Wie Merkel die Länder bei der Lockdown-Politik aushebeln könnte Die Kanzlerin erhöht den Druck – und will Macht an sich reißen

Von Christian Euler

Mehr davon, lautet das Mantra der Kanzlerin, wenn es um das alternativlose Anziehen der Daumenschrauben geht. Nach ihrer Entschuldigung (die viele Polit-Beobachter als reines Kalkül werten) und dem Einkassieren der so genannten „Osterruhe“ gibt Merkel nun wieder die eiserne Kanzlerin und fordert mehr Entscheidungsgewalt in Bundeshand.

Ihre Kritik richtet sich gegen die Länder, die bisher weitgehend alleine verantwortlich für die Lockdown-Politik sind. Nach Meinung Merkels halten sich diese nicht strikt genug an die Beschlüsse, sondern setzen ihre eigenen Regeln großzügiger um als die Vorgaben der Bund-Länder-Konferenzen. Zudem dürfte Merkel ein Dorn im Auge sein, dass sie keine Vorgaben machen kann.

Nun macht sie im „Basta“-Stil ihres Vorgängers Gerhard Schröder Druck. Zur Not werde sie das Infektionsschutzgesetz anpassen, um die Länder zum Handeln zu zwingen, so die Kanzlerin: „Ich werde jetzt nicht 14 Tage lang tatenlos zusehen!“

Corona-Titanin Merkel

„Merkel versucht wieder, als Corona-Titanin aufzutreten“, bringt es der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte auf den Punkt. Die Macht auf sich und die Regierung zu verlagern wäre für die Kanzlerin kein Hexenwerk. Würde der Bundestag im Infektionsschutzgesetz eine Verordnungsermächtigung für die Bundesregierung einfügen, wäre der frei und die Bundesregierung könnte Lockdown-Regelungen mit bundesweiter Verbindlichkeit beschließen.

Einem solchen Gesetz müsste jedoch der Bundesrat zustimmen – indem sich eine Mehrheit mit der Entmachtung der Länder einverstanden erklärt. Zwar käme dies einer Selbstentmachtung gleich. Doch die freiwillige Kastration eigener politischer Potenz wäre nicht neu, wie die Volksvertreter im Bundestag im Rahmen der Corona-Politik eindrucksvoll gezeigt haben.

Das Parlament hat seine verfassungsgemäße Rolle in der Coronakrise faktisch aufgegeben, Bund, Länder und Kommunen erlassen ihre Verordnungen munter am Parlament vorbei. Grund genug für den Publizisten und Juristen Heribert Prantl zu fordern: „Der Bundestag muss seine Selbstverzwergung beenden.“

Seehofers Plan B

Ausgeschlossen scheint angesichts dieses Polit-Masochismus also nicht, dass sich einige Landesregierungen zu der Einsicht durchringen könnten, dass es besser für alle wäre, wenn sie auf einen Teil ihrer Kompetenzen verzichteten.

Für den Fall, dass die Länderkammer doch im Sinne des Homo Politicus entscheidet, hat Bundesinnenminister Seehofer eine Alternative in petto. Statt das Infektionsschutzgesetz zu ändern, könnte der Bundestag ein eigenes Corona-Gesetz beschließen. Der besondere Charme dieser Variante: Eine Zustimmung des Bundesrats wäre nicht erforderlich.

Nun darf die Republik rätseln. Ist die Drohung der Bundeskanzlerin ein weiteres Kapitel des Katz-und-Maus-Spiels um die Osterruhe oder macht Merkel dieses Mal ernst? Zwei Verbündete weiß sie ganz sicher an ihrer Seite: Bayerns Ministerpräsident Söder und sein baden-württembergischer Kollege Winfried Kretschmann haben in einem gemeinsamen Brief an die Regierungschefs der 14 anderen Bundesländer ein entschlossenes Vorgehen gefordert. „Wir müssen unsere Verantwortung jetzt wahrnehmen und dürfen nicht länger diskutieren.“

Nach ihrem Dafürhalten steht jeder weitere Tag des Wartens für „Tausende von neuen Ansteckungen, die sich exponentiell durch unser Land fressen“. Martialische Worte, die manchen Länderchef in die Knie zwingen könnten.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!
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Dipl.-Volkswirt Christian Euler widmet sich seit 1998 intensiv dem Finanz- und Wirtschaftsjournalismus. Nach Stationen bei Börse Online in München und als Korrespondent beim „Focus“ in Frankfurt schreibt er seit 2006 als Investment Writer und freier Autor u.a. für die „Welt“-Gruppe, Cash und den Wiener Börsen-Kurier.
Bild: EA230311/Shutterstock
Text: ce

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