Sechs Verletzte bei Angriff auf Krankenhaus-Personal in Essen Clan-Kriminalität im Visier

Von Kai Rebmann

Am Freitag wird ein Mann in die Notaufnahme des Elisabeth-Krankenhauses im Essener Stadtteil Huttrop eingeliefert. Dieser soll kurz zuvor in einem Supermarkt zusammengebrochen sein. Die Ärzte kämpfen verzweifelt um das Leben ihres Patienten und setzen unter anderem einen Luftröhrenschnitt. Letztlich kommt aber jede Hilfe zu spät und der Mann stirbt.

Praktisch zeitgleich verlieren die Angehörigen vollkommen die Beherrschung und gehen auf das Ärzte-Team los. Bei dem Angriff werden nach Angaben der Polizei mindestens sechs Personen verletzt, eine Frau schwer. Die 23-Jährige soll nach wie vor im Krankenhaus behandelt werden, aber nicht in Lebensgefahr schweben.

Am Sonntag bestätigte die Polizei den Einsatz: „Gegen 15:10 Uhr wurde die Leitstelle wegen einer Auseinandersetzung in einer Klinik im Klara-Klopp-Weg alarmiert.“ Die Lage vor Ort habe sich demnach beim Eintreffen der Beamten schon wieder beruhigt, dennoch sei der mutmaßliche Haupttäter (41), offenbar ein Sohn des Verstorbenen, festgenommen worden – und am Abend bereits wieder auf freien Fuß gesetzt worden.

Krankenhaus spricht von ‚Zäsur‘

Peter Berlin, Geschäftsführer des Krankenhauses in Essen, schildert die Ereignisse während des letztlich vergeblichen Kampfes um das Leben des Familienoberhauptes so: „Nahezu gleichzeitig kam es zum unvermittelten Angriff durch Angehörige des Patienten auf das Reanimationsteam und weitere Kollegen. Der vergangene Freitag ist eine Zäsur, denn hier hat eine bisher noch nie dagewesene Aggressivität gegenüber Mitarbeitenden unseres Hauses stattgefunden.“

Tatsächlich handelt es sich dabei leider um keinen Einzelfall. Immer wieder gibt es Berichte über ganz ähnliche Vorfälle in deutschen Krankenhäusern oder Arztpraxen – mit immer demselben Täterprofil. Für den Angriff in Essen zeichnen den Angaben zufolge Angehörige einer libanesisch-türkischen Familie verantwortlich, die Polizei prüft aktuell noch mögliche Verbindungen ins Clan-Milieu.

Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) zeigte sich von der Attacke auf die Ärzte ebenfalls schockiert: „Auch der Verlust eines nahen Angehörigen entschuldigt oder rechtfertigt nicht ein solches Verhalten oder gar einen Angriff auf Krankenhauspersonal und ein Krankenhaus. Ich verurteile das aufs Schärfste und habe für ein solch asoziales Verhalten überhaupt kein Verständnis.“ Es sei jetzt an Staatsanwaltschaft und Gerichten, so Kufen, darauf eine „klare Antwort“ zu geben.

Was derartige Forderungen aus der Politik wert sind, die sich einmal mehr verdächtig nach Lippenbekenntnissen anhören, zeigt die unmittelbare Reaktion der Justiz auf die Tat. Während der mutmaßliche Haupttäter nur wenige Stunden nach seiner Verhaftung wieder laufen gelassen wurde, befindet sich ein weiterer Angreifer auf der Flucht. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln dem Vernehmen nach wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung und Beschädigung von Krankenhaus-Inventar.

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

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