Es war ein spontaner Einfall: Weil mich das oft inhaltslose Gerede mancher Politiker, das wie aus einer Phrasendreschmaschine wirkt, oft nervt, habe ich mich entschlossen, das Polit-Sprech aufs Korn zu nehmen. Und es in Klartext zu übersetzen und zu dechiffrieren. Die Premiere mit Söder lief mit 220.000 Aufrufen so gut, dass ich mich entschloss, weiterzumachen. Das nächste Opfer meiner Dechiffrierkünste war Laschet. Dann folgte Baerbock (auf Youtube mit Tonproblemen, in guter Fassung hier) – wobei mir beim Dechiffrieren alles andere als zum Lachen zumute war. Offen gestanden sind die Bemerkungen dort Galgenhumor – und mir wurde nach dem Anhören und Bearbeiten klar: Der Weg zur Hölle ist mehr denn je mit guten Absichten gepflastert. Wehe, wenn sich diese infantile „Ich rette Deutschland und die Welt und mache alles und alle gut“-Politik wirklich durchsetzen sollte. Sicherheitshalber wäre es dann ratsam, einen Koffer gepackt zu halten. Auf vielfachen Wunsch nehme ich heute Angela Merkel ins Fadenkreuz der neuen Reihe, einer Mischung aus politischer Analyse und Satire. Auch da waren Lachen und Weinen wieder eng beisammen. Wenn man Merkel länger konzentriert zuhört, fragt man sich, wie sie mit ihren Wortblasen durchkommt. Wahrscheinlich, weil eben dies – genauer hinhören – niemand tut. Besonders erschütternd, wie sie bei ihrem Auftritt mit Künstlern faktisch ihre Verachtung für den Rechtsstaat deutlich macht – aber auch das offenbar nur wenige bemerkten in Deutschland. Um 18 Uhr ist die Premiere, sehen Sie rein – und lernen Sie Angela Merkel von einer ganz neuen Seite kennen! Auf Wiedersehen bei der Premiere – einfach hier klicken!
Hier noch ein Auszug aus meinem aktuellen Wochenbriefing – Sie können es hier kostenlos und jederzeit widerrufbar abonnieren.
Vor 20 Jahren war ich in Tschernobyl. Für eine Reportage zum 15. Jahrestag der Reaktorkatastrophe dort besuchte ich das Kernkraftwerk und ging sogar in den Unglücksreaktor. Was ich dort erlebt habe, werde ich nie vergessen. Die Eindrücke waren umso stärker, als mein Fotograf und Freund Igor, der mich begleitete, nach dem Unglück 1986 einer der ersten Fotografen gewesen war, die zum Unglücksreaktor hatten vordringen können. Ich war in der Geisterstadt Prypjat, wo im ehemaligen Kindergarten noch die Puppen lagen, und ich besuchte den Direktor des Unglücksreaktors zu Hause, der zehn Jahre im Gefängnis hatte absitzen müssen.
Bei uns gilt Tschernobyl nur als ein Menetekel für die Atomkraft. Aber es war auch ein Menetekel für ein vollkommen unfähiges, von der Realität abgekoppeltes System. So hatte es bereits in einem anderen Kernkraftwerk der gleichen Bauart Erfahrungen gegeben, die hätten helfen können, die Katastrophe von Tschernobyl zu verhindern. Der KGB zensierte diese Informationen jedoch, und so gelangten sie nie zu den Verantwortlichen in Tschernobyl. Deshalb waren diese mit der Situation am 26. April 1986 völlig überfordert und konnten die Katastrophe nicht aufhalten. Letztendlich wurde der Super-GAU zum letzten Sargnagel der Sowjetunion. Er beschleunigte ihren Zerfall. Er machte ihre Unfähigkeit zum Überleben allzu offensichtlich.
Auslöser von eruptionsartigen Prozessen
Geschichte wiederholt sich nicht. Und es wäre absolut dumm und verrückt, die Sowjetunion der 1980er Jahre mit der Bundesrepublik der 2020er Jahre gleichzusetzen. Aber dennoch: wer aus der Geschichte lernen will, muss immer auch nach gewissen Parallelen suchen. Und leider leben auch wir heute in einer Situation, in der die politisch Verantwortlichen in vielerlei Hinsicht völlig überfordert wirken mit dem aktuellen Krisengeschehen. Auch wenn die Gründe, die zu dieser Entwicklung führten, grundverschieden sind: was Tschernobyl für die Sowjetunion war, könnte die Coronakrise für die Bundesrepublik und die EU werden. Auslöser von eruptionsartigen Prozessen, die zu völlig unvorhergesehenen Veränderungen führen und zu Neuerungen, die zuvor unvorstellbar waren. Wobei die Geschichte zeigt, dass diese in der Regel sehr schmerzhaft und mit schwerwiegenden Konsequenzen erfolgt. Ich hoffe sehr, dass ich mich irre mit meinen Befürchtungen.
Aktuell erleben wir eine Zeit, in der man fast täglich die Erfahrung macht, Dinge zu erleben, von denen man zuvor noch dachte, sie seien unvorstellbar. Jüngstes Beispiel: Durchsuchungsaktionen im Büro, Haus und Auto des Richters aus Weimar, der mit einer sensationellen Entscheidung die Masken- und Testpflicht an Schulen für rechtswidrig erklärt hatte. Nun wurde ihm sogar sein Handy abgenommen. Offiziell heißt es, der Anfangsverdacht der Rechtsbeugung liege vor. Hätte mir vorgestern jemand gesagt, dass so etwas möglich ist in einem Rechtsstaat – ich hätte es nicht für möglich gehalten. Was kommt als nächstes? Was erleben wir morgen? In einer Woche? In einem Monat? Und wie lange wird eine Mehrheit weiter die Augen verschließen und versuchen, sich selbst einzureden, alles sei doch okay?
Wie unsere Grundrechte zur Illusion wurden
Hand aufs Herz: Glauben Sie wirklich, dass in ein paar Monaten die Grundrechte wieder gelten werden? Überall kann man in diesen Tagen Sätze lesen, die Grundrechte sollten teilweise an Geimpfte wieder „zurückgegeben“ werden. Ich habe es noch so gelernt, dass Grundrechte unveräußerliche und unverletzliche Rechte sind. Genau so steht es auch in Artikel 1 des Grundgesetzes. Allein, dass von „Rückgabe“ von Grundrechten die Rede ist, führt den Gedanken, der hinter ihnen steckt, ad absurdum. Es wird Zeit, sich das einzugestehen. Und die Illusion aufzugeben, wir würden sie schon irgendwann „zurückbekommen“. Die Geschichte spricht da leider eine andere Sprache.
Bild: Ben Gingell/Shutterstock (Symbolbild)
Text: br
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