Hand aufs Herz: Haben Sie es nicht auch satt, ständig negative Nachrichten zu lesen? Bei denen man denkt, es seien „Aufzeichnungen aus einem Irrenhaus“? Was sie aber leider nicht sind – denn es sind reale Neuigkeiten aus Deutschland. Ich möchte Ihnen ein Kontrastprogramm bieten, aus meiner Zeit in Russland. Zum Entspannen und Schmunzeln. Voilà:
Ausgerechnet auf der Toilette hat Igor Gavrilov das Fürchten gelernt. Dabei ist der Fotograf des Moskauer FOCUS-Büro nach Jahrzehnten an vorderster Journalisten-Front so hart im Nehmen wie ein russischer T52-Panzer: Vom Erdbeben in Armenien über die Katastrophe in Tschernobyl bis hin zu Afghanistan. Überall hätte der Mann mit der Statur eines Holzfällers und dem Charme einer Elfe gemeine Angriffe von hinten erwartet – nur nicht auf so einem heimeligen Örtchen wie dem WC, noch dazu in einem Hotel, dem besten Haus am Platz – was aber nicht viel heißt in Duschanbe, im tiefsten Asien.
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Die Direktorin, Gebieterin über ein knappes Dutzend Zimmer, konnte nicht ahnen, dass Igor nicht nur ein Mozart der Fotografie ist – sondern ein Schelm vor dem Herrn, neben dem die meisten deutsche TV-Komiker so schal wirken wie Wasser gegenüber Wodka. So traf die Frau, deren Frisur so hoch gesteckt war, dass man darunter ein Versteck für die Dollar-Barbestände vermuten konnte, fast der Schreck, als sich Igor nach dem Frühstück – genauer gesagt nach zwei Spiegeleiern mit Wurst – lautstark in der Lobby bei ihr beklagte: „In Ihrem Klo hat mich ein Krokodil gebissen!“
Höchstens Kakerlaken im Haus
In Duschanbe, der Hauptstadt der früheren Sowjetrepublik Tadschikistan, ist allerhand Exotisches zu finden – aber Reptilien im WC? „Ausgeschlossen, ich versichere Ihnen, dass wir nie so ein Tier im Haus hatten!“ Kakerlaken höchstens, schien sie noch dazu sagen zu wollen, doch Igor hatte sie schon wieder unterbrochen: „Als ich mich gestern auf die Kloschüssel setzte, spürte ich, wie mich jemand in den Hintern beißt.“ Die Hoteldame verzog derart die Miene, dass das zentimeterdick aufgetragene Make-Up abzubröckeln drohte: „Ausgeschlossen! Hatten wir nie!“
Klare Beweislage
Mit größter Mühe konnte Igor sein Schmunzeln hinter seinem blonden Bart verstecken: „Sie werden doch nicht verlangen, dass ich Ihnen als Beweis die Wunde zeigen!“ Die Direktorin machte erschrocken einen Satz zurück; dabei drohte sie angesichts ihrer gewaltigen Körpermaßen das Gleichgewicht zu verlieren: „Um Gottes Willen, bleiben Sie angezogen, ich bin verheiratet, mein Mann würde Sie umbringen, und mich dazu. Lieber suchen wir das Krokodil. Wo soll es denn hergekommen sein?“
Krokodil schnappte sofort zu
Der erste, schmerzhafte Biss kam gleich nach der ersten Tuchfühlung mit dem WC, berichtete Igor, und nur durch einen hastigen Hechtsprung habe er sich retten können. Als er einen zweiten Versuch wagte, erging es ihm nicht besser. Nach dem dritten Mal bewaffnete sich Igor mit seinem Pantoffel, hielt ihn in Schlagbereitschaft und war fest entschlossen, das Plätzchen unter die Lupe zu nehmen und den Übeltäter – ob vier- oder mehrbeinig – niederzustrecken.
Doch schon beim Anheben der Klobrille löste sich das Rätsel: Das giftgrüne Plastik war gebrochen. Die heimtückische Bruchstelle war mit bloßem Auge nicht zu sehen – dafür umso heftiger zu spüren, sobald sie unter dem Druck des Körpergewichtes wie eine Zange in die zarte Haut kniff.
Niagara-Fälle im Bad
„Na Sie machen Witze, so was kommt halt mal vor, das ist doch nicht tragisch – von wegen Krokodil“, wies die Direktorin Igor streng, aber doch lächelnd zurück. Zu früh: „Nach den Bissen hatte ich die Niagara-Fälle im Bad“, klagte Igor weiter. Die Dame war geographisch offenbar nicht allzu bewandert, und so musste sich Igor deutlicher ausdrücken: „Das ist zwar eine Nasszelle, aber muss es deswegen so stark von der Decke tropfen, dass ich das Wasser gar nicht mehr aufdrehen muss, um zu duschen?“ Wieder ließ sich die Direktorin nicht beirren: „Ach ja! Stimmt! Machen Sie sich deshalb keine Sorgen, das ist normal. Das ist der Engländer, der über Ihnen wohnt, der geht so oft ins Bad.“
Erschwerter Kontakt zur Außenwelt
Igor ließ nicht locker. Anspruchsvoll, wie er ist, beklagte er sich nun auch noch darüber, dass es im ganzen Hotel nur ein einziges Telefon gab. „Und wenn Ihre Mitarbeiterinnen dieses einzige Telefon den ganzen Tag belegen, um sich bei ihren Verwandten nach deren Nachtschlaf, den Preisen für Radieschen auf dem Markt und dem Fernsehprogramm zu erkundigen, macht es den Hotelgästen den Kontakt mit der Außenwelt nicht gerade leichter“, monierte Igor.
Mit 'Interpol' wird alles besser
Endlich stieß er auf Verständnis. „Regen Sie sich nicht auf“, sagte die Hoteldirektorin mit einem stolzen Lächeln: „In einem Jahr wird alles viel besser – dann bekommen wir Interpol in unser Hotel.“ Igor zuckte zusammen: „Das ist eigentlich genau das, was wir nicht unbedingt brauchten!“ Nein, nein, meinte die Dame strikt, mit Interpol werde alles viel bequemer. Igors Blick verfinsterte sich. In Gedanken sah er wohl Drogenhandel und dunkle Mafia-Geschäfte. „Wo sind wir da nur hingeraten?“ schien er sich zu fragen. Doch die Dame beruhigte ihn: „Das wird sehr bequem!“ Was an Interpol bequem ist? „Na ja, da kommt dann ein Kabel in jedes Zimmer und man braucht das Telefon nicht mehr.“ Ob sie nicht doch etwas anderes meint? „Nein, nein, Interpol heißt das, glaube ich“; sagt sie: „Oder so ähnlich. Oder Interset. Oder Internet!“
Nach dem wirklich unangenehmen „Job“ mit dem Lauterbach-Interview bin ich Ihnen für ein Schmerzensgeld besonders dankbar – und verspreche dafür, auch beim nächstem Mal wieder in den sauren Apfel zu beißen und wachsam an dem gefährlichen Minister dran zu bleiben! Aktuell ist (wieder) eine Unterstützung via Kreditkarte, Apple Pay etc. möglich – trotz der Paypal-Sperre: über diesen Link. Alternativ via Banküberweisung, IBAN: DE30 6805 1207 0000 3701 71. Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut.
Mein aktuelles Video:
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