Sind Frauen, die sich für Frauen einsetzen, transfeindliche Radikale? Täter-Opfer-Umkehr durch Selbstbestimmungsgesetz

Von Kai Rebmann

Am 12. April 2024 wurde im Bundestag das sogenannte Selbstbestimmungsgesetz verabschiedet. Dieses Datum wird künftig – und rückblickend – mit einiger Wahrscheinlichkeit als Zäsur für die Frauenrechte in Deutschland bezeichnet werden. Oder als „Zeitenwende“, wie Bundeskanzler Olaf Scholz es wohl ausdrücken würde.

Aber auch ganz aktuell sorgt die Tatsache, dass ab November jeder das Geschlecht seiner Wahl frei bestimmen kann, für reichlich Gesprächsstoff. Der Frauenrechtsverband „Lasst Frauen sprechen!“ hat sich, unterstützt von weiteren Initiativen wie „Das Geschlecht zählt“ oder „Frauenheldinnen“, mit einem offenen Brief an Familienministerin Lisa Paus (Grüne) gewandt. In dem Schreiben kritisieren die Feministinnen vor allem die staatliche Förderung von Organisationen, die sich die Diffamierung von (biologischen) Frauen als „TERF“ zur wesentlichen Aufgabe ihres Wirkens gemacht haben, und fordern: „Schluss mit der staatlich geförderten Frauenverachtung!“

Konkret geht es um eine Broschüre des „Bundesverbandes Trans*“ mit dem Titel „Was sind TERFs? Oder: Warum manche Strömungen des Feminismus nicht für alle Frauen kämpfen?“ Als wären diese Fragestellungen – vor dem folgenden Hintergrund betrachtet – nicht schon absurd und entlarvend genug, setzt das Familienministerium mit seinen Antworten noch einen drauf. Nicht zuletzt wird der „Bundesverband Trans*“ jährlich durch Steuergeld in Höhe von rund 500.000 Euro pro Jahr gefördert, wobei die Mittel aus dem Programm „Demokratie leben!“ stammen.

Aber der Reihe nach: „TERF“ ist ein Kampfbegriff aus dem Paralleluniversum der Gender-Ideologie und steht für „Transexkludierende Radikalfeministinnen“. Oder anders ausgedrückt: Biologische Frauen, die sich für die Rechte von biologischen Frauen einsetzen. Rona Duwe von „Lasst Frauen sprechen“ bezeichnet es als ein „internationales Phänomen“, dass die klassischen Frauenrechtlerinnen „zunehmend mit Repressionen und Rufschädigung zu kämpfen haben.“

Was Duwe damit meint, wird beim Blick in die besagte Broschüre klar. In diesem Zusammenhang wird unter anderem behauptet, TERFs erweckten „den Anschein feministischer Interessen und nutzen das Thema des Gewaltschutzes als Deckmantel für trans*feindliche und trans*misogyne Attacken.“

Rona Duwe hält in der „Welt“ dagegen und sagt: „Die Beschimpfung von Feministinnen als TERFs ist international ein Weg, uns als Aussätzige hinzustellen. Uns wird vorgeworfen, in erster Linie gegen Transpersonen zu sein und sie zu bekämpfen. Dabei setzen wir uns in erster Linie für etwas ein, nämlich für Frauen, Frauenrechte und Kinderschutz.“ Derartige Unterstellungen seien daher ein Beispiel für eine „klassische Täter-Opfer-Umkehr“, so die Aktivistin.

Und genau an dieser Stelle gehen die Meinungen zwischen Frauen wie Rona Duwe und den Mitgliedern vom „Bundesverband Trans*“ fundamental auseinander. Wenn Letztere vorgeben, für „alle Frauen“ kämpfen zu wollen, schließen sie darin ausdrücklich – oder vielleicht sogar vor allem? – auch solche ein, die sich selbst zur Frau erklärt haben bzw. dies demnächst tun werden.

Eva Engelken vom Verband „Frauenheldinnen“ findet ebenfalls klare Worte in Richtung von Lisa Paus. Die Familienministerin mache sich durch die staatliche Förderung „zum ausführenden Organ einer Anti-Frauenrechtsstrategie, zu der man nur ‚Nein‘ sagen kann. Aggressive Transaktivisten tun alles dafür, Frauen mundtot zu machen. Diesem Ideologiediktat wollen wir den Gehorsam aufkündigen.“

Was sagt nun aber das Familienministerium zu alledem, insbesondere der Kritik an der staatlichen Förderung der Frauenverachtung und den Inhalten der umstrittenen Broschüre? Eine Sprecherin lässt zunächst ausrichten, dass die Broschüre alleine in der Verantwortung des „Bundesverbands Trans*“ liege und keine Meinungsäußerung des Ministeriums darstelle. Das mag so sein, beantwortet aber leider nicht die durchaus berechtigte Frage nach der Förderungswürdigkeit einer derartigen Initiative.

Noch weitaus entlarvender ist freilich die Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen. Dort lässt man verlautbaren, dass der Kampf für Frauenrechte „so notwendig transinklusiv wie eben auch antirassistisch oder antiklassistisch sein muss, sofern das politische Ziel die tatsächliche Gleichstellung aller Menschen“ sei.

An eben diesem politischen Ziel der Ampel besteht kein Zweifel, wie die Abstimmung im Deutschen Bundestag vor wenigen Wochen gezeigt hat. Konsequent zu Ende gedacht und im Klartext bedeutet dies: Wer die „tatsächliche Gleichstellung aller Menschen“ fordert, betrachtet Frauenparkplätze in Tiefgaragen oder separate Umkleidekabinen in Freibädern als überflüssig, wenn nicht gar diskriminierend.

Die wirklich entscheidende Frage muss daher wohl vielmehr lauten: Versteht man beim „Bundesverband Trans*“ und bei der Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen, weshalb es die vorgenannten Schutzräume für Frauen seit Jahrzehnten aus gutem Grund gibt – und auch in Zukunft noch geben sollte bzw. muss?

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

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