Mein Demo-Déjà-vu in Berlin – Polizei zeigt plötzlich ganz anderes Gesicht Antisemitismus, Chaos und Polizei-Einsatz am Kudamm – ein Erlebnisbericht

Sehen Sie hier mein Video zu diesem Thema mit Aufnahmen von der Demo.

Es hatte etwas Gespenstisches, was ich vergangenes Wochenende in Berlin erlebte. Ein Déjà-vu der anderen Art. Bei dem mir sehr mulmig wurde. Und Wut in mir aufkochte. Es war im Zentrum des alten Westens, einen Steinwurf vom Bahnhof Zoo entfernt. Schon als ich mich bei meinem Besuch in der Hauptstadt dem Ort des Geschehens näherte, kam ich mir vor wie in einer Zeitmaschine: Polizei überall, so viel, so aufgeregt, dass mir schnell klar wurde: Da muss eine Demonstration sein.

Und tatsächlich – einige hundert Demonstranten hatten sich versammelt, in der Joachimsthaler Straße am Kudamm. Nur, dass es hier nicht gegen die Corona-Maßnahmen ging, sondern um Israel und Palästina. Pro-palästinensische Demonstranten hielten Spruchbänder in die Luft, auf denen etwa stand: „Kinder-Bombardieren ist keine Selbstverteidigung“.

Dabei kam ich offenbar zu spät, um die heftigsten Szenen zu sehen. Augenzeugen und Polizisten berichteten, dass bei der Demo antisemitische und verbotene Parolen skandiert bzw. gezeigt wurden, ebenso wie ein Bild des getöteten Hamas-Chefs Jihia al-Sinwar. Aus der Menge heraus wurden demnach Flaschen und andere Gegenstände auf Polizisten und Gegendemonstranten geworfen. Die Polizei, die mit einem großen Aufgebot vor Ort war, löste die Kundgebung auf. Doch die Teilnehmer wollten nicht gehen. Dabei kam es auch zu Auseinandersetzungen, bei denen Polizisten und Demonstranten verletzt wurden.

Ein Augenzeuge kam zu mir, als er sah, dass ich filmte, und klagte, wie brutal die Polizei vorgehe. Und ganz offen gestanden: Hätte ich nicht die unglaublich brutale Polizei-Gewalt gegen friedliche Demonstranten bei den Berliner Corona-Demos von 2020 bis 2022 erlebt – ich wäre selbst überrascht gewesen von der Härte des Polizeieinsatzes. So aber bin ich wohl abgestumpft, beziehungsweise falsch geeicht – denn im Vergleich zu den Brutalo-Methoden damals, als ich auch selbst mehrfach geschlagen und umgestoßen wurde, war das Vorgehen der Beamten gegen die Pro-Palästina-Demo geradezu sanft.

So wurde nach der Auflösung der Demo und der Weigerung der meisten Teilnehmer, wegzugehen, nicht etwa ein „Polizeikessel“ gebildet, wie bei vielen Corona-Demos, als die Beamten Demonstranten teilweise eine halbe Ewigkeit festsetzten. Es wurde auch nicht wahllos auf Menschen eingeprügelt, wie damals, als etwa eine alte Frau zu Boden gestoßen wurde und später starb (siehe hier).

Verstehen Sie mich bitte richtig: Ich habe nur das Ende der Demonstration erlebt und maße mir deswegen kein Urteil zu. Der Polizeieinsatz war in meinen Augen hart, aber das, was ich gesehen habe, war in Sachen Brutalität nicht vergleichbar mit dem, was ich bei den Corona-Demos gesehen habe. Es war, als wären hier ganz unterschiedliche Polizei-Truppen im Einsatz gewesen. So bleibt der Eindruck, dass Berlins Polizei bzw. ihre Führung mit zweierlei Maß misst und vor allem zuschlägt. Und das, obwohl mit Kai Wegner inzwischen ein Christdemokrat die Stadt regiert und auch der besonders harte Innensenator Andreas Geisel (früher SED, später SPD) nicht mehr im Amt ist.

Ich persönlich musste feststellen, dass offenbar die Demonstrationen damals und insbesondere die brutale Gewalt dort bei mir weitaus tiefere Narben in der Seele hinterlassen haben, als ich dachte. In manchen Momenten kam die alte Angst wieder hoch, im Angesicht der Beamten in ihrer Angst machenden Kampfmontur und der aufgehetzten Diensthunde. Ich bekam eine Gänsehaut, und das war alles andere als schön. Es ging sogar so weit, dass ich einmal mit den Tränen kämpfen musste. Ich denke, damit bin ich nicht allein. Wer all das in den Corona-Jahren erlebt hat, wird es wohl nicht vergessen. Und die Wunden können nur vernarben – aber nicht verschwinden.

Sehen Sie hier mein Video zu diesem Thema mit Aufnahmen von der Demo.

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