Nach Kritik an Corona-Politik: Hetze gegen kritische Schauspieler Satire-Aktion als "rechtsradikale Propaganda" diffamiert

Von Christian Euler

Es war Balsam für die Seelen vieler Bundesbürger, welche die Corona-Politik der Regierung Merkel hinterfragen. Endlich bekamen sie prominente Unterstützung. Rund 50 der bekanntesten deutschen Schauspieler und Schauspielerinnen, darunter Jan Josef Liefers, Heike Makatsch, Richy Müller und Ulrich Tukur, zeigten klare Kante. In kurzen Videoclips, jede(r) auf seine Weise – geistreich und ausnahmslos ironisch.

Allesdichtmachen.de hieß die Seite, überschrieben mit „allesdichtmachen“, „niewiederaufmachen“ und „lockdownfürimmer“. „Hieß“ – denn die Seite war nur für wenige Stunden erreichbar. Es war nur der Beginn einer massiven Hetzkampagne durch die Medien. Stefan Niggemeier etwa, der bis März 2006 verantwortlicher Medienredakteur der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung war, twitterte: „Bekannte, geschätzte Schauspielerinnen und Schauspieler kämpfen mit ekliger Ironie gegen #Corona-Maßnahmen. Ich kann das gar nicht glauben. Das ist grauenhaft. Nicht nur von der Zielrichtung her, sondern vor allem in der Form.“

Der Journalist und Blogger Enno Park, der durch ein Implantat sein Gehör zurückgewonnen hat, wählt diese – wenig verständnisvollen – Worte: „Heike Makatsch oder Ulrike Folkerts mögen sich ihren Egoismus irgendwie zurechtrationalisieren, aber letztlich verbreiten sie gerade rechtsradikale Propaganda und haben nichts dagegen, wenn andere aufgrund ihres Verhaltens verrecken.“ Dafür bekam Park mehr als 3000 Likes. Kaum verwunderlich, dass auch Jan Böhmermann in den Vergeltungs-Feldzug der Mainstream-Medien einstimmte, indem er gleich die Gegenbewegung „allenichtganzdicht“ ins Leben rief.

Heike Makatsch bittet um Verzeihung

„Verunglückte Netz-Kampagne“, titelte der Tagesspiegel – während Focus Online seine Headline so wählte: „Deutsche Schauspiel-Stars starten bizarre Kampagne gegen Medien und Bundesregierung“. „Alle nicht ganz dicht?“, fragt die Süddeutsche Zeitung und bemängelt das fehlende Mitleid „mit den 80.000 Covid-Toten“. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Harsche Kritik gab es auch von Kolleginnen und Kollegen. „Heute bisschen für Kollegen schämen“, postete Christian Ulmen auf Instagram kurz und bündig. Nora Tschirner attestierte den Machern der Clips Handeln aus Langeweile und Zynismus, während Elyas M’Barek schrieb: „Mit Zynismus ist doch keinem geholfen.“

Heike Makatsch hält der Hass-Welle offensichtlich nicht stand und bittet öffentlich um Verzeihung: Sie „wollte nicht rechten Demagogen in die Hände spielen“, entschuldigt sich die beliebte Schauspielerin, „ich erkenne die Gefahr, die von der Corona-Pandemie ausgeht und will niemals das Leid der Opfer und ihrer Angehörigen schmälern und sie womöglich dadurch verletzen. Sollte das geschehen sein, so bitte ich um Verzeihung.“

Auch die TV-Sender zeigen sich in Geberlaune: Der nordrhein-westfälische SPD-Politiker und WDR-Rundfunkrat Garrelt Duin (53) möchte Jan Josef Liefers und Ulrich Tukur künftig nicht mehr als „Tatort“-Kommissare sehen und forderte auf Twitter berufliche Konsequenzen für die beteiligten Schauspieler: „Die zuständigen Gremien müssen die Zusammenarbeit – auch aus Solidarität mit denen, die wirklich unter Corona und den Folgen leiden – schnellstens beenden“, schrieb der Vertreter des staatsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Fernsehens und forderte damit faktisches Berufsverbot für Kritik an der Regierung. Er löschte seine Tweets später wieder.

Minister Spahn sucht den Dialog

Auch Jan-Josef Liefers distanzierte sich vom rechten Spektrum: „Eine da hinein orakelte, aufkeimende Nähe zu Querdenkern u.ä. weise ich glasklar zurück.“ „Es gebe im aktuellen Spektrum des Bundestages auch keine Partei, der er ferner stehe, als der AfD. „Weil wir gerade dabei sind, das gilt auch für Reichsbürger, Verschwörungstheoretiker, Corona-Ignoranten und Aluhüte. Punkt.“

Statements wie diese klingen wie eine Kopie aus den Mainstream-Medien, die Teilnehmer von Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen vorzugsweise undifferenziert in die rechte Ecke stellen. Da hilft es auch nichts, dass eben diese Art der Diffamierung in einigen Spots schon vorausschauend karikierend thematisiert wurde: die Reaktion war vorhersehbar und erfolgte prompt. Auch „Querdenker und Corona-Leugner“ hätten die Aktion gefeiert, bestätigt so Focus Online einmal mehr dieses beliebte Framing. Von Publikumslieblingen wie Liefers hätte man sich allerdings mehr Weitblick erhofft.

Verkehrte Welt: Während das Gros der Journalisten heftig gegen die Schauspieler hetzt, die die Corona-Politik der Regierung kritisieren, nimmt diese – entgegen allen Erwartungen – ihrerseits die Kritiker in Schutz. „Ich kann mir gut vorstellen, das Gespräch mit ihnen (den Initiatoren) zu suchen“, sagte Jens Spahn auf der heutigen Bundespressekonferenz. Anders ausgedrückt: Der Gesundheitsminister verteidigt die Kritik an seiner Politik, über welche die Medien herziehen. Sollte dies in einer funktionierenden Medienlandschaft nicht umgekehrt sein?

Während die Seite „allesdichtmachen.de“ offenbar vom Netz gegangen ist, sind 48 Clips noch auf Youtube zu sehen. Machen Sie sich selbst ein Bild!

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!
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Dipl.-Volkswirt Christian Euler widmet sich seit 1998 intensiv dem Finanz- und Wirtschaftsjournalismus. Nach Stationen bei Börse Online in München und als Korrespondent beim „Focus“ in Frankfurt schreibt er seit 2006 als Investment Writer und freier Autor u.a. für die „Welt“-Gruppe, Cash und den Wiener Börsen-Kurier.
Bild: Shutterstock
Text: ce

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