Von Daniel Weinmann
Die Zahlungsunfähigkeit der KaDeWe-Gruppe erreicht nun auch Kunden und Steuerzahler. Ende Januar eröffneten das zur Luxuswarenhauskette gehörende gleichnamige „Kaufhaus des Westens“ in Berlin sowie die traditionsreichen Kaufhäuser Alsterhaus in Hamburg und Oberpollinger in München Antrag auf ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung.
Dabei hatte die Gruppe erst im vergangenen Jahr mit einem Umsatz von knapp 728 Millionen Euro das umsatzstärkste Jahr der Firmengeschichte gefeiert. Doch zu hohe Mieten machten ein nachhaltig ertragreiches Wirtschaften Unternehmensangaben zufolge fast unmöglich. In München etwa taxierten Experten den Anteil der Miete am Umsatz auf rund 20 Prozent, während Medienberichte für die Berliner Dependance jährlich 40 Millionen Euro ins Spiel brachten.
Das Geschäft läuft zunächst weiter, der Mehrheitseigner Central Group, ein Handels- und Immobilienkonzern aus Thailand, ist offenkundig bereit, die Warenhauskette mit Eigen- und Fremdkapital zu unterstützen. Als Voraussetzung gilt jedoch, dass eine Senkung der Mieten erreicht werden kann.
Bund-Länder-Bürgschaft in Höhe von 90 Millionen Euro
Schon jetzt in die Röhre schauen hingegen Lieferanten, Kunden – und Steuerzahler. Wer vor der Pleite eine Bestellung im KaDeWe getätigt hat, bleibt höchstwahrscheinlich bis auf Weiteres auf seiner Anzahlung sitzen. Die „Berliner Zeitung“ zitiert einen Brief des KaDeWe an eine Kundin. Sie erhalte vorerst weder die bestellte Ware noch das von ihr angezahlte Geld zurück, heißt es darin: „Bedauerlicherweise müssen wir Ihnen nach eingehender Prüfung der Sachlage mitteilen, dass auch Ihre geleistete Anzahlung (….) eine Insolvenzforderung im Sinne des §38 InsO darstellt. Wir bitten um Verständnis, dass wir aus rechtlichen Gründen weder diese Forderungen begleichen noch den Vertrag abwickeln können.“ Mit der „Hoffnung auf ihr Verständnis für die derzeitige Situation“ endet der dreiste Brief.
Besonders teuer für Berlin – und damit die Steuerzahler – könnte nach Informationen des „RBB“ eine Bürgschaft des Landes in Höhe von 18 Millionen Euro werden. Der Betrag stammt aus einer Bund-Länder-Bürgschaft für einen Kredit in Höhe von 90 Millionen Euro, den die KaDeWe-Muttergesellschaft 2020 im Rahmen der Corona-Hilfsmaßnahmen in Anspruch genommen hatte.
Für die Bürgschaft übernimmt der Bund die Hälfte des Risikos, die andere Hälfte teilt sich Berlin mit Hamburg und Bayern, in den die beiden anderen Luxuswarenhäuser der Gruppe stehen. Aktuell sind laut „RBB“ insgesamt noch 55 Millionen Euro im Feuer, für die die Steuerzahler in den drei Bundesländern geradestehen müssen.
»Es ist unklar, welches Risiko besteht, dass die Bürgschaft fällig wird«
Die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen gibt sich bedeckt. Ein Sprecher erklärte lediglich, dass zunächst die bestehenden Sicherheiten verwertet werden müssten, bevor eine Ausfallbürgschaft in Anspruch genommen werden könne. Aus einer Insolvenz ergebe sich daher noch keine Inanspruchnahme einer Bürgschaft.
Besonders ärgerlich für die Steuerzahler: Die Bürgschafts-Entscheidung wurde 2020 am Berliner Abgeordnetenhaus vorbei bewilligt. Laut Berliner Haushaltsgesetz können die Senatsverwaltungen für Finanzen und Wirtschaft Ausfallbürgschaften in einem bestimmten Rahmen gewähren, ohne das Parlament zu berücksichtigen. Der stadtentwicklungspolitische Sprecher der Grünen, Julian Schwarze, moniert denn auch die mangelnde Transparenz: „Es ist unklar, welches Risiko besteht, dass die Bürgschaft fällig wird. Damit ist weiterhin offen, ob das Land hier einen finanziellen Schaden hat – und damit auch der Steuerzahler.“
Klar scheint nur: Springt die thailändische Central Group nicht ein – die Signa Holding mit ihrem 49,9-Prozent-Anteil meldete bereits Ende November 2023 Insolvenz an – werden Berlin und seine Steuerzahler ebenso geradestehen müssen wie Bayern, Hamburg und der Bund.
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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.
Bild: nitpicker/Shutterstock