Von Alexander Wallasch
Hessen und weitere Länder schreiten voran, andere werden folgen: Es geht um die separate Ausweisung der 7-Tage-Inzidenz für Geimpfte bzw. Ungeimpfte. Die Gemengelage an Halbwissen, Täuschung und Unvernunft könnte kaum größer sein. So sagte der hessische Sozialminister Kai Klose in diesem Zusammenhang: „Diese Zahlen belegen eindrücklich, wie wirksam die Impfung ist. Es infizieren sich weit überwiegend Ungeimpfte.“
Das allerdings würde voraussetzen, dass Geimpfte im selben Maße getestet würden, was aber wiederum die 3G-Regel außer Kraft setzen würde, wo lediglich Nichtgeimpfte einen Testnachweis vorzeigen müssen.
Und immer noch ist nicht hinreichend geklärt, wie hoch die Virenlast bei Geimpften tatsächlich ist und bezogen auf welche Variante eigentlich?
Wenn man von einer Gefahr sprechen will, dann doch davon, dass ungetestete Geimpfte die Ungeimpften infizieren, vorausgesetzt, das wäre überhaupt möglich.
Das hessische Sozialministerium schrieb vergangene Woche: „Aufgrund der großen Unterschiede zwischen Geimpften und Ungeimpften wird die landesweite Inzidenz ab Montag zusätzlich getrennt ausgewiesen.“
Dieser Beschluss wird flankiert von Wortmeldungen der hohen Politik: Gestern beispielsweise im sogenannten Triell der drei Kanzlerkandidaten begründete Annalena Baerbock die von ihr geforderte Impfpflicht für Gesundheits- und Bildungsberufe damit, dass die Kinder geschützt werden müssten. Die allerdings müssen laut einer US-amerikanischen Studie – zitiert u.a. vom stramm linken The Guardian – viel eher vor der Impfung geschützt werden, weil das Virus ihnen faktisch kaum etwas anhaben kann.
Das Ministerium teilt weiter mit:
„Bezogen auf die Altersgruppe ab zwölf Jahren liegt die Sieben-Tage-Inzidenz in der Gruppe der Ungeimpften heute bei 262,3 pro 100.000 Einwohner, während die Inzidenz der vollständig Geimpften 12,7 pro 100.000 Einwohner beträgt.“
Impfen sei der wichtigste Beitrag zum Schutz aller. Auch zum Schutz der Kinder? Das Ministerium empfiehlt: „Kinder, die noch nicht geimpft werden können, schützen Sie am besten durch die Impfung der Erwachsenen und Jugendlichen in ihrem Umfeld.“
Die gleichen Kinder, über die The Guardian gerade aus einer US-Studie zitierend schrieb, Infektion und Impfung wären risikoarm, aber die Impfung sei riskanter als die Infektion, die sehr seltene Herzmuskelentzündung drohe, 84 Prozent der erkrankten Kinder kämen ins Krankenhaus.
Wer liegt hier richtig, die Studie aus den USA, die britische Impfkommission, die vom Impfen der Kinder abrät bzw. es von Vorerkrankungen abhängig macht oder doch das hessische Sozialministerium?
Das Redaktionsnetzwerk Deutschland ist der Motivation hinter dieser Trennung der Inzidenzen auf der Spur. So soll es dem Ministerium darum gehen, „die Wirksamkeit der Impfungen auf(zu)zeigen“. Und auch das Netzwerk übernimmt die veröffentlichten Zahlen des Ministeriums aus der Pressemeldung.
Wohlgemerkt, die Zahl der Testungen ist vielfach geringer bei Geimpften, die 3G-Regel befördert das noch.
Weil aber einige Bundesländer damit beginnen, fühlen sich weitere herausgefordert. In Nordrhein-Westfalen unter Ministerpräsident und Kanzlerkandidat Armin Laschet kommt der Wunsch auf, mit Hessen gleichzuziehen. Weitere Länder wie Bayern und Baden-Württemberg verfahren bereits ebenso wie Hessen.
Der sogenannte Faktenfinder der Tagesschau berichtet, dass Bremen und Hamburg das auch getan hätten, aber wegen der Ungenauigkeiten schnell wieder davon abgekommen wären. Warum? „Die Berechnung wirft einige Fragen auf.“ Natürlich tut sie das. Aber um das herauszufinden, braucht es keinen wie auch immer gearteten „Faktenfinder“.
Das ganze Chaos dieser öffentlich-rechtlichen Wahrheitsfindung kann man hier nachlesen.
Die getrennte Auflistung der Inzidenz erscheint wenig sinnvoll. Aber wer hier ernsthaft die Sinnfrage stellen will, der bekommt Antworten: Diese getrennte Auflistung ist Teil der bundesweiten Impfkampagne und steht, was schwerer wiegt, am Beginn einer Lockdown-Politik für Ungeimpfte.
Also besser Impfen, sagt der hessische Minister Kai Klose: „Hessenweit finden zahlreiche Sonderaktionen der Kommunen und niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte statt. „Nutzen Sie ein Impfangebot, um sich nicht dem Risiko einer schweren Covid-19-Erkrankung auszusetzen.“
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine.
Alexander Wallasch ist gebürtiger Braunschweiger und betreibt den Blog alexander-wallasch.de. Er schrieb schon früh und regelmäßig Kolumnen für Szene-Magazine. Wallasch war 14 Jahre als Texter für eine Agentur für Automotive tätig – zuletzt u. a. als Cheftexter für ein Volkswagen-Magazin. Über „Deutscher Sohn“, den Afghanistan-Heimkehrerroman von Alexander Wallasch (mit Ingo Niermann) schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: „Das Ergebnis ist eine streng gefügte Prosa, die das kosmopolitische Erbe der Klassik neu durchdenkt. Ein glasklarer Antihysterisierungsroman, unterwegs im deutschen Verdrängten.“ Seit August ist Wallasch Mitglied im „Team Reitschuster“. Dieser Artikel erschien zuerst auf seiner Seite alexander-wallasch.de
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