Neue Flüchtlingsunterkünfte auch gegen den Willen der Kommunen Kretschmann bleibt stur: Unterbringung ist Pflichtaufgabe des Landes

Von Daniel Weinmann

Manche Politiker sind auf einem – vorzugsweise auf dem linken – Auge blind. Andere sind auf beiden Ohren taub. Exemplarisch für die Schwerhörigkeit steht der grüne baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann. „Wir schaffen das nicht“, mahnten sogar bereits mehrere seiner Parteikollegen angesichts des nicht mehr zu bewältigenden Zustroms von Asylbewerbern und Migranten.

Doch der 74-Jährige zeigt sich hartnäckig und will den Bau von Flüchtlingsunterkünften weiter forcieren. Als letzte Möglichkeit müssten Einrichtungen auch gegen den Willen von Städten und Gemeinden entstehen können, kündigten Kretschmann und das Justizministerium an. Baden-Württemberg hatte im vergangenen Jahr etwa 60.000 Flüchtlinge mehr aufgenommen als im Krisenjahr 2015. Entsprechend angespannt ist die Lage in den Gemeinden und Landkreisen – und der Widerstand im „Ländle“ wird immer größer.

Nur drei Beispiele: Pforzheim hatte nach monatelanger Debatte eine Erstaufnahmeeinrichtung (EA) für Flüchtlinge abgelehnt. In Tamm bei Ludwigsburg protestierten Ende März rund 1.000 Menschen gegen den Bau einer solchen Einrichtung. Und in Ellwangen wollte die Mehrheit im Gemeinderat die EA für Flüchtlinge zum Jahresende 2022 loswerden.

Einvernehmliche Lösung mit den Kommunen sind wohlfeile Worte

„Spätzle-Mao“ Kretschmann und sein grün-schwarzes Kabinett ficht dies nicht an. Viel lieber bläst er ins gleiche Horn wie Außenministerin Annalena Baerbock, die im Herbst 2021, damals noch als Kanzlerkandidatin, proklamierte: „Wir haben Platz“. „Wir müssen die Flüchtlinge unterbringen“, unterstrich Kretschmann, „das ist eine Pflichtaufgabe“. Der Zustrom werde nicht abreißen, „davon bin ich persönlich überzeugt“. Letztlich müsse jede Einrichtung auf einem Gemeindegebiet stehen, denn: „Wir haben keine gemeindefreien Gebiete mehr in Baden-Württemberg.“

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Ein Sprecher des Justizministeriums stellte klar, wie die weitere migrationspolitische Marschrichtung in Baden-Württemberg aussieht: „Auch abhängig von den tatsächlichen und planerischen Rahmenbedingungen eines Standortes stehen Regelungen und rechtliche Instrumente zur Verfügung, um jedenfalls eine Einrichtung und einen Betrieb zu ermöglichen.“ Grundsätzlich strebe man aber eine einvernehmliche Lösung mit den Kommunen an.

Dies sind wohlfeile Worte, denn konkret prüft das Land die sogenannte Legalplanung, während das Justizministerium auf das Baurecht des Bundes verweist, das Sonderregelungen für Flüchtlingsunterkünfte regelt. Beides erlaubt Baden-Württemberg, sich bei der Suche nach Standorten für Flüchtlingsunterkünfte über die Kommunen hinwegzusetzen.

» Es darf keine Höchstgrenzen für Menschlichkeit geben«

Die Legalplanung dürfe nicht übermäßig genutzt werden, da die kommunale Planungshoheit verfassungsrechtlich abgesichert sei und ausgehebelt würde, mahnte eine Sprecherin des Städtetags in der “Schwäbischen Zeitung“. „Dies würde nicht dem bewährten Schulterschluss von Bund und Kommunen bei der Unterbringung von Geflüchteten entsprechen, an diesem Schulterschluss sollten wir festhalten.“

Derweil warf FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke Kretschmann vor, mit dem Holzhammer vorzugehen und agiere „unwirsch und starrsinnig“. Der Vorsitzende der AfD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag, Anton Baron, forderte Kretschmann auf, das Votum der Gemeinderäte gegen die Einrichtungen zu respektieren. Der Ministerpräsident habe sich dazu entschieden, demokratische Entscheidungswege mit rechtlichen Instrumenten außer Kraft setzen zu wollen.

Rückendeckung bekam der grüne Landesvater von Nancy Faeser. Die Bundesinnenministerin kann Forderungen der Kommunen nach mehr Geld vom Bund für die Unterbringung von Flüchtlingen und Migranten nicht nachvollziehen. „Ich finde es seltsam, wenn jetzt schon – Anfang April dieses Jahres – gesagt wird, das Geld für dieses Jahr reiche nicht aus“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es dürfe „keine Höchstgrenzen für Menschlichkeit geben“.

Nicht nur Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer dürfte sich „nicht ernst genommen und fast schon veralbert“ fühlen. Für den streitbaren Grünen-Politiker scheint das Problem „bisher nicht verstanden zu werden“ – oder „es wird totgeschwiegen“. Angesichts der hohen Zahlen, die aktuell erwartbar seien, „Richtung 400.000 dieses Jahr“, ist er sicher: „Wir schaffen das nicht“.

Nach meiner Operation muss ich meine Arbeit ruhiger angehen. Dazu haben mich die Ärzte eindringlich aufgefordert. Und ich glaube, das bin ich meinen Nächsten, meinem Team und auch Ihnen schuldig. Umso mehr bin ich Ihnen dankbar für Ihre Unterstützung! Sie ist auch moralisch sehr, sehr wichtig für mich – sie zeigt mir, ich bin nicht allein und gibt mir die Kraft, weiterzumachen! Und sie gibt mir die Sicherheit, mich ein wenig zurücklehnen zu können zur Genesung. Auf dass wir noch ein langes Miteinander vor uns haben! Herzlichen Dank!

Aktuell sind (wieder) Zuwendungen via Kreditkarte, Apple Pay etc. möglich – trotz der Paypal-Sperre: über diesen Link. Alternativ via Banküberweisung, IBAN: DE30 6805 1207 0000 3701 71. Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut.

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Mein ganz persönliches Osterwunder – was ich erlebt habe, hat mein Leben auf den Kopf gestellt:

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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.

Bild: Bumble Dee/Shutterstock

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