Von Kai Rebmann
Wird die Erde schon in nicht allzu ferner Zukunft zu einem faktisch unbewohnbaren Planeten? Und das alles wegen des menschengemachten (!) Klimawandels? Natürlich nicht! Genau diesen Eindruck aber will der Bayerische Rundfunk seinem Publikum in einem aktuellen Artikel zu diesem Thema auf seiner Homepage vermitteln.
Der ARD-Sender feuert dabei nicht nur aus allen Klima-Rohren, sondern legt gleich in den ersten Zeilen los wie die Feuerwehr: „Die menschengemachte Klimaerwärmung lässt die Polkappen schmelzen. Dadurch dreht sich die Erde langsamer, was die Tage messbar verlängert. Der Mensch übertrumpft bald die Gezeitenkräfte des Mondes. Sogar die Pole sollen ihre Position verändern“, heißt es da in der Einleitung.
GEZ-Zahler werden hinter die Fichte geführt
Ja, natürlich handelt es sich bei 1,33 Millisekunden pro Jahrhundert um eine irgendwie „messbare“ Größenordnung. Um durchschnittlich eben diese Zeitspanne sollen sich die Tage auf der Erde in den ersten beiden Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts verlängert haben. Das jedenfalls behaupten Forscher der ETH Zürich in einer aktuellen Studie, beziehen sich dabei aber ausdrücklich auf die Verlängerung pro Jahrhundert!
Der BR jedoch erweckt, bewusst oder unbewusst, einen anderen Eindruck, indem er schreibt: „Für die ersten zwei Jahrzehnte des 21. Jahrhunderts errechneten die Experten, dass die Tageslänge klimabedingt durchschnittlich um 1,33 Millisekunden zunahm. Das klingt wenig, ist aber mehr als im gesamten 20. Jahrhundert.“ Der Leser wird hier in die Irre geführt, da die Information, dass sich die 1,33 Millisekunden auf das Jahrhundert (und nicht etwa ein Jahrzehnt) beziehen, einfach unterschlagen wird.
Die praktische Einordung dieses Wertes folgt ohnehin erst sehr viel später, wenn der Leser erfährt, dass ein Wimpernschlag mindestens 100 Millisekunden dauert. Und noch deutlich länger, nämlich bis zu den letzten beiden Sätzen des gesamten Artikels, dauert es, ehe der BR vollständige Entwarnung gibt: „Allerdings bestehe wenig Grund zur Sorge, denn diese Auswirkungen seien gering. Es ist eher unwahrscheinlich, dass davon eine Gefahr für uns Menschen ausgehe“, werden die Schweizer Forscher wiedergegeben, allerdings erst ganz zum Schluss.
Auf dem Weg hin zu dieser Erkenntnis wird der Leser mit allerlei mehr oder weniger wissenswerten Details aus der Erdgeschichte konfrontiert. Etwa, dass auch der Mond – völlig losgelöst von jedem Klimawandel – die Tage auf unserem Heimatplaneten um 2,4 Millisekunden pro Jahrhundert verlängere, weshalb ein Tag vor Milliarden von Jahren noch 19 Stunden gedauert habe und jetzt eben 24 Stunden.
Ist das noch Wissenschaft oder kann das weg?
Weitere Faktoren, die sich im Bereich von Millisekunden auf die Tageslänge auswirken, sind demnach Vulkanausbrüche, Meteoriteneinschläge, Erdbeben oder sonstige Veränderungen im Erdmantel oder Erdkern. Und dann erfährt der geneigte GEZ-Kunde noch, was die Rotation der Erde und die Pirouette einer Eiskunstläuferin gemeinsam haben.
Mit dem Klimawandel hat all das freilich wenig bis gar nichts zu tun, dennoch gelingt es den BR-Kollegen natürlich, den Bogen wieder zurück zu dieser vermeintlich menschengemachten Bedrohung zu schlagen. Im Jahr 2100 werden sich unsere Enkel und Urenkel in einer Welt zurechtfinden müssen, in der sich die Tage – in einem fiktiven Worst-Case-Szenario – um bis zu 2,62 Millisekunden pro Jahrhundert verlängern könnten.
Mostafa Kiani Shahvandi, Doktorand an der ETH Zürich und Erstautor der Studie, erläutert dazu: „Wir haben die Tagesverlängerung berechnet und gesehen, dass sie seit dem Jahr 2000 deutlicher zunimmt. Bis zum Ende des Jahrhunderts wird sich der Klimawandel sogar stärker auf die Tageslängen auswirken als andere Einflüsse wie der des Mondes.“
Wohlgemerkt und nochmal zur Erinnerung: Wenn der Student hier von „deutlicher Zunahme“ und „starker Auswirkung“ spricht, so geht es dabei um den Bruchteil der Dauer eines Wimpernschlags.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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