Späterer Atomausstieg könnte Strompreise signifikant senken Ampelmänner können sich aber nicht einigen

Von Daniel Weinmann

Die Diskussion um die sogenannte AKW-Reserve nimmt an Schärfe zu. Ursprünglich sollten die letzten drei deutschen Atomkraftwerke zum Jahresende vom Netz gehen. Wegen der Energiekrise hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck im September aber angekündigt, dass Isar 2 und Neckarwestheim bis Mitte April 2023 „in Reserve“ bleiben sollten, um das Stromnetz zu stabilisieren. In dieser Woche sollte die Ampel den Weg dafür freimachen.

Ein politisches Affentheater gefährdet jedoch die Einigung. Den Liberalen geht die Einsatzreserve nicht weit genug. Sie drängen auf einen Weiterbetrieb aller drei verbliebenen Atomkraftwerke bis ins Jahr 2024. Nach der krachenden Wahlniederlage in Niedersachsen wollen die Freidemokraten ihre politischen Positionen künftig stärker deutlich machen.

„Wenn man will, dass die Atomkraftwerke nach dem 31. Dezember noch Strom produzieren können, muss man jetzt den Weg dafür frei machen“, stänkerte Wirtschaftsminister Robert Habeck gegen FDP-Chef Christian Lindner. „Nun blockiert ausgerechnet die FDP aus parteitaktischen Gründen den möglichen Weiterbetrieb der AKW“, legte Grünen-Chefin Ricarda Lang artig nach. Damit die Atomkraftwerke über den Winter weiterlaufen könnten, müsse die FDP den Weg für die Einsatzreserve jetzt freimachen.

Parteiideologische Scharmützel statt Geschlossenheit

Angesichts des bisher so jämmerlichen Auftritts der Ampelmänner würde es nicht verwundern, wenn es der Koalition nicht gelänge, die Laufzeit der Atomkraftwerke zu verlängern.

Dabei wäre nicht nur Geschlossenheit jenseits parteiideologischer Hahnenstreitereien zum jetzigen Zeitpunkt wichtiger denn je. Vonnöten wäre zudem ein hohes Maß an wirtschafts- und energiepolitischer Kompetenz, die Minister Habeck gänzlich vermissen lässt. Sein wirres Statement zur Insolvenz-Debatte in der Sendung von Sandra Maischberger Anfang September oder seine Wissenslücke bei der Pendlerpauschale (s. Video hier) sind nur zwei exemplarische Beispiele.

Geht es nach Habeck, hätte auch der Weiterbetrieb der deutschen Atomkraftwerke kaum Auswirkungen auf den Strompreis. Dieser evidenzfreien Erkenntnis widersprechen gleich zwei aktuelle Studien. Die Wirtschaftswissenschaftler der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen etwa kamen zusammen mit der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm zu dem Fazit, dass längere AKW-Laufzeiten sehr wohl den Strompreis senken könnten – und zwar spürbar.

Preisrückgänge von bis zu 16 Prozent denkbar

„Ich empfehle, in dieser schwierigen Situation keine Möglichkeit ungenutzt zu lassen“, so Grimm. Werde der Atomausstieg verschoben, könnte der Strombedarf in einer größeren Anzahl von Stunden bereits im Jahr 2024 ohne fossile Kraftwerke gedeckt werden. Kombiniert mit anderen Maßnahmen – wozu auch der Ausbau der Erneuerbaren und der Nutzung von Kohlekraftwerken zählt, die bereits für die Abschaltung vorgesehen sind – sind laut Studie Preisrückgänge von bis zu 16 Prozent denkbar. Betrachtet man die Laufzeit-Verlängerung der Atommeiler isoliert, liegt der Effekt bei bis zu 13 Prozent.

Auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, umgangssprachlich die „fünf Wirtschaftsweisen“ genannt, empfiehlt in einem Beitrag für die „FAZ“ den Weiterbetrieb der Atommeiler „zumindest bis zur nachhaltigen Überwindung der Energiekrise.“

Statt den Rat der Experten zu befolgen, folgt die Ampelkoalition derweil weiter ihrer unwürdigen und für das Land brandgefährlichen Agenda. Die Lösung für das drängende Energieproblem lautet „Doppelwumms“ – und kostet die Steuerzahler 200 Milliarden Euro.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.

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