Von Kai Rebmann
Es ist eine Polizeimeldung, wie wir sie seit einigen Jahren in unschöner Regelmäßigkeit immer wieder lesen müssen. Am Montag informierte die Bundespolizei in Pasewalk (Mecklenburg-Vorpommern) über Ereignisse im Zusammenhang mit einer zunächst harmlos anmutenden Kontrolle im ICE von Berlin nach Stralsund, bei der ein Schwarzfahrer aufgegriffen wurde.
„Der Mann reiste ohne Fahrkarte und wollte den Zug trotz Aufforderung nicht verlassen. Daraufhin kam eine Streife der Bundespolizei zum Einsatz […]. Zeitgleich kam auch eine Streife der Landespolizei zum Einsatz. Der ICE traf verspätet um 12 Uhr im Bahnhof Anklam ein. […] Die Landespolizei hatte bereits die beschuldigte Person aus dem Zug geholt und gesichert. Es handelte sich um einen 28-jährigen Deutschen. Bei der Durchsuchung der Sachen wurde das Tatmittel (Nagelschere) in einer Jacke aufgefunden.“
Mit eben diesem Werkzeug soll der Fahrgast zuvor mehrere Zugbegleiter bedroht haben. Bemerkenswert war die Nennung der Nationalität, auch wenn sich hieraus keine Rückschlüsse auf einen möglichen Migrationshintergrund erlauben. In ähnlich gelagerten Fällen hatten die Behörden zuletzt immer wieder darauf verwiesen, dass Nationalitäten bei derartigen Taten keine Rolle spielten und diese daher grundsätzlich nicht genannt würden. Was vor allem dann zu gelten schien, wenn es sich bei den Tätern bzw. Verdächtigen um Nicht-Deutsche handelte.
Dutzende Messer-Delikte in Deutschland – und das jeden Tag
Grund genug also, die Meldungen vom vergangenen Wochenende stichprobenartig zu durchforsten, wie hoch die aktuelle Messerinzidenz in Deutschland ist und wie die Polizei über derartige Fälle berichtet. Dabei fällt auf, dass die Nationalität – oder jedenfalls das Erscheinungsbild – inzwischen durchaus regelmäßig thematisiert wird. Offenbar wurde erkannt, dass sich ein Problem nicht lösen lässt, indem man es totschweigt.
Daneben gibt es aber auch weiterhin Dienststellen, die einen riesigen Bogen um den großen Elefanten im Raum schlagen und sich in schwammige, aber gerade deshalb doch wieder vielsagende Formulierungen retten. So wie etwa das Polizeipräsidium Freiburg im Breisgau. Dort soll es der Meldung zufolge am Samstag zu „tumultartigen Szenen“ in einer „Gemeinschaftsunterkunft“ gekommen sein:
„Die Lage vor Ort konnte durch mehrere Polizeistreifen, auch mit Unterstützung der Bundespolizei und des Sicherheitsdienstes, weitestgehend beruhigt werden. Nach bisherigen Erkenntnissen kam es aus hier noch nicht bekannten Gründen zwischen mehreren Bewohnern der Unterkunft zu wechselseitigen Körperverletzungen und Bedrohungen, bei welchen auch Messer im Spiel gewesen sein sollen. Zwei der Beteiligten seien leicht verletzt worden. Bislang wurden gegen fünf Beteiligte, welche zwischen 22 und 32 Jahre alt sind, Ermittlungsverfahren eingeleitet.“
Ganz ähnliche Zustände müssen Polizeibeamte am Sonntag in Schoden bei Trier vorgefunden haben, als diese zu einer „privaten Feier“ gerufen wurden, nachdem es dort „zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen 20 und 30 Personen“ gekommen war:
„Bei Eintreffen starker Polizeikräfte der Polizeiinspektion Saarburg, umliegender Dienststellen und der Bundespolizei hatten sich bereits viele Beteiligte entfernt. Im Bereich des Bahnhofs konnten zunächst sechs Beteiligte durch Zivilkräfte und die Bundespolizei festgenommen werden. Hiervon wurden vier Personen nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen auf freien Fuß gesetzt. Die beiden weiteren Personen (18 und 19 Jahre) wurden nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft Trier vorläufig festgenommen. […] Eine Person erlitt Schnittverletzungen. Laut Zeugenaussagen soll durch einen Beteiligten ein Messer eingesetzt worden sein. […] Im Einsatz befanden sich 30 Kräfte der Polizei, 2 Rettungswagen sowie ein Notarzteinsatzfahrzeug.“
Tödlicher Messer-Angriff in Duisburg
Zu einem Messerangriff mit tödlichem Ausgang kam es am Samstag in Duisburg. Die Polizei schildert den Hergang wie folgt: „Anwohner alarmierten die Einsatzkräfte, weil eine Nachbarin (44) mit lebensgefährlichen Stichverletzungen aus dem Haus rannte und auf dem Gehweg zusammenbrach. Rettungssanitäter behandelten die 44-Jährige (deutsche Staatsangehörigkeit) vor Ort, ehe sie in ein Krankenhaus gebracht wurde. Dort erlag sie wenige Stunden später ihren Verletzungen. […] Nach bisherigem Kenntnisstand soll die Frau von ihrem Lebensgefährten (46, deutsch-polnische Staatsangehörigkeit) in der gemeinsamen Wohnung mit einem Messer verletzt worden sein. […] In Tatortnähe fanden die Einsatzkräfte das mutmaßliche Tatmittel.“
Das Polizeipräsidium Südhessen sucht mit folgender Täterbeschreibung nach zwei Männern, die in der Nacht zum Sonntag in Riedrode einen Raubüberfall auf einen Taxifahrer verübt und diesen dabei mit einem Messer bedroht haben sollen: „Die Flüchtigen wurden auf 20 bis 22 Jahre alt geschätzt. Sie sollen zwischen 1,70 und 1,80 Meter groß gewesen sein. Laut Zeuge wurden sie als dunkelhäutig beschrieben. Weiterhin sollen sie weiße Schuhe und medizinische Masken getragen haben. Sie trugen schwarze Jacken und schwarze Jeanshosen.“
Auch in Paderborn kam es zu einem Raubüberfall, bei dem ein Messer zum Einsatz kam. Die Polizei teilt hierzu mit: „Der Angestellte der Tankstelle war zur Tatzeit alleine hinter dem Kassentresen, als eine maskierte Person den Verkaufsraum betrat, den jungen Mann mit einem Messer bedrohte und die Herausgabe von Bargeld forderte. Der 26-jährige Angestellte kam der Forderung nach und der Räuber floh in unbekannte Richtung. Der Tankstellenmitarbeiter beschreibt den Täter als männlich, zwischen 180 und 190 Zentimeter groß und ungefähr 20 Jahre alt. Er trug eine schwarze Jacke, ein schwarz-graue Jogginghose und verbarg sein Gesicht unter einer schwarzen Ski-Maske. Zudem könnte es sein, dass der Täter mit leichtem osteuropäischem Akzent gesprochen habe.“
Diese Fälle sind ein wirklich nur sehr kleiner Auszug aus den Meldungen, die in Deutschland offenbar längst zum Alltag gehören und von der übergroßen Mehrzahl der Medien und Politiker – wohl leider aber auch der Bürger – allenfalls noch mit einem Achselzucken zur Kenntnis genommen werden. Schon beim Aussprechen mutmaßlicher oder auch tatsächlicher Täterprofile schwingt immer noch die mehr als nur latente Gefahr mit, umgehend in der Rassismus-Ecke zu landen.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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