Von reitschuster.de
Ryanair-Chef Michael O’Leary macht das, was er am besten kann: Er sagt, was er denkt. Und diesmal hat er es wieder knallen lassen: „Idioten!“ nennt er die deutsche Regierung und beschreibt mit köstlicher Schonungslosigkeit, wie er beim Bundeskanzleramt abgeblitzt ist – trotz eines Angebots, das selbst hartgesottene Wirtschaftslobbyisten beeindruckt hätte. Drei Milliarden Euro Investitionen, 30 zusätzliche Flugzeuge und eine Verdopplung der Passagierzahlen bis 2030 – klingt nach einem Traum für jeden Standortpolitiker. Aber, so O’Leary: „Das hat diese dämliche Regierung nicht verstanden.“
Jetzt könnte man natürlich sagen, der Mann redet wie immer Klartext. Doch in einem Land, in dem schon Hausdurchsuchungen für weit weniger drastische Aussagen stattfanden, wirkt O’Learys Klartext wie ein Stresstest für die Meinungsfreiheit. Man kann nur sagen: Wie gut, dass O’Leary nicht in Deutschland wohnt. Sonst hätte er morgens um sechs Uhr sicher Chancen auf ein Besuchskommando, immerhin begann der Blaulichtalarm hierzulande ja schon bei einem Rentner, der lediglich eine „Schwachkopf“-Karikatur des Wirtschaftsministers auf X verbreitet hatte – wohlgemerkt nicht erstellt, sondern nur geteilt. Wie wahrscheinlich wäre dann erst ein Einsatz, wenn jemand die gesamte Regierung als „Idioten“ bezeichnet?
Und selbst wenn sein Haus in Irland unangetastet bleibt: Kann O’Leary noch sorglos nach Deutschland reisen? Oder wird er womöglich am Flughafen festgesetzt und einer Leibesvisitation unterzogen – so wie es hierzulande schon anderen Regierungskritikern erging? Man wagt es kaum auszudenken: Der Chef der größten Billigairline Europas in einer „besonderen Sicherheitskontrolle“, nur weil er sich verbal Luft gemacht hat.
Man fühlt sich unweigerlich an das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ erinnert. O’Leary spricht aus, was viele sehen, aber kaum jemand mehr zu sagen wagt. Deutschland hat – Zitat O’Leary – „die mit Abstand krankesten Rahmenbedingungen“. Doch solche Offenheit scheint hierzulande fast schon revolutionär.
Vielleicht wäre es an der Zeit, dass solche Worte nicht mehr als Skandal, sondern als Weckruf verstanden werden. Aber wer weiß – vielleicht lesen wir demnächst: „Irischer Airline-Chef an deutschem Flughafen festgehalten.“ Man darf gespannt sein, wie lange so viel Klartext noch toleriert wird.
Mit ernstem Ton ließe sich all das kaum noch beschreiben, ohne Gefahr zu laufen, selbst in den Wahnsinn abzudriften. Was bleibt, ist der Versuch, den deutschen Irrsinn in Satire zu verpacken – nicht, weil es komisch ist, sondern weil es anders schlicht nicht mehr auszuhalten wäre. Vielleicht ist Michael O’Leary gerade deshalb so schonungslos direkt: Er spricht aus, was viele denken, aber nicht mehr zu sagen wagen – und lässt uns dabei zurück mit der Frage, ob nur noch Ausländer das Offensichtliche in Deutschland ohne Angst aussprechen können.
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