Haben Sie sich beim Lesen meiner Überschrift gewundert? Ich muss zugeben – das war beabsichtigt. Denn ich möchte mit ihr die Absurdität des Framings zeigen, das wir fast täglich in den großen Medien erleben. Und das ans Mittelalter erinnert. Denn so, wie damals der Teufel jedermanns Schrecken war, ist es heute die AfD. Und wehe, irgendeine Initiative oder irgendein politischer Vorschlag kommt auch nur unter den leisesten Verdacht, Unterstützung von der AfD zu bekommen. Dann ist alles des Teufels.
Dieses Grundprinzip, das aus der Zeit vor der Aufklärung stammt, ist der Grundzement, der das System Merkel bzw. Scholz zusammenhält. Nur mit der AfD als dem „Beelzebub“ gelingt es, eine teilweise offensichtlich absurde und realitätsfremde rotgrüne Politik gegen eine bürgerliche Mehrheit im Lande durchzusetzen. Denn jede Kritik wird erstickt mit dem Hinweis, das könne auch von der AfD stammen. Und obwohl Rot-Grün in den meisten Parlamenten keine Mehrheit hat, sind dank der Tabuisierung der AfD faktisch nirgends Mehrheiten ohne Rot-Grün möglich.
Deshalb zog Merkel im Februar 2020 notgedrungen die demokratische Maske ab, als in Thüringen der GAU für ihr System wahr geworden war – eine Mehrheit ohne Rot-Grün. Um das Einreißen derartiger demokratischer Sitten zu verhindern, ordnete die gelernte FDJ-Sekretärin aus dem fernen Südafrika die Rückgängigmachung der Wahl an. Und nur dank willfähriger Medien ist heute vielen Deutschen immer noch nicht bewusst, wie sehr sie damit eine antidemokratische Gesinnung offenbarte.
Im Stuttgarter Landtag hat die AfD das Spiel nun umgedreht. „Nach dem Motto ‘erst poltern, dann parieren‘, stiftet die baden-württembergische AfD-Fraktion aktuell gewaltig Verwirrung – bei Gegnern und Sympathisanten gleichermaßen. Hatte ihr Abgeordneter Daniel Lindenschmid der grün-schwarzen Regierung gerade noch eine ‘lächerliche Regenbogenpolitik‘ vorgeworfen, stimmte seine Fraktion im nächsten Moment geschlossen in deren Sinne ab“, schreibt die „JF„. Tatsächlich hat dort die Partei, deren Namen derart tabuisiert ist, dass man allein für dessen Aussprechen ohne sofortige Distanzierung selbst tabuisiert wird, für einen Antrag von SPD, Grünen und FDP/DVP zum Schutz von „LSBTTIQ-Personen“ – ja, so heißt es da – gestimmt. Der von allen Parteien, auch der CDU, die einmal konservativ war, begrüßt und angenommen wurde.
Nach der verqueren Logik der Tabuisierung müssten sich nun eigentlich die Medien im Quadrat drehen, ein Aufschrei müsste durch das Land gehen und vor einer unmittelbar bevorstehenden nationalsozialistischen Machtübernahme gewarnt werden. Wie dies der Fall war, nachdem Thomas Kemmerich mit den Stimmen der AfD im Februar 2020 zum Ministerpräsidenten von Thüringen gewählt wurde.
Man kann nun entgegnen, dass dieser Antrag auch ohne die Stimmen der AfD durchs Parlament gekommen wäre – anders als die Kandidatur von Kemmerich damals. Zudem kann man einwenden, dass die AfD ihre Zustimmung nicht ernst gemeint habe, sondern als Provokation.
Religiöse Züge
Doch das sind rationale Argumente. Und die Lautsprecher von Rot-Grün sind diesen regelmäßig nicht zugänglich, wenn es darum geht, beliebige Initiativen allein deshalb wie der Teufel das Weihwasser zu scheuen und schlecht zu machen, nur weil sie entweder von der AfD stammen oder von dieser unterstützt werden.
Wenn schon politisches Mittelalter – dann bitte wenigstens konsequent! Und nicht wahlweise, je nachdem, wann es ins politische Geschäft passt.
Richtig spannend wäre die Aktion der AfD erst geworden, wenn nicht FDP und CDU wie fast immer vorauseilend Männchen vor dem rotgrün-„woken“ Zeitgeist gemacht und im Parlament brav apportiert hätten. Also wenn es wirklich auf die Stimmen der AfD angekommen wäre. Es ist vielsagend, dass ausgerechnet die einst bürgerlichen Parteien der SPD und den Grünen dieses Dilemma ersparten: Beide Parteien sind längst zum politischen Bettvorleger der rotgrün-„woken“ Kräfte geworden.
Denn was in dem Antrag steht, ist nichts anderes als ein Kotau vor dem Zeitgeist. Und ohnehin in unserem Grundgesetz implementiert. Es macht so viel Sinn wie ein Antrag, der betonte, dass es böse sei, zu morden. Zu lesen ist in dem Beschluss: „Trotz einer weit verbreiteten positiven Grundhaltung in unserer Gesellschaft und mannigfaltiger Initiativen der Landesregierung begegnen viele LSBTTIQ-Personen auch in Baden-Württemberg nach wie vor Ausgrenzung, Vorurteilen und Zugangsbarrieren.“ Für eine freie Entfaltung der Persönlichkeit und für volle gesellschaftliche Teilhabe sei es essenziell, dass jeder Mensch – ungeachtet seiner sexuellen und geschlechtlichen Identität – gesellschaftlich geachtet werde und sein Leben ohne Benachteiligung und Diskriminierung führen könne, heißt es da im typischen Ideologie-Sprech. Dazu gäbe es viel zu sagen, doch das verkneife ich mir hier bis auf einen Kommentar: Homosexuelle Freunde von mir regen sich über die Überbetonung dieses Themas in Politik und Medien weitaus mehr auf als ich. Sie wollen einfach nur in Ruhe gelassen werden.
Projektion
Teil des Antrags ist laut „JF“ zudem „ein stärkerer Kampf gegen ‘Hasskriminalität‘, der sexuelle und geschlechtliche Minderheiten häufig ausgesetzt seien. Diesen müsse die Landesregierung auch mit ihrer Arbeit im Kabinettsausschuss „entschlossen gegen Hass und Hetze“ fortsetzen. Auch dazu gäbe es viel zu sagen – dass diejenigen, die gegen Andersdenkende Hass säen und Hetze verbreiten, sich den Kampf gegen die eigenen Unsitten auf die Fahnen schreiben.
Die AfD jedenfalls kritisiert den Kampf gegen Hasskriminalität „gewöhnlich als politisches Manöver gegen Meinungsfreiheit“, wie die „JF“ konstatiert. Dass sie trotzdem für den Antrag stimmte, begründete ihr Fraktionschef Bernd Gögel gegenüber „JF“ mit feiner Ironie: „Die AfD will Freiheitsräume für alle Menschen. Insofern können wir gar nicht dagegen stimmen, zumal es um Minderheiten geht.“ Die Freiheit besagter Minderheiten werde aktuell von „Menschen aus anderen Kulturkreisen“ bedroht. Die AfD-Fraktion in Baden-Württemberg wehre sich gegen eine „ideologische Überhöhung“ von Homosexuellen, Transgendern und Co., die diese Tätergruppe ausblende.
PS: Auch auf die Gefahr hin, dass die rotgrün-„woken“ Sittenwächter hier hyperventilieren: Ich verkneife mir hier das Grüßen des neudeutschen Gesslerhuts in Form einer Extra-Distanzierung von der AfD. Ein anständiger Journalist hat jeder Partei gegenüber distanziert zu sein und wenn er das bei einer Partei besonders betont, ist das nach wirklich demokratischen Regeln zumindest verdächtig. Im konkreten Fall komme ich aber nicht um das Urteil herum, dass die AfD hier den ideologischen Irrsinn, der Deutschland erfasst hat, sehr fein auf die Schippe genommen und ad absurdum geführt hat. Der Stuttgarter Landtag hätte seine Zeit lieber den drängenden wirtschaftlichen Problemen und Existenz-Sorgen seiner Wähler gewidmet als einem Kotau vor dem Zeitgeist.