Von Christian Euler
Nun ist es also die Delta-Variante des Coronavirus, die Angst und Schrecken verbreitet. Die britische, brasilianische und auch die südafrikanische Version haben ausgedient, seit die Weltgesundheitsorganisation die Mutationen nach den griechischen Buchstaben benennt, um die Stigmatisierung einzelner Länder zu verhindern.
Dass Viren seit Menschengedenken ständig mutieren, ist an den Maßnahmen-Hardlinern offenbar vorbeigegangen. Ebenso, dass es seit der Entdeckung der Delta-Variante weder zu einer Zunahme von schweren Verläufen noch von Todesfällen gekommen ist. Selbst die Inzidenzwerte, mit denen Berlin die Lockdowns begründet, erreichten zuletzt nicht einmal mehr zweistellige Niveaus. Und dann ist da ja noch die viel gepriesene Impfung, die auch trefflich gegen die Virus-Varianten wirken soll.
Regierungsflüsterer und Charité-Chefvirologe Christian Drosten bleibt dennoch seiner Linie treu und mahnt eindringlich, die Delta-Variante des Coronavirus sehr ernst zu nehmen. Karl Lauterbach, der kürzlich einräumen musste, dass der in Regierungskreisen umstrittene Virologe Hendrik Streeck „voll recht“ hatte, twitterte derweil: „Die Delta-Variante ist für ärmere Länder eine Katastrophe. Sie ist so ansteckend, dass man sich ohne Lockdown, dort unbezahlbar, kaum schützen kann. Der schwere Verlauf trifft leider auch Jüngere hart. Wir hätten früher Impfstoffkapazitäten aufbauen müssen.“ Um seinem Ruf als unermüdlicher Mahner gerecht zu werden, warnte der SPD-Politiker bereits vor den Folgen für die ungeimpfte Bevölkerung.
»Die Angst vor der Delta-Variante ist unnötig«
Ein Grund für die Nutzung der Delta-Variante als willkommenes Werkzeug zum Schüren der Panik könnte darin liegen, den Lockdown und die „Bundesnotbremse“ als Ultima Ratio zur Eindämmung des nimmermüden Virus zu rechtfertigen – zumal erschwerend für die Regierung hinzukommt, dass die Uhr gegen sie tickt: Es wird immer schwieriger, die Notwendigkeit der rigiden Zwangsmaßnahmen zu begründen, wenn sich die Lage in einigen anderen Ländern ähnlich präsentiert wie hierzulande – obwohl dort auf alternativlose Freiheitseinschränkungen verzichtet wurde.
Nicht einmal die Horrorprognosen der regierungstreuen Experten und Modellierer sind eingetreten. Im Gegenteil: Die Zahlen blieben schon vor der von diesen Wissenschaftlern geforderten Maßnahmen-Verschärfung im Rahmen.
Von der Regierung unabhängige Experten wie der Virologe Hendrik Streeck halten die Angst vor der Delta-Variante denn auch für „unnötig“. Man wisse, dass Impfstoffe und Hygiene-Maßnahmen gegen die neue Variante „genauso gut“ helfen, wie gegen die Urform des Virus, sagte der Virologe gegenüber der Fuldaer Zeitung. Obwohl die Delta-Variante seiner Ansicht nach in immer mehr Regionen dominant wird, hält er eine schrittweise Lockerung der Corona-Auflagen für angemessen.
Nach Delta folgt nicht Epsilon, sondern Delta plus
Der US-amerikanische Kardiologe Eric Topol geht noch weiter: „Es gibt keine Aussagen, die belegen, dass die Delta-Variante tödlicher ist als Alpha.“ Die Sterblichkeitsrate sei derzeit niedriger als bei anderen Varianten, so Topol, der sich auf ein 71-seitiges „Technical Briefing“ von Public Health England bezieht.
Auch diese dpa-Meldung spricht nicht für die Gefährlichkeit der Delta-Variante: Das zu Beginn der Corona-Krise eingerichtete Behelfskrankenhaus auf dem Messegelände von Hannover wird bis Ende September abgebaut. Die Kosten für die am Ende nicht genutzte Klinik würden sich auf voraussichtlich rund 39 Millionen Euro für Einrichtung und Miete der Messehallen belaufen, teilte das Gesundheitsministerium in Hannover am Montag mit. Die Klinik mit 485 Betten war für Patienten mit einem leichten bis mittelschweren Corona-Verlauf konzipiert und sollte im Falle einer Überlastung der regulären Kliniken in Betrieb genommen werden. Dies wurde allerdings nie erforderlich.
Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, wann vor den unkalkulierbaren Folgen der Epsilon-Variante gewarnt wird. Das griechische Alphabet bietet schließlich noch 20 Möglichkeiten – ohne die Zwischenstufen. Indien stuft aktuell eine neue, inoffiziell als „Delta plus“ bezeichnete Virusvariante als besorgniserregend ein.
Bild: Ira Lichi/Shutterstock
Text: ce
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