Von Daniel Weinmann
„Klimaschutz muss sozial gerecht sein, sonst funktioniert er nicht“, fordern die Grünen auf ihrer Website. „Das, was der Umwelt und damit den Menschen schadet, braucht einen Preis, klimafreundliches Verhalten muss sich lohnen.“
Grund genug für die selbsternannten Klimaschützer, sich für einen höheren CO₂-Preis stark zu machen – selbstverständlich bei gleichzeitiger sozialer Entlastung von „Kleinverdiener*innen“ (der Genderstern darf nicht fehlen) und Familien. Die Einnahmen aus der Kohlendioxid-Bepreisung sollen – so lautet zumindest die vollmundige Versprechung – vollständig als Energiegeld an die „Bürger*innen“ ausgezahlt werden.
Das grüne Märchen besteht jedoch nicht den Realitätstest. Denn wie fast immer, wenn ökonomischer Sachverstand gefragt, versagen die Öko-Aktivisten auf ganzer Linie. Der frühere Wirtschaftsprofessor an der TU München, Hans-Werner Sinn, sah bereits vor gut fünf Jahren ein „triftiges Argument, den sich im Emissionshandel herauskristallisierenden Preis für CO₂-Emissionen zu beobachten und notfalls zu begrenzen“. Es liege in der E-Mobilität im Verein mit dem Emissionshandel.
CO₂-Steuer zur Schließung der Haushaltsücke zweckentfremdet
„Die Politik hat offenbar vor, den Verkehr immer stärker auf elektrische Antriebe umzustellen und den Energieverbrauch der Autos in den Emissionshandel hineinzudrücken“, so der ehemalige Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung. „Dieses Vorhaben wird zur gegenseitigen Kannibalisierung der alten und neuen Stromverbraucher und CO₂-Emittenten führen. Die Preise der Emissionsrechte werden exzessiv steigen, und auch die Strompreise werden, wenn sonst nichts geschieht, in den Himmel wachsen.“
Die Grünen halten entgegen jeglicher Rationalität an ihrem Mantra fest: Seit 2021 muss auch eine CO₂-Abgabe zahlen, wer sein Auto betankt. Lag sie anfangs bei 25 Euro je Tonne, beläuft sie sich seit Beginn dieses Jahres auf 45 Euro pro Tonne – und erhöht entsprechend die ohnehin überdurchschnittlich hohen Treibstoffpreise. Aktuell liegt die Zusatzbelastung bei knapp elf Cent je Liter Benzin und zwölf Cent je Liter Diesel.
Die Erhöhung der CO₂-Steuer um satte 15 Euro gegenüber 2023 kam jedoch nicht den bedürftigen „Bürger*innen“ zugute, sondern sollte laut Bundesregierung dazu beitragen, „die Finanzierungslücke nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom November 2023 zu schließen“.
»Man kann auch mit dem Verbrenner die Klimaziele erreichen«“
Für die Ampelkoalition steht seit Januar fest: „Der CO₂-Preis wird in den kommenden Jahren schrittweise steigen. Das wurde schon vor längerer Zeit beschlossen und ist bekannt. Damit haben Bürgerinnen und Bürger Zeit, um auf klimaneutrale Alternativen umzusteigen.“ Auf diese Weise soll den Autofahrern offensichtlich mit der Brechstange der Umstieg auf die Elektromobilität schmackhaft versüßt werden. Dazu passt, dass E-Automobilisten keine Kraftfahrzeugsteuern zahlen müssen und auch bei der Versteuerung ihres Dienstwagens in den Genuss erheblicher Vorteile kommen.
Dass immer mehr Parteien und Politiker das von der EU beschlossene Verbrenner-Aus ab 2035 infrage stellen, lässt die Apologeten der Energiewende unberührt. Die CDU etwa will die bevorstehende EU-Wahl im Juni auch zu einer Abstimmung über das Verbrenner-Aus machen. „Man kann auch mit dem Verbrenner die Klimaziele erreichen“, sagte Christoph Ploß, Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages, kürzlich gegenüber „Focus online“. „Ein batteriebetriebenes Elektroauto, das mit Braunkohlestrom fährt, gilt als klimaneutral. Das ist Irrsinn!“
Wie die österreichische „Kronen-Zeitung“ bereits im April berichtete, will die EU-Kommission die verkehrspolitische Wende 2026 gehörig überdenken. Grundlage soll dann die tatsächliche Emissionsbilanz der Elektrofahrzeuge sein. Stromer sollen dann nicht mehr automatisch eine CO₂-Bilanz von null Gramm zugewiesen bekommen.
Experten warnen bereits vor einer Verzehnfachung der CO₂-Steuer
Rot-Grün dreht dennoch weiter an der CO₂-Schraube. Schon im kommenden Jahr wird der Preis von derzeit 45 auf 55 Euro steigen. Während 2026 eine Preisspanne von 55 bis 65 Euro gelten soll, wird der Preis danach vom Markt bestimmt. Wie dies konkret aussieht, ist auf der Website von Robert Habecks Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zu lesen: „Zentrale Instrumente (für die Bestimmung des CO₂-Preises, Red.) sind der nationale sowie europäische Emissionshandel. Diese verteuern schrittweise den Ausstoß von CO2. Wer die Atmosphäre mit Treibhausgasen belastet, zahlt für jede Tonne Kohlendioxis einen Preis, indem er dafür Zertifikate erwirbt. Rund drei Viertel aller europäischen CO₂-Emissionen werden künftig in den Emissionshandel einbezogen – ab 2027 auch die aus Wärme und Verkehr.“
Dies bedeutet – und hier lässt Rot-Grün sogar ausnahmsweise Marktmechanismen zu: Je knapper die Zertifikate, desto höher deren Preise. Manche Experten warnen bereits vor einer Verzehnfachung der CO₂-Steuer. Dies erscheint durchaus realistisch, wenn man sich vor Augen hält, dass laut Umweltbundesamt die Zertifikatsmenge jährlich linear um 5,10 Prozent beziehungsweise ab 2028 um 5,38 Prozent der Referenzmenge verknappt werden soll. Schließlich geht es ja offiziell um das Erreichen der Treibhausgasneutralität.
Was dies konkret für die Spritpreise bedeutet, zeigt der Anstieg der CO₂-Abgabe zu Beginn dieses Jahres. Das Plus von 15 Euro gegenüber dem Vorjahr machte den Benzinpreis um vier bis fünf Cent pro Liter teurer. Sollte sich die CO₂-Abgabe bis 2027 tatsächlich auf 450 Euro verzehnfachen, entspräche dies einem Preisaufschlag von 405 Euro. Basierend auf der Preisreaktion Anfang Januar errechnet sich daraus eine Öko-Prämie auf den aktuellen Benzin- bzw. Dieselpreis von 1,08 bzw. 1,35 Euro. Dies gilt aber nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass der Ölpreis in den kommenden Jahren auf dem aktuellen Niveau verharren wird.
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Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.
Bild: Dancing_Man/Shutterstock