Es gilt als Elitetruppe der Bundeswehr. Oder zumindest galt es als solche. Das 1996 gegründete Kommando Spezialkräfte (KSK) ist ein international anerkannter Verband, der weltweit entsandt werden kann, etwa für Geiselbefreiungen und zur Bekämpfung von Terroristen. So zumindest lautete früher seine Beschreibung. Doch dann gab es Berichte über rechtsextremistische Vorfälle bei der Eliteeinheit. Das Verteidigungsministerium kündigte an, mit „eisernem Besen“ aufzuräumen. In der Truppe war von einem Krieg der Führung gegen die eigenen Soldaten die Rede. Das Thema KSK ist so vielschichtig, dass es den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde, auch nur die wichtigsten Aspekte des Dauer-Skandals aufzuführen. Jede Schwarz-Weiß-Darstellung würde der Causa nicht gerecht. Nachzulesen sind die Schlüsselmomente hier. Unter anderem war letztes Jahr die Rede davon, dass alle Soldaten der zweiten Kompanie „noch einmal genau auf ihre politische Gesinnung hin überprüft und dann auf die anderen Kompanien verteilt werden.“
Der Dauer-Skandal hinterlässt Spuren. Das KSK gilt nach Meinung von Fachleuten derzeit als nicht einsatzfähig. 80 von 280 Elitesoldaten der militärischen Spezialeinheit sind aktuell aufgrund starker psychischer Störungen krankgeschrieben, wie das Nachrichtenmagazin Focus enthüllte: Ein Teil der dienstuntauglichen KSK-Männer wird im Bundeswehrkrankenhaus in Ulm stationär behandelt, andere nehmen ambulante Dienste von Psychiatern und Psychologen in Anspruch. Eine der Ursachen ist dem Bericht zufolge „Vertrauensverlust der Führung“.
„Nach Aussagen eines behandelnden Arztes leiden die meisten betroffenen Soldaten unter einer sogenannten „moral injury“, einer moralischen Verletzung, heißt es in dem Bericht: „Sie werden aufgrund der Verfehlungen Einzelner in der breiten Öffentlichkeit als Nazis dargestellt. Zudem hat ihnen Kommandeur Kreitmayr zu Unrecht das Vertrauen entzogen.“
Ex-KSK-Hauptmann Oliver Schneider ist dem Focus-Bericht zufolge überzeugt: „Man kann keine psychisch angeschlagenen Kameraden mit in den Einsatz nehmen. Das ist lebensgefährlich für alle Beteiligten. Großen terroristischen Lagen ist das KSK derzeit nicht gewachsen.“ Auslöser für die Nervenkrise beim KSK waren dem Bericht zufolge „offenbar Ermittlungen wegen rechtsradikaler Aktivitäten einzelner Soldaten und die Suche nach verschwundener Munition.“
Besonders betroffen sind die Kämpfer der Eliteeinheit demnach über die Ermittlungen des Militärischen Abschirmdienstes und der Wehrdisziplinaranwälte. Demnach wurden Soldaten auf der Suche nach verbotenen Tätowierungen unter anderem nackt fotografiert und stundenlang verhört. Die Bundeswehr habe sich auf Anfrage nicht zu den Fällen äußern wollen, heißt es in dem Bericht. Ich werde versuchen, das Thema auf der Bundespressekonferenz anzusprechen.
Ich halte die Causa für sehr symbolträchtig. So wichtig und richtig die Bekämpfung von jeder Form des Extremismus generell und bei den Streitkräften im Besonderen ist. Im konkreten Fall hat sich aber geradezu ein politisches und mediales Mobbing entwickelt, das alle Soldaten der KSK unter Generalverdacht stellt; der nötige Rückhalt für die Truppe durch die politische Führung wandelte sich eher ins Gegenteil. Kein äußerer Feind wäre wohl in der Lage, die Streitkräfte bzw. Teile von ihnen derart zu demotivieren, wie dies in Deutschland Politik und Medien im Schulterschluss schaffen.
Zum Schluss noch eine ganz persönliche Note, da ich jahrelang als Dozent einiges mit der Bundeswehr zu tun hatte: Ich habe eine tolle Truppe mit tollen Menschen kennengelernt. Die bereit sind, im Notfall für ihre Mitmenschen den Kopf hinzuhalten. Immer wieder erzählten mir Soldaten und Offiziere, wie sehr sie angefeindet werden, weil sie bei der Bundeswehr sind. Mich hat das, vor allem nach meinen gegenteiligen Erfahrungen aus Russland, immer sehr betroffen gemacht. Und ich kann mich nur fremdschämen für diejenigen, die Bundeswehr-Angehörige einfach wegen ihrer Arbeit anpöbeln oder attackieren (leider teilweise nicht nur verbal). Wegen meiner Kontakte zur Truppe bin ich bei dem Thema deswegen etwas emotional. Obwohl es bei der Bundeswehr wie leider in jedem Berufsstand natürlich auch schwarze Schafe gibt: Die schlechte, ja teilweise miese und voreingenommene Behandlung durch Teile der Politik und der Medien hat sie absolut nicht verdient.
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Bild: BPTU/Shutterstock
Text: br