Ein Gastbeitrag von Sönke Paulsen
Die Tagesschau bietet heute ein unfreiwilliges Beispiel, wie satirisch, aber auch manipulativ politische Kompromisse in ihrem Entstehungsstadium daherkommen können.
Angekündigt durch Olaf Scholz in einem WDR-Podcast, soll die Rassismus-Studie für die Polizei jetzt doch kommen. Die Frage, warum das Olaf Scholz ankündigt und nicht der Innenminister, wird unausgesprochen pariert. Scholz „tausche sich dazu jeden zweiten Tag mit dem Innenminister aus“.
Man wisse nur noch nicht, wie man die Studie nennen solle (Scholz).
Zitiert wird Scholz mit den Worten: Es müsse einen Weg geben „dass die unglaublich große Mehrheit der Polizistinnen und Polizisten, die gute Arbeit leiste, sich sehr anstrengen und alles richtig machen, sich nicht mitgemeint fühlen“.
Das ist der Haupteinwand Seehofers gegen die Rassismus-Studie, den Scholz nun höchstselbst (als Sprachrohr Seehofers?) wiederholt.
Seehofer hatte ja als Alternative zur Rassismus-Untersuchung in der Polizei eine gesamtgesellschaftliche Rassismus-Studie angeregt.
Kurzer Zwischenstand: Der Bundesfinanzminister, der sich bisher als Vize-Kanzler kaum hervorgetan hat, kündigt eine Rassismus-Studie für die Polizei an, die in der Zuständigkeit des Innenministeriums liegt, gibt dann aber Statements ab, die vom Innenminister sein könnten, der die diskutierte Studie ablehnt.
Die SPD wünscht sich natürlich eine solche Studie, um ihre linken Wähler zu füttern.
Scholz darf also so tun, als hätte er Seehofer weichgeklopft, aber nur, wenn er das sagt, was Seehofer denkt.
Nun zum Kompromiss:
Aus einer Studie werden drei Studien oder Berichte.
- Der Verfassungsschutzbericht über Rechtsextremismus in den Sicherheitsbehörden, der schon vorliegt, wird nochmal analysiert und auf den gesamten öffentlichen Dienst ausgeweitet.
- Eine umfassende gesellschaftliche Untersuchung zum Rassismus wird in Auftrag gegeben, die sich nicht an bestimmten Berufsgruppen festmacht.
- Es soll eine gesonderte Studie über die Motivationslage von Polizeianwärtern, den Alltag der Polizei und die Gewalt gegen die Polizei geben.
Als Vize-Kanzler der Groko und „doppeltes Lottchen“ von Seehofer kündigt Scholz also an, dass er dem Innenminister eine Rassismus-Studie für die Polizei abgerungen habe, die darin besteht, dass die von Seehofer geforderte gesamtgesellschaftliche Studie ohne Berufsgruppen-Verdacht kommt, der Verfassungsbericht über die (angeblich rechtsextremen) Sicherheitsbehörden nochmal relativiert wird, indem er sich auf den gesamten öffentlichen Dienst bezieht. Schließlich wird der Alltag und die Gewalt gegen die Polizei nochmal gesondert untersucht werden. Auch eine Forderung aus dem Hause Seehofer.
Eine Rassismus-Studie für die Polizei kommt also nicht!
Seehofer hat sich wohl durchgesetzt und dafür Scholz die PR überlassen. Die Tagesschau berichtet über den Sieg der linken Hegemonie, der natürlich eine Niederlage ist, aber wen interessiert das schon?
Schöne Täuschung, Tagesschau! „Extremismus in der Polizei – Scholz kündigt Rassismus-Studie an“
Der Spiegel ist 3 Stunden später schon weiter. Aus unbestimmten Quellen wird berichtet, dass sich die Koalitionsrunde (Merkel, Seehofer, Scholz) umfassender geeinigt hat.
In der allgemeinen Studie (Punkt 3) über die Sicherheitsbehörden, die auch von der Gewerkschaft der Polizei gewünscht wurde, um die Alltagsbelastung der Polizisten festzustellen, können auch Fragen nach der Abwehr extremistischer Einstellungen Thema werden. Die Ausgestaltung stünde noch nicht fest.
Das reicht dem WELT Nachrichtensender übrigens auch, um zu titeln: „Die überfällige Studie. Rassismus bei der Polizei wird nun doch untersucht“.
Erweiterung der Handyüberwachung nebenbei mitbeschlossen
Außerdem bekämen alle drei Geheimdienste das Recht, Trojaner auf Handys aufzuspielen, um vor allem WhatsApp-Nachrichten und Telefonate zu überwachen. Wie die Ausgestaltung hier aussieht, wurde nicht berichtet. Vielleicht gibt es darüber ja nochmal einen Titel? Nein, wohl eher nicht.
Die SPD bekäme dafür als Gegenleistung die Kinderrechte ins Grundgesetz.
Ein seltsamer Handel!
Auch ein seltsamer Handel. Eine Studie wird gegen eine Grundgesetzänderung eingetauscht. Das alles ohne vorherige Debatte im Bundestag, ausgehandelt zwischen drei Leuten, die sich anscheinend mal eben die exekutive und legislative Macht in unserer Republik angeeignet und entschieden haben, was der Bundestag demnächst mit „Zwei-Drittel-Mehrheit“ beschließen soll.
Wie man sieht, endet mein Artikel nicht ganz so heiter, wie er angefangen hat.
Von Bismarck soll der Ausspruch stammen: „Mit Gesetzen ist es wie mit Würsten. Bei ihrer Herstellung sollte man besser nicht dabei sein.“
Sönke Paulsen ist freier Blogger und Publizist. Er schreibt er in seiner eigenen Zeitschrift „Héralt“
Bild: martinbertrand.fr/Shutterstock
Text: Gast