Von Ekaterina Quehl
Klima-Shaming. Als ich den Begriff neulich bei Focus las, musste ich denken, das ist doch ein schöner neuer Begriff, mit dem man die ohnehin schon gut konditionierte Leserschaft noch mehr erziehen kann. Damit sie sich vor lauter schlechtem Gewissen klima-korrekter verhält.
„Fliegen, shoppen, Fleisch essen… alles Dinge, die unserem Planeten nicht wirklich guttun. Verständlich, dass diejenigen, die verzichten, sich ärgern, wenn andere weitermachen wie bisher“, heißt es im Focus-Beitrag.
Der Beitrag beschäftigt sich also mit der Zielgruppe „klimaschädliche Verbraucher“, die fliegen, shoppen, duschen, Fleisch essen und möglicherweise dabei noch Spaß haben. Das Blatt sucht nach Lösungen, wie man solche Verbraucher von dem schädlichen Konsumieren abbringt.
An das Klima-Shaming musste ich auch denken, als ich neulich in einem Hotel mit einem kleinen, aber sehr feinen Wellness-Bereich übernachtete.
Nach dem Frühstück fragte ich die freundliche Mitarbeiterin an der Rezeption, ob der Wellnes-Bereich heute geöffnet sei. Ja, sagte die Frau, aber die Sauna müsse man erst noch anschalten. Ich dankte freundlich und bat um Bademäntel. Plötzlich hörte ich eine strenge männliche Stimme: „Wollen Sie auch die Sauna benutzen?“ Das war der Hotel-Besitzer. Ohne Hintergedanken sage ich: „Ja, das wäre schon sehr nett.“
Im gleichen Moment habe ich verstanden, dass ich etwas angesprochen hatte, was im Haus offenbar als etwas Sakrales gilt. „Dann muss ich es vorher einschalten“, sagte der Hotel-Besitzer leicht genervt. „Das wäre sinnvoll“, dachte ich.
Er machte sich auf den Weg zum Wellness-Bereich. Als er an mir vorbeilief, sagte er mir mit einem vorwurfsvollen Blick: „Sauna verbraucht sehr viel Strom und sie ist nicht immer bei uns eingeschaltet. Es ist sehr teuer und wir machen es nur auf Anfrage. Aber man muss bitte aufpassen.“
Er reicht also nicht, wenn man die zahlreichen Hotel-Services bezahlt hat. Man wird auch noch für eigenes Geld getadelt, dass man diese Services in Anspruch nehmen möchte. Denkt man die Logik des Hotel-Besitzers zu Ende, dann wäre es auch beschämend, im Hotel-Zimmer zu duschen. Oder im Restaurant zu frühstücken. Oder überhaupt im Hotel zu übernachten. Weil zu Hause zu bleiben ja doch viel klimafreundlicher ist. Und man verbraucht nicht mehr Strom, Wasser und Kraftstoff als im Alltag sonst.
Mit dem „Klima-Shaming“ soll an Menschen hierzulande also Druck ausgeübt werden, damit sie für ihr eigenes Geld nicht so konsumieren, wie sie es selbst für richtig und angenehm halten. Doch so einfach ist es laut der Konsum-Expertin nicht.
„Macht Klima-Shaming beziehungsweise die gezielte Provokation dieses Gefühls aus Ihrer Sicht als ein Stück soziale Kontrolle Sinn?“
„Überhaupt nicht“, antwortet die Expertin. „Das ist auch wissenschaftlich erwiesen: Verhaltensänderungen funktionieren nur dann langfristig, wenn die Motivation eine positive ist“, lautet ihre Antwort.
„Der Druck wirkt zwar, aber nur kurzfristig. Heißt: Wird man wegen des Fliegens geshamed, achtet man vielleicht ein paar Monate drauf, weil man ein schlechtes Gewissen hat. Ist es aber nur das schlechte Gewissen und findet man keine für sich befriedigenden Alternativen, dann kann ich garantieren: Man sitzt sehr bald doch wieder im Flieger“, so die Expertin.
Jetzt wird endlich klar, warum es mit dem öffentlichen Tadeln durch Medien und Politik, Straßen-Kleben und Grundgesetz-Beschmieren nicht wirklich funktioniert. Es sollen also andere erzieherische Methoden auf die klima-inkorrekten Konsumenten ausgeübt werden. Denn diese Menschen sind praktisch nicht schuld daran, dass sie für ihr eigenes Geld so leben wollen, wie sie es für richtig und angenehm halten. Es sind psychologische Mechanismen, die dahinter stecken.
Konkret an dem Sauna-Beispiel würde es also heißen: Wenn man uns dazu bringen möchte, dass wir die Hotel-Sauna nicht benutzen, darf man uns das nicht vorwerfen, wie es der Hotel-Besitzer getan hat. Sonst schämen wir uns nur ein bisschen und gehen dann doch in die Sauna. Aus Trotz.
Was soll man mit uns bloß machen, damit wir dieses klimaschädliche Stück Luxus zwar mitbezahlen, aber bloß nicht in Anspruch nehmen, weil es ja so viele Ressourcen verbraucht und umweltunfreundlich ist.
Wie vermutet, hat die Konsum-Kritikerin Kaller auch hier eine Lösung. Damit man uns vom klimaschädlichen Konsum – wie etwa in die Sauna gehen – abbringt, muss man sich gegenüber uns anders verhalten.
„Verhaltensänderungen sind etwas Langfristiges – auch das ist jetzt nicht mein Eindruck, sondern Forschung. Es gibt zahlreiche Studien dazu“, so die Konsum-Kritikerin. „Dass wir mindestens mit fünf bis sechs Wochen rechnen müssen, um eine Änderung dauerhaft hinzukriegen.“ Am Beispiel ihrer Nichte, die gern vom morgendlichen Croissant zum Frühstück wegkommen wollte, erklärt uns die Expertin, dass wir eine gute Alternative brauchen, was uns locken sollte. Bei der Nichte sollte es Müsli sein, mit dem es im Bauch der Nichte viel besser gehen soll.
Doch was könnte eine bessere Alternative zum Saunieren sein, womit wir uns viel angenehmer und gut erholt fühlen und wofür wir auch bereit sind, genauso viel zu bezahlen? Nach der Logik der Konsum-Expertin wäre es vermutlich so etwas wie sich gegenseitig im eigenen Bad, aber bloß nicht in der Badewanne, zuhause zu bepusten, nachdem man ein paar Birken-Blätter oder Lavanda-Blüten geschluckt hat. Dabei sollte man imaginieren, wie schön und gesund das gegenseitige Bepusten doch ist und wie groß mein eigener Klimaschutz-Beitrag dabei ist. Und das am besten täglich 6 Wochen lang.
Nach dem herrlichen Sauna-Besuch gingen wir noch shoppen und danach ins Restaurant. Wohlverdienter kleiner Urlaub. Ich denke, das sollten wir doch jedes Wochenende sechs Wochen lang machen, damit wir diese „Sache so richtig positiv verinnerlichen“, so wie es bei der Konsum-Expertin heißt. Klima-Shaming funktioniert tatsächlich nicht – da hat die Konsum-Kritikerin recht.
Ausschreibung zur Fahndung durch die Polizei, Kontenkündigungen, Ausschluss aus der Bundespressekonferenz: Wer in Deutschland kritisch berichtet, sieht sich Psychoterror ausgesetzt. Und braucht für den Spott der rot-grünen Kultur-Krieger nicht zu sorgen. Ich mache trotzdem weiter. Auch, weil ich glaube, dass ich Ihnen das schuldig bin. Entscheidend fürs Weitermachen ist Ihre Unterstützung! Sie ist auch moralisch sehr, sehr wichtig für mich – sie zeigt mir, ich bin nicht allein und gibt mir die Kraft, trotz der ganzen Schikanen weiterzumachen! Ganz, ganz herzlichen Dank im Voraus für Ihre Unterstützung, und sei es nur eine symbolische!
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Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Ekaterina Quehl ist gebürtige St. Petersburgerin, russische Jüdin, und lebt seit über 19 Jahren in Berlin. Pioniergruß, Schuluniform und Samisdat-Bücher gehörten zu ihrem Leben wie Perestroika und Lebensmittelmarken. Ihre Affinität zur deutschen Sprache hat sie bereits als Schulkind entwickelt. Aus dieser heraus weigert sie sich hartnäckig, zu gendern. Mit 27 kam sie nach einem abgeschlossenen Informatik-Studium nach Berlin und arbeitete nach ihrem zweiten Studienabschluss viele Jahre als Übersetzerin, aber auch als Grafikerin. Mittlerweile arbeitet sie für reitschuster.de.
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