte sein, dass Gottschalk das Undenkbare wagte – und eben nicht vor den Gesinnungswächtern mit dem Schwanz wedelte wie heute branchenüblich, sondern die Missstände in Sachen Meinungsfreiheit klar benannte. Einmal zumindest. Und das ist heute Ketzerei. Beim Deutschen Fernsehpreis sagte er 2023 einen Satz, der in seiner Lakonik mehr über den Zustand der Meinungsfreiheit verrät als viele Leitartikel:

„Ich habe immer im Fernsehen das gesagt, was ich zu Hause auch gesagt habe. Inzwischen rede ich zu Hause anders als im Fernsehen. Und das ist auch keine dolle Entwicklung. Bevor hier ein verzweifelter Aufnahmeleiter hin- und herrennt und sagt: ‚Du hast wieder einen Shitstorm hergelabert‘, da sage ich lieber gar nichts mehr.“

Das war keine Revolution. Kein Aufbegehren. Es war die Kapitulation eines Entertainers, der gelernt hat, dass jedes Wort vermint ist. Dass Humor nicht mehr befreit, sondern überwacht wird. Dass ein falscher Halbsatz reicht – und der digitale Pranger steht bereit. Gottschalk sagte nicht „Widerstand!“ – er sagte: „Ich rede lieber gar nicht mehr.“ Und das ist vielleicht das Traurigste an der ganzen Debatte.

Gottschalk hat etwas getan, das man heute nicht mehr darf: Er hat nicht mitgespielt. Und genau deshalb trifft ihn der Zorn. Besonders dramatisch – die Empörung galt auch schon damals nicht den Missständen, die Gottschalk beklagt hatte – sondern der Tatsache, dass er sie benannte. Man hat den Eindruck, es hat sich nichts geändert, seit Kurt Tucholsky einst sinnierte: „In Deutschland gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher, als derjenige, der den Schmutz macht.“

Die Diagnose des Rhetoriktrainers

Michael Ehlers, ein erfahrener Coach für Kommunikation, hat sich bei „Focus Online“ bemüht, das Ganze differenziert zu betrachten. Sein Text ist, wie heute leider so üblich, handzahm, fast brav – aber in den letzten Zeilen trifft er doch einen wahren Punkt:

„Wenn wir anfangen, Unterhalter zu behandeln, als wären sie Gesetzgeber, dann verlieren wir nicht nur die Freude an der Unterhaltung. Sondern den Sinn für das Menschliche.“

Genau das ist es. Eine Gesellschaft, die in jeder Äußerung sofort eine mikroaggressive Grundsatzkrise wittert, ist nicht offen – sie ist besessen. Sie hat die Fähigkeit verloren, Ironie zu verstehen, Fehltritte einzuordnen, zwischen böser Absicht und rhetorischer Unschärfe zu unterscheiden.

Früher war ein Lapsus eben ein Lapsus. Heute ist er ein Tribunal. Und noch etwas sagt Ehlers, was tief trifft: „Warum urteilen wir so schnell? Warum sind wir so streng mit anderen – und so großzügig mit uns selbst?“

Was ist mit uns passiert? Wie wird eine Gesellschaft so?
Wie kann es sein, dass Ironie zur Straftat, aber Staatsversagen zur Randnotiz wird?
Wie kommt es, dass wir jedes Wort sezieren, aber Taten, auch noch so schlimme, übersehen?

Vielleicht, weil die kollektive Psyche nicht mehr mit der Realität klarkommt.
Vielleicht, weil Moralismus einfacher ist als Nachdenken.
Vielleicht, weil man sich im Empörtsein besser spürt als in der Stille.
Oder vielleicht, weil eine ganze Generation nie gelernt hat, mit Ambivalenz zu leben.

All das klingt logisch. Doch ich habe einen viel schwereren Verdacht. Leider.

Vielleicht geht es längst nicht mehr um Sätze oder Worte. Vielleicht geht es darum, sich nicht mit dem Dreck beschäftigen zu müssen, der sich auftürmt – unter Teppichen, in Behörden, auf unseren Straßen. Also bastelt man sich lieber moralische Pappdrachen und schlägt mit Inbrunst darauf ein. Weil’s bequemer ist. Weil’s nichts kostet. Und weil man sich mit solchen Ablenkmanövern selbst einreden kann, es sei alles gar nicht so schlimm – obwohl man innerlich längst weiß, dass der Dreck nur größer wird. Aber verdrängen ist leichter als handeln.

Wirklich empört sein hieße: sich einmischen, sich anlegen, unbequem werden. Es hieße, nicht nur X zu bespielen, sondern Verantwortung zu tragen – und manchmal auch zu riskieren, dass der Freundeskreis dünner wird oder der Karriereweg knickt. Das ist zu viel verlangt für viele. Also bleibt man lieber da, wo’s warm ist: im Badewasser der richtigen Meinung. Denn echte Empörung würde bedeuten, das Verdrängte ans Licht zu holen. Und das ist schmerzhaft. Zu schmerzhaft für eine Gesellschaft, die gelernt hat, lieber moralisch zu posieren als real hinzusehen.

Stattdessen stürzen sie sich auf das Leichte. Auf das Ungefährliche. Auf den Entertainer, der einen Halbsatz zu viel gesagt hat – und nicht auf die Strukturen, die Kinder gefährden, Frauen demütigen, Bürger entmündigen und Kritiker mundtot machen. Ich erlebe das oft im Alltag: Da spielt man den Moralhelden – zum Beispiel, wenn jemand wie ich kürzlich versehentlich eine kleine Papierverpackung in den falschen Container wirft – den für Normalmüll. Dann wird laut korrigiert, empört, mutig. Aber wehe, ein anderer pöbelt, bedroht, beleidigt – dann herrscht Schweigen. Weil der nicht harmlos ist. Sondern gefährlich. Und mit dem legt man sich besser nicht an.

Empörung ist heute nicht mehr Reaktion. Sie ist Ritual. Ein Ersatzgottesdienst für Leute, die an nichts mehr glauben – außer daran, dass sie moralisch überlegen sind. Und wehe, jemand stört die Messe mit Ironie. Dann brennt der Scheiterhaufen schneller als die Kerzen am Altar der Gesinnung.

Und solange ein Satz von Thomas Gottschalk mehr Entrüstung auslöst als die systematische Demontage von Meinungsfreiheit, Gewaltenteilung und Vernunft, der Verlust der Sicherheit unseres Landes und massive Probleme im „Stadtbild“, um es mal so zu nennen, ist nicht er das Problem.

Sondern sie. Die Mehrheit. Die schweigt, zusieht – und, eingepeitscht von den rot-grünen Gesinnungskriegern, jeden grillt, der noch wagt, normal zu sein. Oder einfach nur still danebensteht und so tut, als ginge sie das alles nicht an. Und dabei nicht mehr bemerkt, dass jeder der nächste sein kann. Ein falscher Tweet reicht.

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