Kamillen-Tinktur für Blondinen Geschichten zum Schmunzeln – Mein Krisen-Alternativ-Programm

Hand aufs Herz: Haben Sie es nicht auch satt, ständig negative Nachrichten zu lesen? Bei denen man denkt, es seien „Aufzeichnungen aus einem Irrenhaus“? Was sie aber leider nicht sind – denn es sind reale Neuigkeiten aus Deutschland. Ich möchte Ihnen ein Kontrastprogramm bieten, aus meiner Zeit in Russland. Zum Entspannen und Schmunzeln. Voilà:

Wenn es um Liebesdinge geht, gelten die Franzosen als Fachleute, und wer tiefer eindringen will in die Materie, greift gerne zu Büchern und dem Rat von Fachleuten aus unserem Nachbarland. Bei kulinarischen Dingen blicken wir, je nach Geschmack, nicht nur nach Westen, sondern auch nach Süden, über die Alpen, Richtung Italien. Wenn es ums Musikalische geht und um Technik, schielen wir gerne über den großen Teich und schauen den Amerikanern etwas ab. Was läge da näher, als jetzt, in Zeiten der Krise, Rat zu suchen beim inoffiziellen Krisen-Weltmeister: bei Russland.

Wer kann auf dem alten Kontinent mehr Erfahrung mit Krisen und mehr Rezepte gegen sie bieten als die Russen? Selbst wenn man die schwierigsten Jahre der Zarenzeit außen vor lässt, sind sie mit fast 80 Jahren Dauer-Krise seit der Oktoberrevolution die unangefochtenen Spitzenreiter im Krisenmanagement. Gut, die Russen sind nicht federführend, wenn es darum geht, Krisen zu beenden. Aber das muss schließlich jeder selbst. Doch unsere fernen Nachbarn können uns zeigen, wie man der Krise trotzt oder sich zumindest über Wasser hält.

Genau das führt jetzt zumindest die Moskauer Zeitschrift „Wlast“ vor bzw. auf: In ihrer jüngsten Ausgabe bringt sie dem Leser Tipps für die harten Zeiten – altbewährte, die auf sowjetische Bücher aus dem Jahre 1957 („Haushaltsführung“) und 1967 („500 nützliche Ratschläge“) zurückgehen und somit in Jahrzehnten praxiserprobt sind.

Der richtige Umgang mit der Krise kann demnach schon bei der Morgenwäsche beginnen, bereits in der Badewanne kann gespart werden: Der Kopf, so der Ratschlag, “ist einmal alle acht bis zehn Tage zu waschen, mit heißem Wasser und Seife, und zwar so, dass nicht nur alle Haare, sondern auch die Kopfhaut mit Seifenschaum bedeckt ist. Weitere Einsparmöglichkeiten bieten sich im Friseur-Salon, genauer gesagt durch dessen Meiden: „Die weit verbreitete Meinung, dass Haarschneiden und Kopfrasur die Haare stärken, ist völlig unbegründet. Häufiges Schneiden, vor allem Kahlnschneiden, macht die Haarwurzeln lose und fördert den Haarausfall.“

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Wer mit der Haarfarbe nicht zufrieden ist, kann ebenfalls kostengünstiger für Abhilfe sorgen als mit teuren Tuben aus der Drogerie: Auch Hennastrauch, Kamillen-Extrakt (für Blondinen), Rhabarber, Zwiebelschalen-Sud (für den Gelbstich) und eine Tinktur aus Walnüssen (Brauntöne) können, günstig und ungefährlich, zum erwünschten Teint verhelfen. Für die nötige Wallung sorgen billig Lockenwickler, die aus Watte selbst gedreht werden.

Fehlt es an warmen Schuhen, Strümpfen oder Socken, so lässt sich der Fuß warmhalten, wenn man ihn mit Fett einreibt, und dann mit einer Zeitung oder anderem, nicht sehr dicken Papier einwickelt. Fehlt es an Schuhen zum Wechseln, so sorgt gut erwärmter Hafer für schnelles Trocknen, weil er die Feuchtigkeit im Schuh schnell aufsaugt. Gestrickte Kleidung sollte auf keinen Fall weggeschmissen werden, auch wenn sie noch so kaputt oder abgetragen ist: Man kann aus den Fäden Neues stricken.


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'Gorbatschow'-Wodka für die Fensterwäsche

Auch an Kindern kann gespart werden, so die Empfehlung aus den alten Büchern. Windeln etwa lassen sich günstig selbst machen aus Mull. Beim Waschen kann Seife die Waschmittel ersetzen; für Wolle, egal ob gefärbt oder nicht, ergibt der Sud von grünen Bohnen gute Waschresultate, wenn sie vorher durch ein Leinentuch gefiltert wurde. Für die Fensterwäsche muss es nicht unbedingt Meister Proper sein, zur Not tun es auch ein paar Tropfen „Gorbatschow“ oder „Moskowskaya“, später getrocknet mit Zeitungspapier. Auch zerkleinerte Kreide tut auf dem Glas seinen Dienst.

Zur Toilettenreinigung wird Salzsäure empfohlen, wobei der Prozess so gefährlich und aufwendig ist, dass auf die Beschreibung aus haftungstechnischen Gründen verzichtet sei. Ungefährlich dagegen ist das Säubern von Teppichen mit Gras anstatt von Staubsaugern: Das Grünzeug, zur Not auch Teesatz, ist aufzustreuen und dann im Hof auszuklopfen. Gegen Fettflecken helfen Sägespäne, die vorher in Benzin getunkt werden. Zur Reinigung von Ölbildern sind rohe Kartoffeln zu empfehlen.

Die Liste der Ratschläge aus den 50er und 60er Jahren der Sowjetunion, die „Wlast“ aufzählt, ließe sich noch lange fortführen. Auch wenn manches klingt, als stamme es aus einem Öko-Ratgeber aus den 80er Jahren – viele Tipps lassen einem doch fast den Atem im Hals ersticken – angesichts der bitteren Not, die offenbar herrschen musste, damit diese Tipps notwendig wurden.

Vielleicht ist das auch die Botschaft, die Moral der Geschichte, die wir Deutschen lernen können: Wenn man sich vor Augen hält, mit welcher Armut und welchen widrigen Umständen andere Menschen zu anderen Zeiten zurecht kommen mussten, erscheint einem die hauseigene Krise doch fast schon als Luxus.

Nach dem wirklich unangenehmen „Job“ mit dem Lauterbach-Interview bin ich Ihnen für ein Schmerzensgeld besonders dankbar – und verspreche dafür, auch beim nächstem Mal wieder in den sauren Apfel zu beißen und wachsam an dem gefährlichen Minister dran zu bleiben! Aktuell ist (wieder) eine Unterstützung via Kreditkarte, Apple Pay etc. möglich – trotz der Paypal-Sperre: über diesen Link. Alternativ via Banküberweisung, IBAN: DE30 6805 1207 0000 3701 71. Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut.

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Bild: Shutterstocvk

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